Lizenzpolitik nicht nachvollziehbar

Anwender drohen Oracle mit Konsequenzen

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Trotz der jetzt drohenden Konsequenzen der Oracle-Anwender zeigt der Softwarehersteller weiter wenig Bereitschaft, seine Lizenzpolitik zu ändern. Man habe Oracle die Umfrageergebnisse vorgelegt, so die Anwendervertreter. Doch von dem Softwarekonzern habe man bisher keine offizielle Stellungnahme erhalten. Allerdings liefen die Gespräche noch. "Wir werden nicht locker lassen und weiter auf eine akzeptable Lösung drängen", so Neugebauer.

Angesichts der immer weiter um sich greifenden Nutzung von Virtualisierungslösungen könnte der Konflikt eskalieren. Im deutschsprachigen Markt haben 86 Prozent der Befragten bereits Virtualisierungslösungen im Einsatz, ergab die Doag-Umfrage. Von den Befragten, die Virtualisierungslösungen nutzen, setzen rund 85 Prozent VMware ein.

Damit ist VMware die mit Abstand am häufigsten verwendete Virtualisierungssoftware. Auch das zu erwartende Wachstum im Markt zeige die Dringlichkeit des Handelns, heißt es von Seiten der Doag. So planen etwa 42 Prozent der Befragten, die bisher keine Virtualisierungssoftware verwenden, dies für die Zukunft. Von ihnen würden sich 91 Prozent für VMware entscheiden. Nahezu die Hälfte derer, die in Zukunft VMware einsetzen wollen, beabsichtigen, Oracle endgültig abzulösen.

VMware bleibt der Virtualisierungsfavorit - Auf die Frage, welche Virtualisierungslösung eingesetzt wird beziehungsweise geplant ist, nannte die überwiegende Mehrheit VMware.
VMware bleibt der Virtualisierungsfavorit - Auf die Frage, welche Virtualisierungslösung eingesetzt wird beziehungsweise geplant ist, nannte die überwiegende Mehrheit VMware.

Auch die Kommunikationspolitik von Oracle steht in der Kritik. Viele Umfrageteilnehmer wünschen sich ein White Paper, in dem das Unternehmen endlich klar definiert, wie in Virtualisierungsumgebungen mit der Lizenzierung von Oracle-Produkten zu verfahren ist. Andere schlagen großzügige Übergangsfristen vor, die sicherstellen würden, dass sich die Lizenzgebühren nach einem Update der Virtualisierungslösung nicht von einem Tag auf den anderen vervielfachen.

"Die sehr große Beteiligung an der Umfrage verdeutlicht die hohe Relevanz des Themas", sagt Michael Paege, stellvertretender Vorsitzender der Doag und Leiter des Competence Center Lizenzierung. Vor allem die große Zahl und die Inhalte der abgegebenen Kommentare zeugten von der enormen Besorgnis und Unsicherheit, die im Hinblick auf Oracles Lizenzierungsregeln herrschten, was den Einsatz von Virtualisierungslösungen betreffe. Doag-Vorstand Neugebauer ergänzt: "Oracle müsste dringend an einer transparenten Kommunikation gegenüber seinen Kunden arbeiten, um ihnen Planungssicherheit zu bieten und die Komplexität der Lizenzierungsthematik zu verringern."

Neue VMware-Versionen können teuer werden

Aus Oracle-Sicht muss im VMware-Umfeld alle Hardware in Lizenz genommen werden, die theoretisch genutzt werden kann. Doch damit kann gerade die Nutzung der neuen VMware-Versionen teuer werden. Bis zur Version 5.0 konnten virtuelle Maschinen (VMs) zur Laufzeit nur innerhalb eines Clusters bewegt werden. Aus diesem Grund war der komplette Cluster in Lizenz zu nehmen. Mit der Version 5.1 wurde die Möglichkeit geschaffen, VMs zur Laufzeit über Cluster-Grenzen hinweg innerhalb eines vCenter zu verschieben. Deswegen müssen für die Versionen 5.1 und 5.5 alle Server des vCenter in Lizenz genommen werden.

Mit der kürzlich veröffentlichten Version 6.0 könnte sich die Lage noch erheblich verschärfen: Diese ermöglicht eine Verschiebung von laufenden VMs über vCenter-Grenzen hinweg. Nach der Oracle-Logik wären also dementsprechend ab Version 6.0 alle vCenters in Lizenz zu nehmen, in die Oracle-Software zur Laufzeit verschoben werden könnte.Auch der Speicher scheint eine Rolle zu spielen: Wurde bisher der StorageStorage bei der Berechnung des Lizenzbedarfs außer Acht gelassen, so scheinen Anwender nach Angaben der Doag nun - ungeachtet der VMware-Version - schlichtweg alle Cluster beziehungsweise vCenters in Lizenz nehmen zu müssen, die auf den gleichen Storage zugreifen. Alles zu Storage auf CIO.de

Von diesen Erfahrungen berichtet jedenfalls ein Anwender, bei dem in einem Audit eine Unterlizenzierung festgestellt wurde. Oracle teilte ihm mit, dass auch unter VMware 5.0 alle Cluster in Lizenz genommen werden müssten, falls ein gemeinsamer Storage betrieben werde. Diese Praxis ist inzwischen durch die "License Management Services" (LMS) von Oracle bestätigt. Mit Bekanntwerden dieser Informationen dürfte die Zahl derer, die über eine Ablösung von Oracle-Produkten nachdenken, noch weiter steigen, heißt es von Seiten der Doag.

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