Vor 20 Jahren
Tamagotchis ebneten den Weg für virtuelle Haustiere
Tamagotchis, die kleinen elektronischen Tierchen, die vor 20 Jahren auch in Deutschland auf den Markt kamen, mussten in regelmäßigen Abständen von den Nutzern versorgt werden, damit sie nicht virtuell eingingen. Die Idee war in der Ära von Einfach-Handys, mobiler Nintendo-Konsolen und CD-Player ein Hit. Weltweit wurden rund 80 Millionen der Schlüsselanhänger-großen Geräte mit aus heutiger Sicht kaum nutzbarem Bildschirm und meist drei Knöpfen verkauft. Es gab einen Film, eine Fernsehserie und jede Menge Spielzeug.
Die Tamagotchis kamen aus Japan, "Tamago" ist Japanisch für "Ei". Die Idee zu dem Spielzeug hatte die damals 30-jährige Bandai-Angestellte Aki Maita: Viele Kinder in Japan wünschen sich ein Haustier, doch in der Enge und Hektik des japanischen Alltags ist das in der Wirklichkeit kaum vorstellbar. Sie steckte deshalb die winzigen Alien-Kreaturen in ein Plastikgehäuse. Damit die virtuellen Haustiere sich entwickeln konnten, musste der Besitzer sie dann pflegen.
Das Display zeigte an, ob ein Tamagotchi zum Beispiel hungrig ist - dann musste man es füttern. Ein Spiel mit dem kleinen Gefährten zu spielen, machte es glücklich. Gelegentlich mussten auch Hinterlassenschaften "weggeräumt" werden - mit anderen Worten, es war in etwa so, wie ein echtes Haustier zu haben. Kümmerte man sich nicht gut genug darum, wurde ein Tamagotchi "krank" und ging schließlich aus.
Maita wollte Kindern eine günstige Möglichkeit geben, den Alltag mit einem Haustier zu erleben - aber eben unverbindlicher und ohne Kosten für Tierarzt oder Futter. Sie probierte die Prototypen zunächst an rund 200 Mädchen in Tokios Shibuya-Bezirk aus. "Sie bekamen sofort leuchtende Augen", erinnerte sie sich später.
Bandai, eine der führenden japanischen Spielezeugfirmen, die unter anderem mit Modellautos und Action-Figuren groß geworden war, konnte voll seine Vertriebskanäle ausspielen. Und wenige Monate nach dem Japan-Start im November 1996 waren die Tamagotchis in über zwei Dutzend Ländern auf dem Markt und brachten es zu einem Kult-Spielzeug der 90er Jahre.
Dabei gab es auch einigen Ärger. So konnten Modelle der ersten Generationen so schnell "sterben", dass Kinder sie zum Teil auch zur Schule mitnahmen. Die Lehrer sahen das als Ablenkung und die Geräte wurden in einigen Schulen zum Beispiel in den USA verboten.
Trotz Versuchen, mit der Zeit zu gehen und die Tamagotchis zum Beispiel unter einander kommunizieren zu lassen, gerieten sie im vergangenen Jahrzehnt schließlich auf das Abstellgleis der Technik-Geschichte. Auch wenn die Idee virtueller Tiere - oder ganzer Welten - in Simulationen wie "Farmville" weiterlebte. Für Tamagotchi-Nostalgiker gibt es die kleinen Aliens vom Original-Anbieter Bandai Namco heute standesgemäß als App. (dpa/rs)