Stress und Überstunden

Viele Beschäftigte leiden unter Belastungen

18.04.2019
Unter den Schattenseiten des Online-Booms haben vor allem die Paketfahrer zu leiden. Zu den Risikogruppen unter den Beschäftigten zählen aber auch Mitarbeiter in Gesundheitsberufen, Wach- und Sicherheitsleute - sowie Chefs.

Ständig Stress, Überstunden und Erreichbarkeit nahezu rund um die Uhr: Viele Beschäftigte haben im Job mit hohen Risiken zu kämpfen. Als besonders belastet gelten etwa Paketboten und Lastwagenfahrer, die nach den Ergebnissen einer Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund mit rund 7,2 Überstunden pro Woche deutlich mehr Überstunden leisten als der Durchschnitt der Arbeitnehmer mit rund vier Wochenstunden.

Paketboten haben mit hohen Belastungen zu kämpfen.
Paketboten haben mit hohen Belastungen zu kämpfen.
Foto: napocska - shutterstock.com

Vor allem wegen des Booms des Online-Handels seien die Paketzusteller immer höheren Belastungen ausgesetzt, heißt es in der zweiten Auflage der 2015 erstmals durchgeführten Studie, für die im vergangenen Jahr rund 10 000 Beschäftigte befragt worden waren. Die Zeitungen der Funke Mediengruppe hatten zuvor berichtet.

Unfallrisiko steigt

Neben Paketfahrern zählen auch Beschäftigte in Gesundheitsberufen sowie aus dem Sicherheits- und Überwachungsgewerbe zu den Risikogruppen. Dabei könne die Belastung vor allem der Paketfahrer im schlimmsten Fall tödliche Folgen haben: "Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass das Unfallrisiko nach der achten Arbeitsstunde erst moderat und dann exponentiell ansteigt", heißt es in der Studie.

Als besonders belastet gelten aber auch Chefs, die nach den Ergebnissen der Studie oft nicht nur deutlich länger arbeiten als ihre Mitarbeiter, sondern auch in ihrer Freizeit häufig erreichbar sein müssen. Insgesamt werde etwa jeder achte Beschäftigte wegen dienstlicher Belange häufig in der Freizeit kontaktiert.

Als Grund für die Überstunden gab ein Drittel der Befragten an, das Gefühl zu haben, die Arbeit im vorgegebenen Zeitraum nicht zu schaffen. Häufig genannt wurden auch betriebliche Gründe, während finanzielle Anreize nur eine eher untergeordnete Rolle spielen. "Das passt zu dem Trend, dass die geleistete Mehrarbeit immer öfter nicht bezahlt wird", stellten die Forscher fest. Nach wie vor hätten Männer längere Arbeitszeiten als die häufiger in Teilzeitjobs beschäftigten Frauen.

Jeder siebte Befragte (14 Prozent) habe zudem häufig mit Änderungen der Arbeitszeiten zu kämpfen, wobei sich der Ankündigungszeitraum weiter verkürzt habe. Ein Drittel der Betroffenen erfahre erst am Vortag von den Änderungen. Mehr als vier von zehn Beschäftigten (43 Prozent) müssen mindestens einmal im Monat auch am Wochenende arbeiten. Gleichzeitig könnten viele Beschäftigte aber auch verstärkt Einfluss auf ihre Arbeits- und Pausenzeiten nehmen.

Zahl der Überstunden unverändert

Mit 38,6 Stunden für Vollzeitbeschäftigte und 22,9 Stunden für Teilzeitbeschäftigte veränderte sich die vertraglich vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit kaum. Nur: tatsächlich geleistet wurden der Untersuchung zufolge durchschnittlich 43,4 Stunden von Vollzeitbeschäftigten und 23,9 Stunden von Teilzeitbeschäftigten. Damit habe sich die Zahl der Überstunden insgesamt im Vergleich zu der ersten Studie kaum verändert. "Im europäischen Vergleich arbeiten Beschäftigte in Deutschland mit am kürzesten", heißt es in der Studie.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hatte vor wenigen Wochen zu seltene Arbeitszeit-Kontrollen in Deutschland angeprangert. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Überprüfungen bundesweit sogar deutlich zurückgegangen. Gerade im Gastgewerbe seien Überstunden an der Tagesordnung.

Auch die Gewerkschaft Verdi sprach sich für mehr Kontrollen aus. In der Vergangenheit seien bei Überprüfungen teils gravierende Verstöße bei Paketdienstleistern aufgedeckt worden, sagte Uwe Köpke vom zuständigen Verdi-Fachbereich. Betroffen seien in der Regel kleine Unternehmen mit wenigen Beschäftigten, die häufig als Subunternehmer arbeiteten. Es sei derzeit jedoch zu wenig Personal vorhanden, um flächendeckend effektive Kontrollen gewährleisten zu können. (dpa/ad)

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