Roboter rein, Mensch raus?
Automatisierung mischt viele Jobs auf
Sie sind genügsam, willig und werden nicht krank: Nach den Fabrikhallen der Industrie erobern Roboter auch andere Wirtschaftszweige. Die Unternehmen schätzen die effizienten Helfer. Aber viele Beschäftigte machen sich auch Sorgen, ob sie nicht schon bald durch maschinelle Kollegen verdrängt werden. Wirtschaftsverbände halten dagegen: Dank der Automatisierung würden Arbeiten künftig überhaupt erst möglich, die es so heute noch gar nicht gibt - das dürfte auch tausende neue Jobs schaffen. Welche Berufe letztlich Gewinner und welche Verlierer der Digitalisierung sein werden, wird sich aber erst in Zukunft zeigen.
INDUSTRIE: Schon heute werden viele Arbeitsschritte von Maschinen übernommen - doch die vernetzte Produktion setzt auch in den Werkshallen eine weitere Automatisierungswelle in Gang. Das muss unterm Strich aber nicht zwangsläufig zu Jobverlusten führen, heißt es aus der Wirtschaft: Schon heute liege Deutschland bei der "Roboter-Dichte" weltweit auf Platz drei hinter Südkorea und Japan - und trotzdem sei die Beschäftigung auf einem Rekordstand, erklärt der Maschinenbau-Verband VDMA. Auch der Präsident des Elektronik-Branchenverbandes ZVEI, Michael Ziesemer, sagt: "Es können auch mehr Jobs entstehen als wegfallen." Die Digitalisierung werde eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle und damit neue Stellen hervorbringen. "Wer kreativ ist, rangeht und sich Dinge überlegt, hat jede Menge Chancen."
TRANSPORT UND LOGISTIK: Vor allem das vernetzte und automatisierte Fahren dürfte künftig viele Jobs überflüssig machen. "In der Zukunft wird es keine Lokführer mehr geben, vielleicht auch keine Taxifahrer und Lkw-Fahrer mehr", glaubt etwa Bayerns DGB-Chef Matthias Jena. Studien prognostizieren Ähnliches: Bereits in zehn Jahren könnte jeder dritte in Europa verkaufte Lastwagen etwa auf der Autobahn automatisiert fahren, erwartet etwa die Beratungsfirma McKinsey. Im Gegenzug könnten rund um die Roboter-Autos und -Lkw aber auch neue Service-Dienstleistungen entstehen.
BÜRO: Schreibarbeiten, Auftragsabwicklung und Abrechnungen - Büro- und kaufmännische Fachkräfte erledigen nach Experteneinschätzungen Arbeiten, die heute schon zu einem hohen Grad automatisierbar sind. Dadurch könnten auch viele Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen: Mehr als 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind in solchen Berufen tätig.
VERKÄUFER UND KASSIERER: Der Handel wurde als eine der ersten Branchen von der Digitalisierung erfasst - entsprechend laufen im Online-Handel viele Prozesse automatisiert ab. In stationären Läden aber sitzen meist noch Menschen an den Kassen, obwohl sich auch das Bezahlen automatisch regeln lässt. Das macht auch der Versandriese Amazon vor: Seit kurzem testet er in den USA einen Supermarkt ohne klassisches Kassensystem und Verkaufspersonal - abgerechnet wird per Smartphone-App und Kundenkonto.
LANDWIRTSCHAFT: Sie melken die Kühe, füttern, misten aus und helfen beim Ernten - Roboter haben längst auch auf den Bauernhöfen Einzug gehalten. Wo bisher meist viel Arbeit von wenigen Händen erledigt werden musste, sind maschinelle Kollegen eine willkommene Unterstützung. Ausschließlich maschinell wird aber auch der Bauernhof der Zukunft mit seinen vielfältigen Tätigkeiten wohl nicht funktionieren.
KRANKENHAUS UND ALTENHEIM: Roboter in der Pflege - was in Japan bereits zum Alltag gehört, bereitet vielen Menschen in Deutschland noch eher Unbehagen. Doch weil das menschliche Personal knapp ist, könnten Roboter auch hierzulande zur wichtigen Stütze werden. Im Einsatz sind sie teils schon heute bei der Essensverteilung oder beim Transport von Wäsche und Sterilgut - und als präzise Helfer am OP-Tisch.
REINIGUNGSDIENSTE: Auch im Haushalt tun Roboter schon ihren Dienst, und neue Anwendungen dürften mit dem vernetzten Zuhause hinzukommen. Der Welt-Roboter-Verband IFR erwartet, dass von 2016 bis 2019 weltweit insgesamt rund 31 Millionen Roboter verkauft werden, die beim Rasenmähen, Staubsaugen oder Fensterputzen helfen. Assistenzroboter für Menschen mit Behinderung sind da noch nicht eingerechnet. Die Haushaltshilfe aus Fleisch und Blut aber werden sie nach Einschätzung des Heidelberger Instituts für Trend- und Zukunftsforschung nicht ersetzen. Manche Hausarbeit kann von Menschen einfach besser und schneller erledigt werden, und der Hilfsbedarf in der alternden Gesellschaft bleibt groß.
LEHRER UND ERZIEHER: E-Learning gibt es zwar längst. Doch in Kindergarten, Schule oder Ausbildung geht es um mehr als um das reine Vermitteln von Stoff. Überall da, wo Sozialkompetenz, pädagogisches Wissen und Empathie gefragt sind, werden Roboter zumindest auf absehbare Zeit kaum mit dem Menschen mithalten können, ist Katharina Dengler vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung überzeugt.
ANWÄLTE, INGENIEURE UND ANDERE AKADEMISCHE BERUFE: Zwar dürften solche Berufe angesichts von Spezialisierungsgrad und Komplexität weniger stark der Automatisierung ausgesetzt sein. In Teilbereichen wird künstliche Intelligenz aber durchaus eine Rolle spielen, wenn es etwa um die Prüfung großer Vertragswerke geht. Tendenziell schütze eine akademische Ausbildung besser davor, ersetzt zu werden, sagt IAB-Expertin Dengler. (dpa/ad)