IT-Modernisierung
Wie die VW-Bank Altsysteme auf Trab bringt
Sechs Millionen Code-Zeilen, rund 1600 Cobol- und 1900-Assembler-Programme: Aus diesen Komponenten besteht Bessy, eine über Jahrzehnte gewachsene Anwendung, mit der Volkswagen Financial Services (FSAG) fachliche Prozesse im Retail-Versicherungsbereich abdeckt. Andere Kernprozesse für das Banking steuert das Unternehmen mit den ebenfalls eigenentwickelten Großrechner-Applikationen Kredis und Leasis. Das Problem: Neue Produkte, Tarifmodelle und gesetzliche Änderungen erfordern laufend Anpassungen an den komplexen Systemen (siehe auch: Wie Sparkassen ihre IT modernisieren).
Mit einer Bilanzsumme von 43,9 Milliarden Euro und einem Bestand von rund 4,6 Millionen Verträgen ist die FSAG der größte Finanzdienstleister aus dem Automobilsektor in Europa. Von den weltweit rund 5.022 Beschäftigten arbeiten 3.602 in Deutschland. Das in Braunschweig ansässige Unternehmen offeriert ein breites Spektrum an Produkten, zu denen neben der Fahrzeugfinanzierung und dem Leasing auch das Direktbankgeschäft, das Fuhrpark-Management und VersicherungenVersicherungen gehören. Neu- und Gebrauchtwagenkäufer erhalten auf Wunsch zu ihrem Fahrzeug ein "All-inclusive"-Paket, das eine Reihe abgestimmter Finanzdienstleistungen umfasst. Sie reichen von der Kaufpreisfinanzierung über Versicherungen bis hin zu erweiterten Garantie- und Wartungsleistungen. Top-Firmen der Branche Versicherungen
Eine Ablösung von Bessy kommt für die VW-Bank trotzdem nicht in Frage. "Es gibt keine Standardlösung, die die Anforderungen im Bereich Versicherung komplett abdeckt", erläutert Peter Just, Leiter des Technik-Teams Versicherungssysteme. Die Anforderungen an ein solches System seien zu komplex. "Insbesondere die Abbildung der aus Bank- und Versicherungsleistungen bestehenden neuen Kombi-Produkte ist sehr aufwändig. Hier können wir uns mit einer individuell entwickelten Applikation wie Bessy zurzeit besser gegenüber dem Wettbewerb positionieren."
Dennoch stellen die notwendigen Änderungen die IT-Organisation immer wieder vor Probleme. "Die Herausforderung besteht darin, den großen Umfang und die komplexen Strukturen der Lösung mit dem Bedarf an aktuellen Änderungen in Einklang zu bringen", erklärt Marko Genzel vom Technik-Team I-SEQ bei der FSAG. Derzeit gibt die IT jedes Jahr zirka zwölf neue Releases frei. Die Anwendungsentwicklung muss dabei insbesondere sicherstellen, dass die notwendigen Änderungen am Code nicht Störungen oder Fehler in anderen Bereichen der Software auslösen. Genzel: "Ein Programmierer kennt zwar den Bereich, den er bearbeitet sehr gut, er kann aber bei einer derart umfangreichen Anwendung oft nicht überschauen, dass diese Module unter Umständen von weit entfernten Programmteilen aufgerufen werden." Hinzu kommt, dass die erste Generation der an der Systementwicklung beteiligten Programmierer das Unternehmen bereits verlassen hat (siehe auch: Von Legacy zu SOA).