Produktive Diversität
Warum Perfektionisten in jedes Team gehören
Frank Schabel ist freiberuflicher Senior Advisor. Zuvor war er bei SAP, CSC Ploenzke sowie Hays in leitendender Funktion in den Bereichen Marketing und Kommunikation tätig.
Perfektionisten zählen wohl nicht zur Kategorie der beliebtesten Kollegen. Sind sie doch pingelig, mäkeln herum und sind auf Fehler anderer fixiert - das nervt. Zumal sie ihre perfektionistischen Maßstäbe gerne auf andere übertragen und immer wieder darauf hinweisen, dass eigentlich nur sie selbst diesen gerecht werden können. Trotzdem sind sie unerlässlich, denn sie achten auf etwas Wichtiges: Qualität! In diesem Sinne leisten sie mit ihrem hyperexakten Arbeiten einen wichtigen Beitrag für jedes Team. Wie aber lassen sich diese unbestrittenen Vorteile von Perfektionisten nutzen, ohne gleichzeitig TeamsTeams unnötig zu belasten? Alles zu Personalführung auf CIO.de
Gute Führungskräfte behalten bekanntlich das große Ganze im Auge. Es ist ihre originäre Aufgabe, Perfektionisten in Teams einzubinden, um ihre Fähigkeiten produktiv zu nutzen. Das tun sie, wenn sie in den für ihre Arbeitsweise am besten geeigneten Aufgaben und Projekten tätig sind. Perfektionisten gehen bei Themen auf, wo sie sich in Details vergraben können. Begleitend sollten Führungskräfte jedoch regelmäßig kommunizieren, dass Perfektionisten für das gesamte Team wichtig sind. Dadurch wird ihre Arbeit anerkannt.
- Konstruktive Konflikte und Kritik erzeugen
"Konflikt" muss nicht zwingend negativ sein. Er kann sich auch positiv auswirken, wenn er in einem agilen Team konstruktiv zur Anwendung kommt. IT-Management-Berater Ivan Kovynyov gibt Tipps, wie Führungskräfte gezielt eine positive Konfliktkultur im Team schaffen und damit Leistung und Projekterfolg verbessern können. - Heterogenes Team bilden
Man braucht ein heterogenes Team. Denn würde beispielsweise das Team ausschließlich aus weißen Männern mittleren Alters bestehen, so ist es abzusehen, dass sie alle einen ähnlichen Denkstil haben werden. - Konfliktfreies Teambuilding
Teammitglieder sollten sich bereits kennengelernt und miteinander gearbeitet haben. Es wäre kontraproduktiv, die Teambuilding-Phase mit einem konstruktiven Konflikt zu beginnen. - Hindernisse beseitigen
Barrieren für freie Meinungsäußerung im Team müssen identifiziert und beseitigt werden: irrationale Harmoniebedürftigkeit, zu starke Konsensorientierung, starke Meinungsmacher, Lagerbildung, autoritäre Projektleiter oder Product Owner, Null-Fehler-Toleranz, Zielvorgaben enthalten Lösungsweg etc. - Den richtigen Weg einschlagen
Der Mittelweg ist nicht immer der beste Weg: wenn einer links am Baum vorbei will und der andere rechts, ist der Weg durch die Mitte offensichtlich nicht der beste. - Konsensregeln definieren
Einen qualifizierten Konsens suchen: Für Situationen in denen das Team zu keiner Übereinkunft kommt, müssen Regeln definiert werden. Zum Beispiel ruft das Team einen unabhängigen Experten oder der Projektleiter oder der Product Owner entscheiden. - Gemeinsames Ziel festlegen
Gemeinsame Ziele als Nordstern: Debatten können Teilnehmer eines agilen Teams leicht weiter voneinander entfernen. Gemeinsames Verständnis des Ziels und der Mission des Teams schafft das Gegenteil und wirkt balancierend. - Humorvoller Umgang
Wenn alle Stricke reißen: Humor hilft immer!
Konflikte in Grenzen halten
Nichtsdestotrotz sollten Perfektionisten ihre Aufgaben besser im stillen Kämmerlein lösen, was ihrer Arbeitsweise sowie ihrem Naturell ohnehin entgegenkommt. Natürlich müssen sie trotzdem mit dem Rest des Teams gekoppelt sein, jedoch nicht im Kern, sondern mehr am Rande. Auf diese Weise wird die soziale Dynamik präventiv in Grenzen gehalten, die entsteht, wenn Perfektionisten mit ihrer Hartnäckigkeit Teams ausbremsen. Ohnehin sollten Führungskräfte darauf achten, dass Perfektionisten wenig mit ihrem Gegenpol, den Freestylern, zusammenarbeiten. Gerade in dieser Konstellation kracht es gerne mal und das wirkt sich negativ auf das gesamte Team aus.
Kommt es dennoch zu Konflikten, gilt es für Manager umso mehr, im Team nochmals auf die große Kraft hinzuweisen, die durch die Vielfalt und Diversität unterschiedlicher Kompetenzen entsteht und dass es aller Akteure bedarf, um erfolgreiche Arbeit zu leisten sowie zu guten Projektergebnissen zu kommen. Im Hintergrund sollten die Teamverantwortlichen mit den Konfliktparteien jedoch bilateral deutlich Grenzen markieren: Differenz tut Teams gut, darf jedoch nicht zu Eskalationen führen.
Jenseits dessen ist sowohl für Führungskräfte als auch für Kollegen von Perfektionisten ein gerüttelt Maß an Toleranz angesagt. Wie im Übrigen in allen konfliktträchtigen Situationen. Perfektionisten sind der optimalen Lösung verpflichtet, dafür kämpfen sie. Konflikte stellen für sie weniger persönliche als vielmehr inhaltliche Probleme dar. Deshalb ergibt es Sinn, Kritik von Perfektionisten nicht persönlich zu nehmen und sie - wenn möglich - im Raum stehen zu lassen, denn es ist nahezu ausgeschlossen, dass aus Perfektionisten Freestyler werden. Ihr Weltbild beziehungsweise ihre Arbeitswelt hat dafür zu feste Strukturen.
Aus meiner persönlichen Erfahrung und Perspektive sei noch erwähnt: Ich gehöre zur Fraktion der 70:30-Akteure. Zum Glück habe ich früh begriffen, dass Perfektionisten vonnöten sind, um Dinge noch besser zu machen und sie bewusst eingestellt. (pg)