Strategien


Agile Rahmenwerke

Strategie keine alleinige Sache des Managements

Dr. Lars Schatilow ist selbstständiger Unternehmensberater und Gründer der Butran Business Transformation GmbH.
Agile Strategie-Entwicklung ist eine große, gemeinsame Erkundung. Sie ist nicht mehr eine elitäre Sache des Top-Managements und seiner Berater. Wie man in hierarchischen Organisationen Agilität erfolgreich verankert.
  • Zu Agilität zählen die drei Rahmenwerke Design Thinking, Scrum und Objectives and Key Results (OKRs).
  • Trainings Executive Coachings scheitern, weil sie laborhaften Situationen stattfinden.
  • Es hat sich bewährt, agile Rahmenwerke, Arbeitsweisen und Werte erfolgreicher Startups mit einem Strategieprozess einzuführen, der in sich bereits agil ist.
  • Der gesamte Strategieprozess erfolgt im Storytelling, sodass die Change-Kommunikation eine große Rolle spielt.
Agile Strategie-Entwicklung wirkt wie eine große Klammer und wie ein Turbo für die Erneuerung von Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation.
Agile Strategie-Entwicklung wirkt wie eine große Klammer und wie ein Turbo für die Erneuerung von Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation.
Foto: Gorodenkoff - shutterstock.com

Kontinuierliche Anpassungsfähigkeit und Eroberungswillen, das sind die beiden zentralen Attribute von Agilität. Vor allem HR, CDOs und viele Bereichsleiter haben vom Top-Management das Zielbild erhalten: "Wir sind eine agileagile Organisation. Die digitale Transformation schafft man nicht mit Prozessen und Methoden aus dem vergangenen Jahrhundert." Alles zu Agile auf CIO.de

Puh, da steht man nun als Führungskraft, hat keinen Schimmer, was Agilität bedeutet oder was unter neuen Prozessen und Methoden zu verstehen ist. Unruhe macht sich breit, denn der Kollege aus dem Nachbarbereich hat bereits einen hippen Berliner Trainer ins Haus geholt, der ein paar seiner Führungskräfte in vermeintlich agilen Methoden schult. Also wie geht man als Manager vor, wenn man den Auftrag erhält, Agilität in der Organisation erfolgreich zu verankern?

Was man vermitteln muss: Design Thinking, Scrum und OKRs

Ganz praktisch gesprochen kann man unter Agilität die drei Rahmenwerke Design Thinking, Scrum und Objectives and Key Results (OKRs) sowie ein ganzes Sammelsurium an Kreativ- und Innovationstechniken verstehen.

Design Thinking ist ein Ansatz, der die Bedürfnisse ins Zentrum der Betrachtung rückt und potenzielle Anspruchsgruppen frühzeitig einbezieht. Auf diese Weise können sinnvolle Innovationen oder Veränderungen erzielt und bei Bedarf schnell angepasst oder verworfen werden.

Das aus der Softwareentwicklung stammende Scrum orientiert sich ebenfalls stark an den Bedürfnissen der Nutzer und bezieht relevante Stakeholder immer wieder mit ein. Scrum eignet sich für das operative Tagesgeschäft. Es gibt den Anwendern einheitliche Werkzeuge, Zyklen und Werte für die projekthafte, fokussierte Zusammenarbeit in die Hand. Ein Trial & Error-Vorgehen wird ebenso möglich, wie die komplette Erneuerung der Aufbauorganisation.

OKRseignen sich hingegen für Strategie-Themen, um diese gemeinsam agil zu erarbeiten. Beteiligung, Transparenz und Anpassungsfähigkeit der Strategie sind die großen Pluspunkte des OKRs-Ansatzes.

Führungskräfte und Mitarbeiter benötigen nicht nur Wissen über die drei agilen Rahmenwerke und die darin zur Anwendung kommenden Werte und Methoden, sondern auch Zeit und Raum zum Üben.

Trainings und Events reichen nicht aus

In vielen hierarchisch organisierten Unternehmen erleben wir eine Vielzahl von Trainings - insbesondere in Design Thinking - sowie Executive Coachings in Agile Leadership. Leider verpuffen diese Maßnahmen sehr oft. Das Problem: Es sind laborhafte Situationen, die losgelöst vom täglichen Arbeitskontext stattfinden. Zurück aus den Seminaren ist weder der Chef, noch das Umfeld auf Agile vorbereitet. Gegenwind ist vorprogrammiert. Selbst "Agile Enthusiasten" vergeht dann schnell die Lust, das Neue einzufordern.

Agilität folgt agiler Strategie

Vielmehr bewährt sich, die agilen Rahmenwerke, Arbeitsweisen und Werte erfolgreicher Startups mittels eines Strategie-Prozesses einzuführen, der in sich bereits agil ist. Konkret heißt das: Vision und Ziele (Objectives) werden vom Top-Management mit agilen Methoden und großer Symbolik vorgegeben. Die weiteren Führungskräfte erarbeiten auf agile Weise die Handlungsfelder zur Zielerreichung. Und gemeinsam mit ihren Mitarbeitern erkunden Führungskräfte mit Hilfe eines Mix aus Design Thinking und Scrum diejenigen Maßnahmen (Key Results), die besonders wirksam sind, um der Vision gerecht zu werden.

Auf diese Weise wird es möglich, dass der Nutzen von agiler Arbeitsweise und Kultur nicht nur in der Breite der Belegschaft sinnvoll erscheint, sondern auch einen Paradigmenwechsel erlebbar macht: Denn im Idealfall werden durch die Anwendung der agilen Rahmenwerke von der Putzkraft bis zum Praktikant alle an unternehmens- oder bereichsstrategischen Fragestellungen beteiligt. Strategie ist nicht mehr eine elitäre Sache des Top-Managements und seiner Berater. Agile Strategie-Entwicklung ist dann eine große, gemeinsame Erkundung.

All In One-Ansatz

Agile Strategie-Entwicklung vereint verschiedene Disziplinen: Der gesamte Strategie-Prozess erfolgt im Storytelling (aus Scrum), sodass die Change-Kommunikation eine große Rolle spielt. Agile Trainings und Coachings seitens HR werden den beteiligten Strategie-Teams während ihrer Erkundung der Key Results zur Verfügung gestellt. Und dadurch, dass diese "Erkundungstruppen" Design Thinking anwenden, praktizieren sie automatisch solides Innovationsmanagement.

Insbesondere durch den letzten Punkt löst sich die sequenzielle Herangehensweise zwischen Strategie und Umsetzung auf. Denn die von den Teams erarbeiteten Prototypen für Key Results werden nach jeder Sprintphase von der Unternehmens- oder Bereichsleitung (Process Owner) abgenommen. Dadurch können Vorhaben umgehend verworfen oder aber direkt umgesetzt werden.

Meine Beobachtung: Agile Strategie-Entwicklung wirkt wie eine große Klammer und wie ein Turbo für die Erneuerung von Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation.

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