Geld und Verantwortung
IT streitet mit Marketing um Kundendaten
Vom Kunden-Service zum Customer Information Management (CIM) - die Evolution des Begriffs zeigt, wie wichtig das Wissen um Kundenverhalten geworden ist. Wie Unternehmen dieses Thema umsetzen, wollte der Anbieter Uniserv aus Pforzheim wissen. Die Firma beauftragte den Berater Wolfgang Martin, Annecy, mit einer Studie. Martins Team hat 180 Entscheider aus dem deutschsprachigen Raum befragt, darunter etwa ein Drittel aus der IT. Rund zwei Drittel sind in den Fachabteilungen tätig.
Die Bedeutung von CIM ist demnach unstrittig. Auf einer Skala von Eins (sehr geringe Bedeutung) bis fünf (sehr große Bedeutung) vergeben die Studienteilnehmer im Schnitt einen Wert von 3,7. Dabei weicht die Einschätzung der Informatiker mit 3,66 nur leicht von der durch die Fachabteilungen ab. Deren Vertreter vergeben 3,76.
Bei der Frage nach den Treibern für CIM fallen die Unterschiede schon deutlicher aus. Wichtigster Punkt ist die Steigerung der Kundenbindung, das erklären jedenfalls 24 Prozent der Fachabteilungsvertreter und 21 Prozent der Informatiker. Während sich 17 Prozent der Fachabteilungen eine 360-Grad-Sicht auf den Konsumenten verschaffen wollen, sind es unter den Informatikern nur dreizehn Prozent. Weitere 17 Prozent der Fachabteilungen geben an, den Kundenwert steigern zu wollen - von den Informatikern sagen das lediglich elf Prozent.
Umgekehrt erklären 14 Prozent der IT-ler, Customer Information Management (CIM) diene der Verbesserung der Datenqualität. Dem stimmen jedoch nur acht Prozent der Fachabteilungsvertreter zu.
Immerhin mehr als jeder zehnte Fachabteilungsvertreter (11 Prozent) behauptet, sein Unternehmen brauche überhaupt kein CIM. Die Kundendaten seien in Ordnung. Diese Ansicht teilen lediglich drei Prozent der Informatiker. "Die IT ist im Umgang mit Daten wohl vorsichtiger und sensibler als die Fachabteilungen", mutmaßen die Studienautoren.
Compliance spielt kaum eine Rolle
Umso überraschter waren sie, dass ComplianceCompliance als Treiber nur für einen von hundert Befragten eine Rolle spielt - egal, aus welcher Ecke er kommt. Das sei verwunderlich, denn CIM beinhalte ja auch Datensicherheit und DatenschutzDatenschutz. Alles zu Compliance auf CIO.de Alles zu Datenschutz auf CIO.de
Ein weiteres Ergebnis der Studie bezieht sich auf das Sponsorship für CIM. Hier gehen die Angaben stark auseinander. 24 Prozent aller Befragten nennen die Geschäftsführung. Ebenso viele jedoch erklären, dieser Punkt sei bei ihnen nicht klar geregelt. 21 Prozent geben den Vertriebsleiter an.
Danach wird es immer kleinteiliger. Elf Prozent der Studienteilnehmer nennen den Marketingleiter, neun Prozent den CRM-Leiter (Customer Relationship Management). Immerhin vier Prozent sehen den IT-Leiter als CIM-Sponsor.
Werden diese Antworten nach IT- und Fachabteilungen aufgegliedert, zeigen sich auch hier Diskrepanzen. So erhält der Marketingleiter aus den Fachabteilungen zwölf Prozent der Stimmen, von der IT jedoch nur acht Prozent. Ebenfalls acht Prozent der Informatiker erklären den IT-Leiter zum CIM-Sponsor, aber nur drei Prozent der Fachabteilungsvertreter.
Verantwortung ungeklärt
Besonders weit klafft die Schere bei der Frage der Verantwortung auseinander. Knapp sechs von zehn Informatikern (57 Prozent) bezeichnen CIM als gemeinsame Aufgabe von IT und Fachabteilung. Das sehen jedoch nur 28 Prozent der Fachabteilungen so.
"Spiegelt das die aktuellen Spannungen zwischen IT und Marketing wieder?", fragt das Wolfgang-Martin-Team. Und gibt gleich selbst die Antwort: Das sei durchaus möglich, denn "Marketing zapft in der zunehmenden Digitalisierung der Welt immer mehr Budget der IT an und entscheidet selbstständig über IT-Systeme".
Außerdem ging es in der Studie um die konkrete Arbeit mit Customer Information Management (CIM). Hierbei wird zwischen kleinen und großen Firmen unterschieden. Demnach haben 42 Prozent der großen Unternehmen Prozesse rund um das CIM etabliert, unter den kleinen Firmen sind es nur 34 Prozent. Jeweils 20 Prozent haben keine Prozesse definiert, aber wenigstens einen Verantwortlichen benannt.
Rund jedes fünfte Großunternehmen (21 Prozent) und etwa jedes dritte kleine Unternehmen (34 Prozent) geben an, CIM nur sporadisch zu betreiben - dann, "wenn es brennt".
Was den Software-Einsatz angeht, so arbeiten 41 Prozent der Großunternehmen mit On-Premise-Lösungen. Kleine Unternehmen setzen mit 29 Prozent deutlich seltener Kauf-Software ein. 15 Prozent von ihnen nutzen Software as a Service (Großunternehmen: vier Prozent). Hybride Lösungen kommen auf 18 Prozent (Großunternehmen) beziehungsweise neun Prozent (kleine Firmen) der Nennungen. Doch es gibt noch Luft nach oben: 14 Prozent der großen und 33 Prozent der kleinen Unternehmen erklären, die Daten rund um CIM manuell zu verarbeiten.
- 1. Denken Sie an die Anwender!
Beteiligen Sie Anwender an der Entscheidung darüber, welches CRM-System sie einführen wollen und am Rollout. Ihre Mitarbeiter sollten mitreden können, welche Features für sie Sinn machen und welche nicht. Schließlich soll sich der Workflow nicht ändern oder gar mehr Zeit in Anspruch nehmen als vorher. „Stellen Sie sicher, dass das neue System für die Anwender leicht zu lernen ist und dass sie es während der Anwendung lernen können“, rät Rafi Sweary, Präsident von WalkMe. - 2. Erklären Sie die Vorteile!
„Jeder Mitarbeiter sollte darüber Bescheid wissen, welche Vorteile das neue CRM-System hat und warum es wichtig ist, Daten einzutragen“, sagt Patrick Zanella, Produkt Manager bei Eneterasys. Nicht das Pferd von hinten aufzäumen: Entscheider sollten nicht mit dem anfangen, was Anwender davon abhalten könnte, das System zu nutzen: Die Dateneingabe. Zanella vergleicht es damit, erst die Dessert-Karte zu lesen, bevor man den Salat isst. „Wer den Nutzern zuerst die Vorteile näher bringt, motiviert sie stärker“, sagt er. - 3. Nicht alles auf einmal!
Oft und immer wieder falsch gemacht: Einführungskurse erklären dem Anwender alles auf einmal, statt nur mit den Basics anzufangen. „Erklären Sie die Feinheiten erst später“, sagt Todd Wickens, Engagement Manager bei der IT-Beratungsfirma SWC Technology Partners. Die Mitarbeiter mit der neuen CRM-Lösung vertraut zu machen sei ein Prozess, keine einmalige Sache. Schritt für Schritt bringt mehr, dann neigen Mitarbeiter eher dazu, das neue System anzuwenden. Und daran denken: Es ist wichtig, ständig Trainings anzubieten, neuen und alten Kollegen gleichermaßen. Auch ein Auffrischungskurs kann helfen. - 4. Identifizieren Sie Supernutzer!
In jeder Firma wird es Gruppen geben, die das CRM-System am meisten nutzen. CIOs müssen wissen, wer das ist. Beziehen Sie diese Nutzer in den Entscheidungsprozess mit ein, dann fühlen sie sich als Teil des Design-Teams. Diese sogenannten Supernutzer werden dann die Begeisterung für das neue System in andere Teams weitertragen. - 5. Vereinfachen Sie die Anwendung
„Die Mitarbeiter in den Sales-Abteilungen sind immer im Stress“, sagt Andy Cronk, R&D Leiter bei Aspire Technologies Ltd. „Also sollten die Daten auch schnell und einfach einzugeben sein.“ Er rät zu nicht mehr als fünf Feldern. Das spart Zeit und Nerven und lockt die Anwender eher, es zu nutzen. - 6. Weniger Funktionen!
Halten Sie das CRM-System so einfach wie möglich. „Die meisten Firmen bringen ihre Mitarbeiter dazu, CRM-Systeme zu nutzen, wenn sie nur Features haben, die sie auch brauchen“, sagt Jamie Diamond, Gründer von CustomerWinHQ.com. Klar, wenn Entscheider ein komplettes Salesforce CRM-System brauchen, das keine Wünsche offen lässt, toben Sie sich ruhig aus. Aber denken Sie daran: Ihre Mitarbeiter werden all die tollen Funktionen vielleicht gar nicht nutzen. - 7. Geben Sie Nachhilfe!
Ihre Mitarbeiter sind Ihre Kunden, also brauchen sie auch einen Ansprechpartner, der ihnen helfen kann. Wenn Sie das nicht leisten können: „Halten Sie alle Informationen zum Gebrauch des CRM-Systems bereit“, sagt Sweary von WalkMe. Am Besten sei es, eine Art FAQ einzurichten, damit sich nicht ständig die Leute mit den gleichen Problemchen melden. Das spart Zeit und Geld. - 8. Bringen Sie die Chefs dazu, CRM zu nutzen!
Wenn der Chef das Sytem nicht nutzt, warum sollte es dann sein Angestellter tun? Bringen Sie die Chefs dazu, Ihr CRM zu nutzen. Nichts macht mehr Eindruck, als eine Email vom Chef mit dem Satz „Ich habe im CRM gesucht und nicht gefunden, dass....“. - 9. Machen Sie einen Wettbewerb daraus!
Gamification ist mittlerweile überall angekommen, auch im CRM. „Verwandeln Sie das Ganze in eine Art Spiel“, rät Misha Sobolev, Managing Director bei CTOsOnTheMove.com. Sales Teams seien meistens wettbewerbsorientiert. Das können Sie ausnutzen, mit Anerkennung für diejenigen, die das System am besten nutzen. - 11. Das System muss mobil nutzbar sein!
Außendienstmitarbeiter müssen in der Lage sein, das CRM-System auch auf ihren Smartphones oder Tablets zu nutzen. „Sie erwarten, dass sie von unterwegs auf Informationen zugreifen können“, sagt Gary White, CEO von White Springs. „Das macht sie natürlich auch effektiver.“ Entscheider sollten also darauf achten, dass Mobile immer eine Option ist. - 12. Integrieren Sie das System!
„Mitarbeiter nutzen CRM-System lieber, wenn sie mit Anwendungen wie MS Outlook, MS Office und anderen funktionieren“, sagt Jorge Defreitas, Senior Berater bei IFS North America. „Und vergessen Sie nicht die Seamless Integration und den Zugang zu ERP“, fügt er hinzu. - 10. Fördern Sie die Kommunikation zwischen den Abteilungen
Alle Abteilungen müssen das CRM-System nutzen: Marketing, Versand, auch das Call Center. „Alle müssen verstehen, wie wichtig es ist, das System passend zu nutzen“, sagt Mike Wierzbowski, Vizepräsident bei TOA Technologies. Schließlich kann Marketing das Produkt nicht verkaufen, wenn es nichta usgeliefert wird. „Sobald ein Feld nicht gut ausgefüllt ist, ist das ganze System nicht effektiv“, sagt er. Bei so vielen Abhängigkeiten ist es wichtig, die Kommunikation zwischen den Abteilungen zu fördern. Und vor allem: Machen Sie jedem klar, welche Auswirkungen das Handeln auf andere Abteilungen hat.