Studie Hybrid Work & Collaboration 2023
Arbeitsmodelle der Zukunft – es wird hybrider
Nach Corona werden in loser Folge jeden Monat zwei bis drei namhafte Unternehmen durch die Medien geführt, die ihre Mitarbeitenden zurück ins Office holen wollen - mal komplett, mal anteilig, mal individuell. Weil es für alle Beteiligten besser sein soll. Einige Führungskräfte bitten, andere locken, manche drohen, wenige ordnen an, die meisten ziehen an mehreren Hebeln. Man könnte mutmaßen, dass hybride Arbeitsmodelle nach dem Pandemie-Boom wieder rückabgewickelt werden.
Unter der Oberfläche zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Laut einer aktuellen Studie von Foundry über "Hybrid Work 2023" rechnen nur 1,3 Prozent der Befragten damit, dass das Rad eines Tages wieder zurückgedreht wird. Demgegenüber geben fast drei Viertel (74 Prozent) an, dass sie von einer (starken) Steigerung des Hybrid-Work-Engagements in ihrem Unternehmen ausgehen. Mitnichten sind das nur Konzerne: Zwar waren 2022 kleine und mittlere Unternehmen tendenziell weniger hybrid unterwegs als große, doch in diesem Jahr hat sich das Blatt gewendet. Gemäß der Umfrage haben sich Organisationen mit weniger als 500 Mitarbeitenden an die Spitze der hybriden Evolution gesetzt.
Starkes Movement hin zu Hybrid Work
Auf der Treppe zum Hybrid Workplace (zwischen "ganz am Anfang" und "haben überall schon Modern Workplaces") sind gerade einmal noch 14,2 Prozent der befragten Organisationen auf den unteren fünf Stufen unterwegs. Der Rest hat die halbe Strecke nach eigener Einschätzung bereits hinter sich gelassen und Fahrt aufgenommen. Gegenüber der gleichen Studie 2022 vergrößerte sich die Summe der Firmen auf den obersten beiden Stufen von 18,6 Prozent auf heute 32,4 Prozent. Dazu passt, dass lediglich 6,4 Prozent der Befragten eigenen Angaben zufolge noch kein Konzept für hybride Arbeitsplätze haben - im Vorjahr waren es noch 16,2 Prozent.
Die Entwicklung spiegelt sich auch im Budget für die Evolution hin zu modernen Arbeitsformen. Laut Foundry-Untersuchung erwarten die Studienteilnehmer aus Top-Management, IT und Fachbereichen für 2023 einen parallelen Anstieg der generellen IT-Budgets sowie der Ausgaben für hybride Arbeit. Rückblickend zeigt sich, dass Organisationen heute wieder etwas offener für Investitionen sind, zudem konnte der hybride Finanzplan zur Wachstumsrate der gesamten IT-Budgets aufschließen. Immerhin 80,8 Prozent wollen ihre hybriden Ausgaben (stark) steigern, 16,9 Prozent planen gleichbleibende Investitionen, lediglich 2,3 Prozent wollen das hybride Budget zurückfahren.
Vom Nutzen hybrider Arbeitsmodelle
Die Bereitschaft zu weiteren Ausgaben ist kein Altruismus, auch wenn die Zufriedenheit einer wichtigsten positiven Effekte neuer Arbeitsformen ist. Dies gilt in erster Linie für die Mitarbeitenden, aber auch über 80 Prozent der Befragten sehen das hybride Modell als gut für die Zufriedenheit der eigenen Kunden an. Knapp dahinter wurden bereits positive Effekte durch hybride Arbeit auf Umsatz beziehungsweise Gewinn diagnostiziert. Hingegen rangieren die üblichen Verdächtigen bei den Gründen für Hybrid - etwa die leichtere Besetzung offener Stellen oder der sinkende Bedarf an Bürofläche - relativ weit hinten.
Auffällig ist, dass Befragte aus Fachbereichen hier in allen Punkten hinter den Einschätzungen aus dem C-Level sowie der IT liegen: nicht selten beträgt der Abstand 15 bis 25 Prozentpunkte. Besonders breit ist der Graben bei den Themen Go-to-Market beziehungsweise der FührungFührung von Mitarbeitenden. Beides bereitet den Fachbereichen in hybriden Modellen anscheinend noch größere Probleme. Alles zu Führung auf CIO.de
Trotz der Entwicklung und der Investitionen sowie der geplanten Vorteile ist Hybrid Work kein Selbstläufer. Noch immer räumt knapp die Hälfte der Studienteilnehmer ein, dass ihr Unternehmen "kein Freund von Hybrid Work" ist - eine nur eine marginale Verbesserung gegenüber 2022. Zudem geben jeweils ein Drittel der Befragten an, dass unzureichende Technologien die Produktivität des Unternehmens beeinträchtigen und dass veraltete Arbeitsprozesse die Produktivität spürbar senken.
Immerhin knapp vier von zehn Befragten sind zufrieden mit ihren mobilen IT-Verbindungen hinein in die Organisation. Kritik gibt es am (schlechten) Zugang zu Daten, zu Netzwerken/Systemen sowie zu Anwendungen, gefolgt von der generellen Benutzererfahrung (Employee Experience) am hybriden Arbeitsplatz. Zwar werden die Punkte nur von jedem vierten bis achten Mitarbeitenden genannt, aber in Summe warten angesichts der vielen Zwischenschritte und Sicherheitsstufen auf dem digitalen Verbindungsweg noch vielfältige Aufgaben auf die IT.
IT-Infrastruktur - der gefühlte Flaschenhals
Kein Wunder, dass die größte Herausforderung für die Umsetzung des Hybrid-Work-Modells schnell ausgemacht ist: die IT-Infrastruktur. Danach folgen Cybersicherheit, fehlende personelle (IT-)Ressourcen für den Modernisierungsprozess sowie neuorganisierte Workflows. Und bei der Frage nach den technischen Herausforderungen schließt sich der Kreis - genannt werden Betriebssicherheit, Datensicherheit / Disaster Recovery sowie der mangelnde (Daten-)Zugang und fehlende Technologie. Allerdings zeigt der Jahresvergleich klar auf, dass Unternehmen in den vergangenen Quartalen bereits umfassend in Tools für die Collaboration sowie in die IT-Grundausstattung investiert haben.
Zudem ist den meisten Organisationen klar, dass Hybrid Work ohne externe Unterstützung ein schwieriges Unterfangen ist. Immerhin 71 Prozent der Befragten arbeiten bereits mit Partnern zusammen oder suchen nach externen Dienstleistern. Bestätigt wird dies überproportional häufig von Befragten in IT-Abteilungen. Nicht einmal jeder 20. plant, hybride Arbeitsmodelle aus eigener Kraft anzugehen. An der gewünschten oder bereits genutzten Unterstützung zeigt sich, wie komplex das Thema Hybrid Work tatsächlich ist: Die Facetten reichen von der Planung über die Umsetzung von Maßnahmen bis zur IT-Implementierung, sie umfassen aber auch Felder wie Governance, Recht, Personal und Change. Und immerhin 5,7 Prozent der Befragten wollen das Projekt "Modern Workplace" komplett auslagern.
Der Schwerpunkt der externen Services liegt darauf, technische Wege in den hybriden Dschungel zu definieren, zu schlagen und zu befestigen. Hinzu kommen verschiedene Felder der Beratung. Change-Unterstützung genießt trotz der Bedeutung für die Mitarbeitenden keine Priorität. Dies zeigt sich auch daran, dass nur zehn Prozent des C-Levels angeben, den Change gezielt mit externer Unterstützung zu begleiten. Und auch externe Personalmaßnahmen - Vermittlung und Coaching - rangieren hinten im Feld. Hier werden die eigenen HR-Bereiche mit einem großen Vertrauensvorschuss für die Transformation ausgestattet. Jedoch erwarten sich Personaler laut Studie bei den Punkten Personalvermittlung und Coaching überdurchschnittliche Unterstützung von außen.
Fazit
Zur Hybrid-Work-Studie von Foundry vor rund einem Jahr waren gerade die Pandemiemaßnahmen ausgelaufen, damals prägte der Begriff "Lockdown" noch die Gespräche. In der vorliegenden Untersuchung zeigt sich eine klare Weiterentwicklung: Viele Unternehmen haben den eigentlichen Kipppunkt schon passiert, die Frage nach dem "entweder, oder" spielt nur noch eine Nebenrolle. Zudem ist hybride Arbeit mehr als nur eine Notlösung, daher wird die einseitige Diskussion um Homeoffice (ja, nein, wieviel?) dem gesamten Komplex und seinem Potenzial nicht gerecht.
Der Wandel der Arbeitsmodelle bietet Organisationen die einmalige Chance, ihre alten Abläufe und Strukturen auf den Prüfstand zu stellen: weniger starr, weniger hierarchisch, weniger langweilig, dafür offener, schneller und effizienter. Dieser Mehrwert lässt sich aber nur realisieren, wenn die alte Welt mit modernen Strukturen, Tools und Prozessen in eine neue Epoche eintritt. Wer indes glaubt, mit einem Wochentag geduldeter Arbeit von Zuhause echtes Hybrid Work zu bekommen, hat das Thema nicht wirklich durchdrungen.
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Studiensteckbrief
Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE
Studienpartner: Poly I HP Plantronics Services GmbH (Gold) ; SPIRIT/21 GmbH (Gold)
Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich
Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels
Gesamtstichprobe: 344 abgeschlossene und qualifizierte Interviews
Untersuchungszeitraum: 03. bis 10. Mai 2023
Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Abstimmung mit den Studienpartnern