Digitalisierung
Wie die bimodale digitale Zukunft erschaffen wird
Matthew Finnie ist seit 2000 CTO bei Interoute und gilt als einer der provokativsten Vordenker der Kommunikationstechnologie in Europa. Finnie verantwortet die Entwicklung und Implementierung von neuen Produkten und Technologien sowie der Servicestrategie von Interoute. Der studierte Elektronikingenieur ist regelmäßiger Berater der Europäischen Kommission in Bezug auf ICT-Forschung und -Innovation sowie Mitglied des CONNECT Advisory Forums (CAF), das die EU Kommissionen zu Investitionen in Digitaltechnologie im Rahmen der Horizont 2020-Initiative berät.
- Der Umbau der internen IT-Landschaft sollte pragmatischen Kriterien folgen
- Trends wie Cloud und Mobile Computing sind Mittel zum Zweck - und keine Wunderwaffen
- Am Anfang steht die Frage: Wie verändert sich unser Geschäftsmodell
Die meisten IT-Abteilungen, die heute über Cloud und DevOps-Modell reden, verwenden in ihren Unternehmen immer noch eine Reihe von Altanwendungen und eine Infrastruktur, die ihnen oft nicht zu 100 Prozent bekannt ist. Deshalb ist es an der Zeit, über die IT-Organisation und die Integration von Prozessen neu nachzudenken. Es gilt, aus der Vergangenheit heraus eine digitale Zukunft aufzubauen, in der alte und neue Systeme nahtlos zusammenspielen.
"Go all digital or die" ist nicht die Frage
Die Perspektive "Go all digital or die" ist für Anwender beängstigend; sie reagieren darauf zurückhaltend oder sogar apathisch. Dabei geht es gar nicht primär um einen kompletten Umzug in die Cloud oder um die Wahl ganz neuer Technologien (Siehe auch: Ist Deutschland bereit für eine Cloud-First-Strategie?). Es geht um die Frage der künftigen Herangehensweise: Wie soll Technologie innerhalb eines Unternehmens verankert werden?
Wenn alles richtig gemacht wird, wandelt sich die manchmal eher statische IT-Abteilung zu einem Team, das durch die neuen digitalen Möglichkeiten und Technologien Geschäftsentwicklungen beeinflussen, gestalten und vorantreiben kann. Es kann Impulse und Ideen liefern, die sich sowohl kurz- als auch langfristig positiv auswirken. Dazu ist es aber wichtig, die DNA der digitalen Welt und wie sie Geschäftsprozesse transformiert, zu verstehen (siehe auch: Fundamentale Probleme in der IT-Abteilung).
Fünf Schlüsselelemente für die Transformation der Geschäftsprozesse
Social: Müssen alle Unternehmen einen Twitter- oder Facebook-Account haben? Darum geht es nicht! Aus der Geschäftsperspektive betrachtet bedeutet "going social", sich über das Zusammenspiel mit den Kunden - in internen wie in externen Beziehungen - Gedanken zu machen und zu überlegen, wie diese Interaktionen effektiver gestaltet werden können.
Mobile: Mit einer App im Google- oder Apple-Store vertreten zu sein, ist auch hier nicht die Kernaufgabe. Unternehmen sollten darüber nachdenken, wie ihre Mitarbeiter untereinander und mit Kunden interagieren. Die IT kann genutzt werden, um Ansätze wie "Bring Your Own Device" oder "Choose Your Own Device" zu realisieren.
Big DataBig Data & Analytics: Mit den neuen Analysemöglichkeiten bekommen Unternehmen tiefe Einblicke in die Verhaltensmuster von Kunden. So lassen sich individuelle Profile erstellen und neue Wege finden, mit der Klientel zielgerichtet zu arbeiten. Hierbei geht es auch um die aktive Nutzung von Echtzeit-Business-Modellen, die Geschäftsprozesse einsehbar machen und so im Markt schnelleres und effektiveres Verhalten ermöglichen. Alles zu Big Data auf CIO.de
"Consumerization" der IT: Angesichts einer zunehmend technikaffinen Belegschaft werden nicht alle neuen Technikideen zwangsläufig aus der IT-Abteilung kommen. Mitarbeiter holen sich heute, was sie benötigen - Schatten-IT ist zum Mainstream geworden. Wichtig ist, dass die zentrale IT die Trends frühzeitig erkennt und möglichst einen Schritt voraus bleibt. Man sollte akzeptieren: Gute IT-Ideen kommen nicht nur aus den IT-Bereichen, sondern auch aus dem Business.
Die Cloud: Auf dem Weg in die digitale Zukunft geht es nicht darum, alle Workloads in die Cloud zu überführen. Sie ist ein Enabler, ein Toolset, das aktuelle Prozesse ergänzen, optimieren oder ersetzen kann. Unternehmen sollten sich im ersten Schritt über Vorgehensweisen und Prozesse klar werden. In diesen Kontext muss dann die Transformation gestellt werden. Sicher können große Plattformen nicht einfach entfernt und durch Cloud-Lösungen ausgetauscht werden. Es muss also eine pragmatische Vorgehensweise gewählt werden, um den größtmöglichen Nutzen zu erreichen.
- Big Data
Insgesamt 18 Prozent der Unternehmen wertet zur strategischen Unterstützung des Geschäftsbetriebs im Rahmen von Big Data Analysen große Mengen an Daten systematisch aus. Dabei setzten überdurchschnittlich viele große Unternehmen ab 500 Beschäftigten (58 Prozent) auf Big Data. - Industrie 4.0
Insgesamt ist 18 Prozent der Unternehmen der Begriff Industrie 4.0 bekannt. Vier Prozent der Unternehmen setzten bereits Industrie 4.0-Projekte um oder planen dies in naher Zukunft zu tun. - Cloud Computing
Im Fahrzeugbau nutzen 24 Prozent der Unternehmen Cloud Computing. In der Metallindustrie sind es nur 6 Prozent der Unternehmen. - Schnelles Internet
In der Branche Einzelhandel nutzen 20 Prozent der Unternehmen einen Internetanschluss mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde. - Social Media
Social Media-Anwendungen wird von 79 Prozent der IT- und Telekommunikationsunternehmen und von 70 Prozent der Mediendienstleister eingesetzt.
Die Digitalisierung ist nicht optional! Unternehmen müssen sich neu aufstellen, um relevant zu bleiben. Von entscheidender Bedeutung ist es, ausgehend vom Business-Wandel neue Wege der Servicebereitstellung zu finden und eine bimodale digitale Zukunft zu schaffen.
Reagieren und anpassen
Nur in den Kategorien "Alt" (bestehende Systeme) und "Neu" (künftige IT-Landschaft) zu denken, wäre zu kurz gegriffen. Im Mittelpunkt muss die Frage stehen: Was sollte verändert werden, um den größtmöglichen Nutzen für das Unternehmen zu schaffen? Die Cloud ist kein Allheilmittel, und in der Tat gelten schon jetzt einige Cloud-Services als Teil der alten, etablierten Ausstattung. Der Cloud-Einsatz sollte sich allein an Nutzenkriterien orientieren.
Unternehmen müssen sich fragen: Gibt es Ansätze für eine disruptive Veränderung oder Weiterentwicklung meines Geschäftsmodells? Gibt es in meiner Branche jetzt oder in Zukunft einen Herausforderer wie Uber, der uns neue Gesetze aufzwingt? Unternehmen müssen einen Plan entwickeln, mit dem neue Dienste und Modelle entwickelt werden. Und sie müssen sich die IT-Architektur und Umgebung überlegen, die zur Umsetzung nötig wären.
Unternehmen müssen ein bimodales Modell der IT schaffen, eine allumfassende Grundstrategie der KonsolidierungKonsolidierung, Erneuerung und Integration von Alt und Neu. Nur unter dieser Grundvoraussetzung wird es gelingen, Bestehendes, Zukünftiges und Ungewisses in eine globale IT-Struktur zusammenzuführen. Alles zu Konsolidierung auf CIO.de