Demokratie stärken

Digitaler Support für Stiftungen und Vereine

Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.
Die Plattform Artikel 1 will deutsche Stiftungen und Vereine, die sich für die Demokratie stark machen, digital unterstützen und wehrhaft machen.
Auf der Demokratie-Plattform von Artikel 1 können Vereine und Stiftungen für Demokratieförderung Bürger digital erreichen.
Auf der Demokratie-Plattform von Artikel 1 können Vereine und Stiftungen für Demokratieförderung Bürger digital erreichen.

Wie Jesus zum "Arier" wurde, die Macht der KI oder Taiwan als Vorbild in der Corona-Krise - das Themenspektrum der "Demokratie-Plattform" von Artikel 1 ist breit. In Webtalks, Podcasts und Online-Workshops betreiben die Trägervereine und Stiftungen Demokratieförderung; digital und am Puls der Zeit. Das war nicht immer so.

Vor der Corona-Pandemie hatten diese Organisationen laut Johannes Karl, Head of Creative Solutions bei Artikel 1 - Initiative für Menschenwürde e.V., praktisch keine digitale Reichweite. Übergreifende Zusammenarbeit gab es kaum. "Dem gegenüber vernetzen sich demokratiefeindliche Bewegungen schon seit Langem deutschlandweit über das Internet - und das sehr effizient," so Karl. Mit dem Lockdown wurde dieses Ungleichgewicht noch deutlicher. Fast keiner der kleinen verstreuten Vereine zur Stärkung der Demokratie war darauf vorbereitet, seine Aktivitäten vollständig digital anzubieten.

Zwei Monate Pilotphase

Daher startete das fünfköpfige Team um Karl Anfang November 2020 das Projekt "Demokratie-Plattform", mit dem es Artikel 1 unter die Finalisten des DIGITAL LEADER AWARD 2021 schaffte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren über ganz Deutschland verteilt und tauschten sich größtenteils digital aus. Laut Karl standen bei der Zusammenarbeit die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter im Vordergrund. Hierarchieebenen oder Berufstitel hätten dagegen keine Rolle gespielt. "Diese Art des Arbeitens ist leider in unserem Sektor noch nicht weit verbreitet. Stattdessen wird oft noch viel Wert auf akademische Grade und formale Qualifikationen gelegt," erzählt Karl.

Doch sein Ansatz hat sich bezahlt gemacht. Die Pilotphase dauerte nur knapp zwei Monate. Anfang 2021 konnte die Demokratie-Plattform in den Regelbetrieb übergehen. In dieser Zeit musste Artikel 1 einige Herausforderungen stemmen. Demokratieförderung gilt als kritische Infrastruktur (KRITIS) und unterliegt strengen Auflagen. Darüber hinaus sollten die Trägerorganisationen angesprochen und in die Lage versetzt werden, spannende digitale Formate zu entwickeln. Schließlich galt es, die Umsetzung dieser Formate zu begleiten.

Mit Hörer und Handbuch

Die technische Gestaltung der Plattform war ein Balanceakt. "Wir mussten abwägen, wie zugänglich, aber auch sicher sie sein sollte," erinnert sich Karl. Die Teilnehmer sollten einfach bei den Angeboten mitmachen können, aber auch geschützt vor Anfeindungen sein. Hier arbeitet Artikel 1 noch an dem letzten Feinschliff.

Auch bei der Akquise der Trägerorganisationen brauchte es Feingefühl. Erste Anläufe, um Stiftungen und Vereine zum Mitmachen zu bewegen, unternahm das Team fast immer per Telefon. Um digitale Angebote ging es erst im zweiten Schritt, nachdem Vertrauen aufgebaut worden war.

Anschließend galt es, die Träger fit für den Cyberspace zu machen. Karl: "Den meisten zivilgesellschaftlichen Strukturen mangelt es an technischem Know-how und Bewusstsein für digitales Design, Inszenierung, Bewegtbild und zeitgerechte Ansprache." Die Lösung war ein digitales Handbuch. Auf knapp 60 Seiten versorgt es die Leser mit Grundlangen und Hilfestellungen zu Formaten, Zielgruppen und Methoden. Diese "Gebrauchsanleitung" werde von allen Organisationen auf der Plattform verwendet, so Karl. Darüber hinaus berät sein Team die Träger persönlich, bietet Weiterbildungen und Networking-Möglichkeiten an und überarbeitet bei Bedarf die Formate.

Ein Anfang

"Die DigitalisierungDigitalisierung der Zivilgesellschaft in Deutschland steht noch ganz am Anfang," zieht Karl ein Zwischenfazit. Nachdem die Demokratie-Plattform gestartet wurde, waren die angebotenen Workshops schnell ausgebucht. Dieser Andrang sei ein Anzeichen dafür, dass die Träger und Engagierten sich bisher allein gelassen gefühlt hätten, wenn es um das Thema Digitalisierung gehe. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Doch die Mühe lohnt sich: Mittlerweile nutzen rund 160 Organisationen die Plattform, denn der Bedarf an digitaler Teilhabe und Vernetzung ist hoch. Und obwohl Karl und sein Team keine nennenswerten Mittel zur Verfügung haben, wächst die Community laut Artikel 1 täglich weiter.

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