Aufgeweichter Büro-Zwang

Apple macht Office-Rückzieher

Lucas Mearian ist Senior Reporter bei der Schwesterpublikation Computerworld  und schreibt unter anderem über Themen rund um  Windows, Future of Work, Apple und Gesundheits-IT.
Nach heftigem Widerstand und Kündigungen weicht Apple vorerst von seiner Office-Zwang-Politik ab – und begründet das mit der pandemischen Lage.
Auch das schönste Headquarter (im Bild der Innenhof des Apple Campus in Cupertino mit "Outdoor Eating Area") verblasst, wenn die Belegschaft gezwungen werden soll, dort zu arbeiten.
Auch das schönste Headquarter (im Bild der Innenhof des Apple Campus in Cupertino mit "Outdoor Eating Area") verblasst, wenn die Belegschaft gezwungen werden soll, dort zu arbeiten.
Foto: Barbara Ash - shutterstock.com

Nachdem AppleApple seinen Angestellten in den USA zunächst mitgeteilt hatte, dass ab dem 23. Mai drei Tage im Office obligatorisch sind, weicht das Unternehmen seinen viel kritisierten Kurs nun wieder auf. Im Rahmen der neuen Hybrid-Work-Policy müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun verpflichtend zwei Tage pro Woche im Büro arbeiten. Der iPhone-Konzern begründet den Rückzieher mit Verweis auf steigende COVID-19-Fallzahlen in den USA. Mitarbeitervertretern geht die neue Regelung aber nicht weit genug. Alles zu Apple auf CIO.de

Laut Apple seien die Pläne, die Belegschaft an drei Tagen verpflichtend ins Office zu beordern, "vorerst" auf Eis gelegt. Das Unternehmen hat auch die Maskenpflicht für Mitarbeiter in US-Apple-Stores wieder eingeführt. Zuvor hatte Apples restriktive Return-to-Work-Politik innerhalb der Belegschaft zu offenem Widerstand und Kündigungen geführt. Die Mitarbeitervereinigung "Apple Together" reagierte über Twitter auf den Rückzieher und zeigte sich dabei "not amused":

"Ein Fauxpas ohnegleichen"

Der Widerstand gegen eine Zwangs-Rückkehr ins Büro ist nicht auf Apple beschränkt: Ein Jahr nach der Ankündigung des US-Finanzdienstleisters JPMorgan, alle Mitarbeiter ins Büro zurückholen zu wollen, machte CEO Jamie Dimon eine Kehrtwende und räumte ein, dass wohl nur die Hälfte der insgesamt 270.000 Mitarbeiter Vollzeit ins Office zurückkehren wird und zehn Prozent der Belegschaft künftig vollständig remote arbeiten wird. Andere Unternehmen versuchen weiterhin, Remote- und Hybrid-Work-Programme vollständig zu sabotieren - etwa Goldman Sachs, das im März ankündigte, alle Mitarbeiter zurück ins Office beordern zu wollen.

Laut David Lewis, CEO beim US-Personalberatungsunternehmen OperationsInc riskierten Unternehmen mit einer solchen Haltung die Abwanderung von Fachkräften und massive Recruiting-Probleme: "Die Realität ist: Die Mitarbeiter haben inzwischen die Oberhand, wenn es um die Unternehmenspolitik geht. Es ist Aufgabe der Geschäftsleitung, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter wertgeschätzt und zufrieden fühlen. Für alle Unternehmen, aber insbesondere für solche in der Tech-Branche ist es ein Fauxpas ohnegleichen, ihren Mitarbeitern vorzuschreiben, wann und an wie vielen Tagen sie im Büro zu arbeiten haben."

Apples Schlingerkurs sieht der Personalexperte dabei allerdings als weniger riskant an: "Apple ist ein Big Player und hat wegen seiner einzigartigen Marktposition die Möglichkeit, eine Richtung vorzugeben - auch wenn das im Gegensatz zu dem steht, was andere Unternehmen tun. Selbst wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, wird Apple weiterhin als begehrter Arbeitgeber wahrgenommen - zu Bewerbermangel dürfte es in diesem Fall nicht kommen. Dennoch könnte Apple irgendwann feststellen, es mit seiner Office-Zwang-Politik zu weit getrieben zu haben. Wenn es dazu kommt, dürfte der Schaden allerdings längst angerichtet sein."

Lockmittel Nachhaltigkeitspalast?

Auch Google plant bereits seit längerem, seine Mitarbeiter wieder ins Office zu holen. Allerdings schlägt der Suchmaschinen-Riese im Vergleich zu Apple einen sanfteren Weg ein und bietet seinen Mitarbeitern die Möglichkeit, auf Antrag weiterhin remote zu arbeiten. Zudem verpflichtete sich Google-CEO Sundar Pichai bereit im Mai 2021 zu einem offiziellen Hybrid-Work-Programm.

Auf dieses Programm zahlt auch der frisch eröffnete Bay View Campus ein, der bereits 2013 angekündigt wurde. Das Megaprojekt wurde in Kooperation mit der Belegschaft geplant und umgesetzt und soll dem Konzern zufolge Nachhaltigkeit und Mitarbeiter-Fokus vereinen:

(fm)

Dieser Beitrag basiert unter anderem auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.

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