Arbeitsmarkt im Jahr 2018
Verschnaufpause nach dem Boom
Zumindest in einem sind sich die Experten einig: Deutschlands Job-Boom wird auch 2018 weitergehen. Beim künftigen Tempo, mit dem die Arbeitslosenzahl sinken wird, sind sich die Arbeitsmarkt- und Konjunkturforscher allerdings erstaunlich uneinig. Die Prognosen der Fachleute reichen von Euphorie bis zu vorsichtiger Skepsis. Andere sehen, nachdem die Arbeitslosenzahlen längst auf ein Rekordtief gesunken sind, schlicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Viel tiefer lasse sich die Arbeitslosigkeit kaum noch drücken.
Denn auch wenn die Konjunktur 2018 nach allgemeiner Einschätzung weiter kräftig brummen dürfte - die immer deutlicher zu Tage tretenden Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes dürften zu einer weiteren Abkoppelung der Arbeitslosigkeit von der konjunkturellen Entwicklung führen, deutet etwa die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Dezember an.
Die Forscher des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarktforschung (IAB) geben sich jedenfalls erstaunlich zurückhaltend. Nachdem die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit jahrelang eher zu den Optimisten gehört hatte, reihte sie sich in ihrer jüngsten Prognose nun eher bei den Skeptikern ein. Nach drei Boomjahren mit einer zuletzt geradezu stürmischen Entwicklung rechnen die Nürnberger Forscher für 2018 mit einer Verschnaufpause auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Im Jahresschnitt geht das IAB nur noch von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 60 000 auf 2,48 Millionen Jobsucher aus. Im Jahr 2017 sackten die Erwerbslosenzahlen immerhin noch um rund 160 000 ab. In den beiden Jahren davor waren es jeweils 104 000 gewesen.
Dabei ist die Bandbreite der Experten-Prognosen für 2018 so groß wie selten: So sehen einige Ökonomen von Großbanken die deutsche Wirtschaft in so guter Verfassung, dass sie ihr eine Senkung der Arbeitslosigkeit im Jahresschnitt um bis zu 150 000 auf bis zu 2,4 Millionen zutrauen. Andere sind hingegen davon überzeugt, das die Arbeitslosigkeit auf dem bereits extrem niedrigen 2017er Niveau von 2,53 Millionen Arbeitslosen verharren wird.
Die Unsicherheit der Ökonomen kommt nicht von ungefähr: Mehrere Faktoren, die zunehmend zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt führen, machen den Ausblick auf das komplexe Arbeitsmarktgebilde immer schwieriger. Die alten Gleichungen: "Gute Konjunktur = Job-Boom" und "Konjunkturflaute = Jobflaute" gelten schon länger nicht mehr. Was aktuell die Arbeitsmarktentwicklung überlagert, sind im Kern vor allem zwei Faktoren: Die Auswirkungen des Flüchtlingszustroms und die schwer kalkulierbaren Auswirkungen des zunehmenden Fachkräftemangels.
Die Frage, wie stark die zunehmend auf den Arbeitsmarkt drängenden Flüchtlinge 2018 den Arbeitsmarkt belasten werden, wagt kaum ein Experte mehr verbindlich zu beantworten. Zu oft hatten sie daneben gelegen - meist hatten sie negativen Auswirkungen überschätzt. Zumindest an der Spitze der Bundesagentur ist man überzeugt, dass Flüchtlinge 2018 erstmals in stärkerem Maße in die Jobcenter drängen werden. Das IAB taxiert den "Flüchtlingseffekt" auf etwa 60 000, das heißt: Ohne Flüchtlinge würde die Arbeitslosigkeit 2018 um 120 000 Menschen statt nur um 60 000 sinken.
Derweil entwickelt sich zunehmend zum Problem, was den Job-Boom eigentlich zu dem gemacht hat, was er heute ist: Die in den vergangenen Jahren rasant wachsende Beschäftigung. Allein 2018 dürfte die Zahl der Arbeitsplätze nach IAB-Prognose auf den neuen Rekordwert von 44,83 Millionen steigen, das wären 545 000 mehr als 2017. Selbst wenn andere - wie etwa die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young - nicht ganz so optimistisch sind und nur mit 400 000 neuen Jobs rechnen: Die deutsche Wirtschaft bleibt auch 2018 eine Jobmaschine. Und das könnte für sie zunehmend zum Problem werden.
So sieht etwa die Deutsche Bundesbank, aber auch das IAB, inzwischen das Problem, genügend Arbeitskräfte für die rund laufende Wirtschaft bereitzustellen. Denn den in Rente gehenden Beschäftigten folgen immer weniger junge nach. Aus den EU-Ländern erwarten Fachleute kaum noch in nennenswertem Umfang Arbeitskräfte. Langzeitarbeitslosen wiederum fehlt häufig das Know-how für die immer anspruchsvolleren Aufgaben in den Betrieben. So befürchtet die Deutsche Bundesbank, dass so mancher Unternehmer gar nicht mehr in zusätzliche Maschinen investiert, weil er die nötigen Fachkräfte dafür nicht mehr findet. (dpa/ad)