SAP-Berater 2020

Wo die Stellensuche problematisch wird

Lilian Loke ist Senior PR-Beraterin bei Web&Tech PR.
Für SAP-Berater wirkt sich die Krise in Sachen Arbeitsmarkt negativ aus. Lesen Sie, in welchen Branchen die Stellensuche für SAP-Fachkräfte zum Problem werden kann.
SAP-Berater haben nach wie vor gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, allerdings müssen zumindest die Top-Consultants angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung kompromissbereiter sein.
SAP-Berater haben nach wie vor gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, allerdings müssen zumindest die Top-Consultants angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung kompromissbereiter sein.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

"Wie in anderen Bereichen werden auch im SAP-Umfeld weniger Budgets für Neueinstellungen eingeplant", erklärt Thomas Biber, Geschäftsführer der auf die Besetzung von SAP-Positionen spezialisierten Personalberatung Biber & Associates. Zudem spüren nun auch große SAP-Beratungsunternehmen durch auslaufende Projektaufträge und fehlende Nachfolgeprojekte die Auswirkungen der Krise. "Dennoch erwarten wir keinen erdrutschartigen Stellenabbau", so Biber. "Denn die Beratungshäuser werden selbstverständlich versuchen, ihre qualifizierten Fachkräfte auch für die Zeit nach der Krise zu halten."

"Wir spüren die wirtschaftliche Zurückhaltung, allerdings ist dies sehr branchenabhängig", erläutert Norbert Rotter, CEO des SAP-Beratungshauses itelligence AG. "In der Automobilindustrie war dies bereits vorher der Fall, andere Branchen nutzen dagegen die Krise. Viele unserer Kunden in Deutschland investieren jetzt in strategische IT-Projekte, beispielsweise Handel, Logistik, Pharma und Life Science." In der SAP-Beratung konnte man vor der Krise von einer Überhitzung des Arbeitsmarktes sprechen - nun eher von einer Normalisierung. "Nach der Krise erwarten wir den Aufschwung innerhalb von sechs bis zwölf Monaten", zeigt sich Rotter optimistisch.

SAP-Fachkräfte - Krise als Recruiting-Chance

Unternehmen auf der Suche nach SAP-FachkräftenSAP-Fachkräften könnten die Krise für sich als Chance wahrnehmen. Denn der bislang grassierende FachkräftemangelFachkräftemangel im SAP-Bereich wird durch die derzeitige Situation etwas gemildert. Aufgrund von betriebsbedingtem Personalabbau und der geringeren Anzahl neuer Stellenausschreibungen gibt es derzeit mehr verfügbare Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de

"Zwar ist die allgemeine Wechselwilligkeit bei Fachkräften wegen der aktuellen Situation gesunken", betont Personalberater Biber. Allerdings zeigten sich SAP-Berater auf der Suche nach einer neuen Position nun auch kompromissbereiter. Unternehmen wie etwa Hidden Champions im gehobenen Mittelstand, die es bisher aufgrund ihrer geographischen Lage abseits der populären Ballungsgebiete in Süd- und Westdeutschland schwerer hatten, hochqualifizierte SAP-Fachkräfte für sich zu gewinnen, "können die jetzige Arbeitsmarktsituation für sich als deutliche Chance begreifen", so der SAP-Experte.

Denn die Krise ermögliche besonders diesen Unternehmen nun eine erhöhte Sichtbarkeit als potenzielle Arbeitgeber und den Zugang zu passenden Kandidaten, die eventuell von anderen Unternehmen freigestellt oder auf die Warteliste gesetzt wurden. Gleiches gilt für Gesundheitseinrichtungen auf der Suche nach SAP-Fachpersonal, die im Vergleich zu Industrieunternehmen geringere Gehälter bezahlen können.

Norbert Rotter, Itelligence: "Wir spüren die wirtschaftliche Zurückhaltung, allerdings ist dies sehr branchenabhängig."
Norbert Rotter, Itelligence: "Wir spüren die wirtschaftliche Zurückhaltung, allerdings ist dies sehr branchenabhängig."
Foto: Itelligence

"Zwar hat die Corona-Krise dem langjährigen SAP-Gehälter-Boom ein jähes Ende bereitet. Dennoch bleiben die Verdienstmöglichkeiten für qualifizierte Fachkräfte stabil", weiß Biber. Unternehmen würden auch weiterhin die bisher üblichen Summen für die entsprechende Position bezahlen. Gehaltseinbußen sind lediglich am oberen Ende der Gehaltsspannen zu erwarten, falls Bewerber derzeit keine Position finden, die ihrer bisherigen Stelle entspricht. Da nun mehr Bewerber auf eine Stelle kommen, steigt zudem die Hürde bezüglich der Anforderungen. Denn Unternehmen können aufgrund der höheren Bewerberzahl die ausgeschriebene Vakanz nun passender besetzen als vor der Krise.

Stark gefragt bleiben weiterhin Technologiethemen, die für die betrieblichen Prozesse oder aufgrund rechtlicher Regulatorien unabdingbar sind. Hierzu zählen die Bereiche Finance und Controlling, Business Intelligence und Human Resources. Ebenso bleibt der Trend zur SAP-Cloud-Lösung S/4 HANA bestehen. "Zwar stoppen manche Unternehmen Großprojekte, doch die meisten führen die Implementierung fort", so Biber. Etwas schlechter steht es aktuell nur um Themen, die gegebenenfalls auch ausgelagert werden können wie Logistik, Entwicklung oder Infrastruktur. Theoretische Weiterbildungen für SAP-Fachkräfte während der Corona-Krise seien, wie bisher auch, nur im Notfall zu empfehlen, fügt Biber an. Fachkräfte sollten der Projekterfahrung stets den Vorzug geben.

SAP-Berater - Krise macht Change

Die derzeitige Krise hat der Digitalisierung einen deutlichen Schub versetzt. Dies zieht auch für den hier bereits gut aufgestellten SAP-Beratungsbereich Neuerungen mit sich. Im SAP-Beratungshaus itelligence werden aktuell zwei Drittel der Projekte auf Kundenwunsch remote durchgeführt. "Darunter auch Projekt-Starts, mit guten Ergebnissen", erläutert Rotter. "Einige der neuen Abläufe werden wir auch künftig beibehalten. Wir sind selbst positiv überrascht, wie viel online möglich ist. Insbesondere bei der Zusammenarbeit in unseren internationalen Teams haben wir sehr gute Erfahrung hinsichtlich Schnelligkeit und Flexibilität gemacht."

Zudem setzen einige Firmen auch im Bewerbungsprozess nun auf Videokonferenzen statt auf das persönliche Gespräch. "Wie beim herkömmlichen Gespräch sollten Bewerber auf ein professionelles Erscheinungsbild achten und sich eingehend vorbereiten", so Personalberater Biber. "Wichtig ist zudem ein passender und ungestörter Gesprächsort, am besten am Schreibtisch. Darüber hinaus ist es besonders wichtig, die Technik zuvor eingehend zu testen, damit es nicht zu Problemen kommt. Gerade im IT-Bereich wirkt dies ansonsten sehr unprofessionell."

Personalexperte Thomas Biber: "Die Beratungshäuser werden selbstverständlich versuchen, ihre qualifizierten Fachkräfte auch für die Zeit nach der Krise zu halten."
Personalexperte Thomas Biber: "Die Beratungshäuser werden selbstverständlich versuchen, ihre qualifizierten Fachkräfte auch für die Zeit nach der Krise zu halten."
Foto: Biber & Associates

Auch im Beratungshaus itelligence werden für den Bewerbungsprozess und bei Einstellungen Videodienste nun deutlich häufiger genutzt. "Unsere Onboarding-Prozesse wurden stark umgestellt, weiter digitalisiert und einiges davon übernehmen wir sicher auch zukünftig", so Rotter.

Aufgrund der aktuellen Veränderungen durch die Krise wird zudem die Möglichkeit für SAP-Fachkräfte, im Homeoffice zu arbeiten, weiterhin deutlich steigen, erwartet Biber. Ebenso werde die Reisetätigkeit in den großen Beratungsunternehmen nach der Krise voraussichtlich abnehmen und der Digitalisierungsschub damit zur Work-Life-Balance von Fachkräften beitragen können. itelligence hat gute Erfahrungen mit dem verstärkten Homeoffice gemacht: "Wir wollen auf Dauer mehr Homeoffice ermöglichen und die Reisebelastung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verringern", berichtet Rotter.

Trotz der aktuellen Situation besteht für qualifizierte SAP-Fachkräfte generell kein Grund zur Sorge. "Das Berufsbild des SAP-Beraters ist hochdifferenziert und bleibt auch weiterhin wichtig für die Geschäftsabläufe", schließt Biber. Zugleich könnten Unternehmen gerade jetzt zukunftsorientiert rekrutieren, um auch für die Zeit nach der Krise wettbewerbsfähig zu bleiben.

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