CIO-Posten besetzen
Warum Unternehmen beim CIO-Recruiting scheitern
- Insgesamt 84 Prozent der Unternehmen suchen einen CIO mit Studienabschluss
- Die Gehälter von CIOs orientieren sich zunehmend an denen von CEOs
- Bei der Beschreibung offener Stellen werden Fachabteilungen häufig nicht einbezogen
"Die Anforderungen der Unternehmen stimmen häufig nicht mit den Qualifikationen der potenziellen Kandidaten überein", erklärt Ayelt KomusAyelt Komus in einer CIO-Studie, die die Hochschule Koblenz gemeinsam mit dem Bundesverband der IT-Anwender, VOICE, erstellt hat. Der Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik hat untersucht, wie Unternehmen IT-Entscheider suchen und einstellen. Er spricht von "fehlender Expertise" auf Seiten der Unternehmen und zitiert einen Studienteilnehmer mit folgender Aussage: "Viele wissen nicht, was sie wollen oder brauchen." Profil von Ayelt Komus im CIO-Netzwerk
Die Studie basiert auf Gesprächen mit Experten und Personalberatern sowie der Analyse von CIO-Lebensläufen und Stellenanzeigen auf den großen Portalen. Zunächst zu den quantitativen Ergebnissen: Ein Blick auf die 156 untersuchten Stellenannoncen zeigt, dass 84 Prozent der Firmen einen Studienabschluss erwarten. Die bevorzugten Fachrichtungen sind Informatik (62 Prozent) und Wirtschaftsinformatik (44 Prozent). Mehr als ein Drittel verlangt mehrere Jahre Berufserfahrung.
Fast sieben von zehn Unternehmen erwarten vom CIO Führungsqualitäten. Dieser Begriff steht für die Aspekte Mitarbeiterführung und -entwicklung, Teamführung und -entwicklung, Krisen- und Konfliktmanagement sowie Vision und Change. Knapp acht von zehn Teilnehmern wünschen sich außerdem Branchenkenntnisse.
Dagegen erwarten nur 27 Prozent explizit betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Geht es um die persönlichen Fähigkeiten, stehen strukturelles Denken und Methodenkompetenz (68 Prozent) sowie Kommunikationsfähigkeit (56 Prozent) hoch im Kurs.
Personalberater sehen großen Nachholbedarf
Soweit die Statistik. Das Team um Komus hat außerdem 16 Gespräche mit Personalberatern und Headhuntern geführt. Sie beobachten, dass die CIO-Gehälter steigen und sich beispielsweise an CEO- oder CFO-Positionen (Chief Financial Officer) orientieren. Als Gründe für das Neubesetzen von CIO-Posten nennen sie - neben Vakanzen - die DigitalisierungDigitalisierung und den Wandel der Anforderungen. Klassische Stellenanzeigen halten die Befragten nicht für den Königsweg, geignete Kandidaten zu finden. Zielführender sei es, diese über NetzwerkeNetzwerke oder direkt zu kontaktieren. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Netzwerke auf CIO.de
Die Personaler sehen aktuell einen "großem Nachholbedarf" in den Unternehmen. Das Management versuche verstärkt, digitale Themen mit der Unternehmensphilosophie zu verknüpfen. "Der CIO hat immer mehr die gestalterische Verantwortung für die Digitalisierung", sagt einer der Befragten. CIOs sollen einen Mix aus operativen und strategischen Aufgaben übernehmen. Die Anforderungen der Unternehmen an das IT-Technologieverständnis ihres CIOs umschreiben die Studienteilnehmer mit Schlagworten wie Digitalisierung, Datenerhaltung, Daten-Management und Big DataBig Data. Ein wichtiges Auswahlkriterium sei die Praxiserfahrung. Alles zu Big Data auf CIO.de
Eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit sieht mindestens einer der Befragten: "Viele CIOs sind von der Persönlichkeit, vom Profil her, eher wenig affin für Aufgaben im Rahmen der Innovation, Digitalisierung und ähnliches."
Ein weiterer Aspekt der Erhebung bezieht sich auf den internen Prozess des Recruitings. Dass viele Unternehmen gar nicht genau wüssten, wen sie brauchen, sehen die Befragten in mangelnden Absprachen begründet. So würden mitunter Anforderungen definiert, ohne die Fachabteilungen gefragt zu haben. Oder die Beteiligten wüssten zu wenig über die eigene IT-Strategie und das Thema Digitalisierung. Ein Studienteilnehmer sagt: "Allgemein ist es schockierend, wie wenig Expertise vorhanden ist."
Die Studienautoren schließen mit dem Appell, dass sich Unternehmen kritisch mit dem Führungsverständnis und der Rolle des CIOs auseinandersetzen sollten. Anforderungen und Erwartungen seien gestiegen. Zudem wandele sich der Arbeitsmarkt vom Anbieter- zum Bewerbermarkt.
Weibliche CIOs: "Der große Kampf um die Damen"
Dass der Wandel an den Unternehmen nicht vorbeigeht, zeigen die Aspekte Alter und Geschlecht. Das Bemühen um weibliche CIOs ist sichtbar, in der Studie ist gar vom "großen Kampf um die Damen" die Rede. Es gibt allerdings wenig Frauen auf dem Markt. Offenbar ändern sich auch die Vorstellungen, was das Alter der Kandidatinnen ud Kandidaten betrifft: "Ich habe immer mehr Mandanten, die sagen, dass es auch jemand sein könnte, der Ende Fünfzig ist", berichtet ein Personalberater.
Die Frage, ob der CIO nun Getriebener oder Treiber ist, beantwortet die Studie differenziert. Manche Teilnehmer sehen ihn durchaus in der Rolle des Business Enablers, der Innovationen voranbringt. Andere beobachten, dass der CIO noch immer vor allem Vorgaben von Fachabteilungen, dem CEO oder dem Vorstand umzusetzen hat. Einigkeit herrscht darin, dass CIOs und Unternehmen große Herausforderungen zu bewältigen haben. Ein Befragter berichtet: "Die Ursache ist in der Regel immer die gleiche. Das Unternehmen hat in guten Zeiten nicht für schlechte vorgesorgt." Ein weiterer fügt an: "Wenn sich das nach einer Wurzelbehandlung anhört, was in der IT zu tun ist, dann macht keiner mit."