Ausgangsbeschränkung durch Coronavirus

Wissenschaftler halten Lockerung nach Osterferien für denkbar

05.04.2020
Eine Lockerung der Einschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus ist nach Einschätzung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina nach den Osterferien vorstellbar.
Die Polizei kontrolliert die Ausgangsbeschränkung.
Die Polizei kontrolliert die Ausgangsbeschränkung.
Foto: Jimmy R - shutterstock.com

Denkbar sei etwa, dass Kontaktverbote weniger strikt umgesetzt werden, wenn dafür andere Maßnahmen eingehalten werden, erklären die Wissenschaftler in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme. Regierungssprecher Steffen Seibert bat die Bürgerinnen und Bürger derweil noch einmal um Geduld.

Eine schrittweise Lockerung der Auflagen solle etwa mit "dem flächendeckenden Tragen von Mund-Nasen-Schutz einhergehen", heißt es in der Leopoldina-Stellungnahme. Zudem sprachen sich die Experten für digitale Werkzeuge aus, in denen Personen "freiwillig und unter Einhaltung von DatenschutzDatenschutz sowie Persönlichkeitsrechten" Daten über mögliche Infektionswege zur Verfügung stellen. Im Gespräch ist aktuell eine solche App auf dem Smartphone. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Mehr Corona-Tests

Darüber hinaus sollten die Kapazitäten für Corona-Tests weiter erhöht werden und während einer Übergangszeit auch Einrichtungen der Tiermedizin genutzt werden. Eine Arbeitsgruppe der Leopoldina soll Entscheidungsgrundlagen für eine Lockerung der Vorgaben erarbeiten.

Regierungssprecher Seibert betonte: "Es ist ganz wichtig, gerade auch über die Ostertage, dass wir alle zusammen diese Einschränkungen weiter durchhalten, dass wir uns an die Regeln halten." In der Bundesregierung werde dennoch natürlich auch über spätere Phasen und Schritte nachgedacht. Das müsse man gedanklich vorbereiten, aber jetzt zähle die Botschaft des Durchhaltens.

Das Robert Koch-Institut (RKI) verkündete erste Erfolge bei der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Ein infizierter Mensch stecke seit einigen Tagen im Durchschnitt nur noch einen weiteren Menschen an, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. In den vergangenen Wochen habe der Wert bei fünf, manchmal sogar bei sieben Menschen gelegen, die ein Infizierter ansteckte. Ein Grund zur Entwarnung seien die neuen Daten aber noch nicht: Erst, wenn ein Infizierter im Durchschnitt weniger als einen Menschen anstecke, lasse die Epidemie langsam nach.

Beginnende Herdenimmunität

Der Epidemiologe Dietrich Rothenbacher warnte, ein verfrühter Ausstieg aus den Vorsichtsmaßnahmen werde einen rasanten Anstieg der Fallzahlen nach sich ziehen. "Selbst wenn wir für jeden bekannten Fall 10 - oder sogar 20 - Personen annehmen, die nicht getestet wurden, aber bereits durch die Infektion sind, zum Beispiel mit leichten oder keinen Symptomen", sagte der an der Universität Ulm lehrende Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie der Deutschen Presse-Agentur. "Dann sind das bei 82 Millionen Einwohnern doch noch recht wenig, um von einer beginnenden Herdenimmunität profitieren zu können."

Mit Herdenimmunität meinen Wissenschaftler die Immunität eines so großen Prozentsatzes der Bevölkerung nach einer Infektionswelle, dass die weitere Ausbreitung der Krankheit zum Erliegen kommt. Letztlich seien aber politische Entscheidungen zu treffen, betonte Rothenbacher.

Schritweise Aufhebung der Beschränkung

Forscher des Münchner Ifo Instituts um Präsident Clemens Fuest und Martin Lohse, Präsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, plädierten für eine allmähliche Lockerung unter Beachtung des Gesundheitsschutzes. So könnten beispielsweise Orte mit niedriger Ansteckungsgefahr wie hochautomatisierte Fabriken eher wieder freigegeben werden, ebenso Orte wie Kindertagesstätten, wo sich weniger anfällige Menschen aufhielten. Sektoren, wo Mitarbeiter auch gut zu Hause arbeiten könnten, hätten weniger Priorität als jene, wo das schwer möglich sei.

Beschränkungen, die hohe soziale oder psychische Belastungen mit sich brächten, sollten vorrangig gelockert werden, ebenso Auflagen in Regionen mit niedrigeren Infektionsraten oder freien Kapazitäten in der Krankenversorgung. Das Gleiche könne für Gegenden gelten, wo bereits viele Menschen eine Immunität gegen das Virus gebildet hätten, so die Experten. (dpa/rs)

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