Cloud Computing


Conrad Electronic

100 Prozent Cloud sind nicht genug

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

G Suite für 4.000 Mitarbeiter

Geht es um die Digitalisierung für die eigenen Mitarbeiter, denkt Drabek vor allem an Skills und geeignete Tools: "Wir fragen uns: Welche Core-Systeme brauchen unsere Mitarbeiter und welche Fertigkeiten sind in Zukunft wichtig?" In Sachen Softwarewerkzeuge sei es beispielsweise unabdingbar, dass diese den Mitarbeitern eine geräte- und ortsunabhängige Zusammenarbeit ermöglichten.

Insbesondere mit Blick auf die Collaboration-Features habe sich Conrad entschieden, Microsofts Office-Paket unternehmensweit durch Googles G Suite zu ersetzen. Konkret bedeute das: Alle 4.000 Mitarbeiter nutzen das Google-Paket aus der Cloud. "Natürlich gab es auch Widerstände", räumt der Manager ein. "Vor allem der mit Microsoft Office verbundene 'Way of Working' war stark in den Köpfen verankert." Die Entscheidung für die G Suite sei top-down gefallen: "Es gab keine großen Diskussionen und auch keine Proof of Concepts. Das Management hat gesagt: Wir machen das."

Zu den neuen Tools aus der Cloud gehört auch Google Sites. Mitarbeiter können damit ohne technische Vorkenntnisse eigene Websites bauen und gemeinsam nutzen. Über die Low-Code-Plattform Google App Maker können Fachanwender eigene Business-Anwendungen erstellen, ohne dazu eine Programmiererausbildung durchlaufen zu müssen.

Die 1923 gegründete Conrad Electronic beschäftigt etwa 4.000 Mitarbeiter weltweit und erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro.
Die 1923 gegründete Conrad Electronic beschäftigt etwa 4.000 Mitarbeiter weltweit und erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro.
Foto: Conrad Electronic

Machine Learning aus der Cloud

Mit der Cloud-Plattform als technischer Basis eröffnen sich für die Conrad-Mitarbeiter neue Möglichkeiten, wenn sie etwa Machine-Learning-Dienste nutzen möchten. Im Bereich Digital-Asset-Management können sie Produktfotos ins System laden, aus denen ein Google-Service automatisiert detaillierte Bilderbeschreibungen erstellt. Das spart Zeit und Kosten. Technische Produktbeschreibungen lassen sich zudem maschinell in andere Sprachen übersetzen.

Alltägliche Abläufe wie das Energie-Management im Smart Home lassen sich auf der IoT-Plattform von Conrad Electronic automatisieren.
Alltägliche Abläufe wie das Energie-Management im Smart Home lassen sich auf der IoT-Plattform von Conrad Electronic automatisieren.
Foto: Conrad Electronic

Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz und Machine Learning setzt Conrad Electronic auch für die Betrugserkennung (Fraud Detection) in seinen Shop-Systemen ein. So lassen sich beispielsweise automatisiert Betrugsrisiken im Kaufprozess erkennen. Einem verdächtigen Käufer könnte das System dann etwa eine andere Bezahlart anbieten. Auch bei Entscheidungen über das richtige Pricing spielen Algorithmen eine wichtige Rolle. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

Auch erste Chatbots sind schon im Einsatz. Die virtuellen Assistenten nutzt Conrad beispielsweise im IT-Support oder im Bereich Customer Care. So könnte ein Cloud-basierter ChatbotChatbot beispielsweise einem Servicemitarbeiter schnell alle relevanten Daten zu einem Kunden oder einem bestimmten Auftrag liefern. Alles zu Chatbot auf CIO.de

Neue Geschäftsmodelle mit IoT

Große Hoffnungen setzt Conrad Electronic in den Bereich Innovationen, die dritte Stoßrichtung der Digitalisierungsinitiativen. "Dahinter steht die Frage: Was ist unser künftiges Business-Modell?", erklärt Drabek. Weil das klassische Handelsgeschäft immer schwieriger werde, suche man auch nach neuen Modellen. Schon seit Längerem beschäftigt sich das Unternehmen intensiv mit dem Internet of ThingsInternet of Things (IoT). Das erste konkrete Ergebnis heißt "Conrad Connect". Dahinter verbirgt sich eine eigenentwickelte IoT-Plattform für Smart Home und Smart Living. Damit lassen sich hersteller­übergreifend intelligente Geräte und Services vernetzen, um alltägliche Abläufe wie Fitness-Tracking oder das heimische Energie-Management zu automatisieren. Alles zu Internet of Things auf CIO.de

"Viele technische Produkte sind heute schon connected", erläutert der Chief Disruption Officer. Dazu gehören beispielsweise smarte Glühbirnen, Alarmanlagen oder intelligente Heizungsthermostate, die ihre Daten jeweils in eine eigene Cloud transferieren, aber nicht mit Daten in anderen Clouds verknüpft werden können. Die Idee hinter Conrad Connect ist es, die Geräte mit einer herstellerübergreifenden Cloud zu vernetzen, so dass Nutzer eigene Use Cases mit Produkten erstellen können, die ohne die Plattform nicht miteinander kommunizieren könnten.

Interessant ist das beispielsweise für Smart-Home-Anwendungen. Benutzer können mit den unterschiedlichen Geräten sogenannte ProjekteProjekte aufsetzen, um beispielsweise Heizungs- und Beleuchtungssysteme zu kombinieren. Solche Consumer-orientierten Szenarien sieht Drabek aber eher als Testfelder. Kommerziell spannender sind Einsätze im Gebäude-Management. Zu den ersten Conrad-Kunden in diesem Kontext gehören beispielsweise Hotels oder Büros, die über die IoT-Plattform ihre Gebäude automatisieren. Alles zu Projekte auf CIO.de

Mit dem "Service Marketplace", der im September 2018 vorgestellt wurde, schließt Conrad Connect zudem als erste Smart-Living-Plattform die Lücke zwischen intelligenten Produkten, die Kunden in ihrem Alltag einsetzen, und realen Dienstleistungen. Für die Nutzer ergibt sich daraus ein besonders hoher Automatisierungsgrad.

Beispielsweise bietet der Konzern Versicherungskammer einen kostenpflichtigen Service auf der Plattform an: Mit Hilfe von intelligenten Rauchmeldern, Wassersensoren und Sicherheitssystemen, die mit der Conrad-Connect-Plattform verbunden sind, wird im Fall eines Brandes, Wasserschadens oder Einbruchs ein Alarmsignal an den Nutzer gesendet. Wird dieser im Ernstfall nicht aktiv, reagiert der Assistenzservice und leitet den Alarm an das zuständige Assistenzzen­trum weiter. Ein Team schreitet in diesem Fall sofort ein und kann im Nachgang helfen, versicherungstechnische Belange zu klären.

Drabek bereitet den Elektronikhändler auch organisatorisch auf solche Modelle vor. In Berlin arbeitet bereits ein 20-köpfiges IoT-Team bei Conrad Connect, das er weiter ausbauen will.

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