So wird in Kliniken heutzutage kommuniziert
Das digitale Diktat ist auf dem Vormarsch
Zweifellos können klinische Prozesse enorm beschleunigt werden mit den Möglichkeiten, die etwa die digitale Sprachverarbeitung (inklusive Spracherkennung) bietet. Glaubt man den übereinstimmenden Angaben der Hersteller, so hat sich bereits jede dritte deutsche Krankenhaus-Radiologie für das digitale Diktieren entschieden. Nach den Radiologen, den „Pionieren“ der digitalen Befund- und Arztbriefschreibung, wagen nun vermehrt die Internisten den Schritt. Und wenn es bei ihnen klappt, klappt es in allen Fachbereichen und somit im ganzen Krankenhaus, so der Tenor bei den Insidern.
Der Einsatz in der Inneren Medizin kann als die eigentliche Nagelprobe für das digitale Diktieren bezeichnet werden. Denn hier gilt es umfangreiche Arztbriefe umzusetzen. Die Internisten bilden zudem oftmals die größte Disziplin im Krankenhaus und gelten mitunter als die „Lyriker“ unter den Fächern.
Nicht von ungefähr wurden weder Internisten noch Psychiater initial von den Geräteherstellern als erste Zielgruppe für den Mensch-Maschinen-Dialog ausgewählt. Radiologen waren die erste Berufsgruppe, die ein Spracheingabe-Textausgabe-System erhalten hatten. Der Grund: Ihr akkurater, stark formalisierter Sprachschatz, begrenzt im Textumfang, wird dem Prinzip der computergestützten Sprachverarbeitung und Spracherkennung bevorzugt gerecht.
Es war der Ehrgeiz der Entwickler, ein System zu schaffen, welches das natürlich Gesprochene, also kontinuierliche Sprache versteht. Keine artifizielle, synthetische Spracheingabe in einem völlig unnatürlichen, abgehackten, telegrammartigen Sprachstil, unterbrochen durch lästige Sprechpausen, darf den Benutzer nerven. Und auch höchste Konzentration bei einer aufgezwungenen, überbetonten Sprechweise muss unbedingt vermieden werden. Zu keinerlei Sprachakrobatik soll der Benutzer gezwungen werden.
Von der digitalen Sprachverarbeitung zur digitalen Patientenakte
Der Übergang von analoger zu digitaler Spracheingabe bedeutet für Kliniken bereits im ersten Schritt eine deutliche Beschleunigung der Abläufe. Unmittelbar nach dem Diktat erhalten mehrere Funktionsstellen gleichzeitig die Information. Die physikalischen Aktenläufe sind durch netzwerkfähige Abläufe ersetzt, wie dies zum Beispiel im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart bereits der Fall ist. Hier ist die Sprachverarbeitung ein Baustein auf dem Weg zur digitalen Patientenakte.
Auf diesem Weg befindet man sich auch im hohen Norden Deutschlands. In den Kreiskrankenhäusern Rendsburg und Eckernförde ist das digitale Diktieren der Radiologen und Internisten in das Krankenhaus-Informations-System integriert. Informationstechnologie gilt hier nicht als Klinik-Anhängsel, sondern wird begriffen als ein strategisches Instrument im Wandlungsprozess des Krankenhauswesens.
Aus der Sicht der Mediziner wiederum soll die EDV und mit ihr die Sprachverarbeitung dabei behilflich sein, den bürokratisierten Alltag besser zu meistern. Denn nicht weniger, sondern mehr Dokumentationsaufwand wird langfristig auf die Medizin zukommen. Und da ist das digitale Diktieren ein wesentlicher Faktor hinsichtlich der Entlastung der Ärzte. Ziel ist es vor allem, mit Hilfe digitaler Unterstützung jedem Patienten bei der Entlassung den endgültigen Arztbrief gleich in die Hand zu drücken.
Online-Spracherkennung als Grundsatzentscheidung
Wer die Krankenhaustür dem digitalen Diktieren öffnet, steht erst einmal vor einer Grundsatzentscheidung. Soll lediglich der physikalische TransportTransport der Banddiktate durch eine Sprachverarbeitung im Netzwerk ersetzt werden oder soll auch gleich der zweite Schritt vollzogen werden, also die automatisierte Spracherkennung, welche die Arztstimme in Klarschrift übersetzt?
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Noch gehen die Meinungen auseinander. Doch der Trend zur so genannten „Online“-Spracherkennung ist offenkundig. Zunehmend vollziehen Ärzte nach dem ersten Schritt, dem Ersatz der Bandkassette durch ein digitales Diktiersystem, den zweiten: Sie überlassen den gesprochenen Text einem Spracherkennungssystem, welches die Sprachkonserve zeitgleich mit dem Aufsprechen in Klarschrift transskribiert.
Ob die Sekretärin nun den Offline-Klartext korrigiert oder die Korrektur der Arzt online selbst durchführt, in beiden Fällen wird der Text nur noch auf Sprachfehler hin untersucht und korrigiert, die sich als Übersetzungsfehler auf dem Monitor zeigen. Dabei gilt die Regel: Je deutlicher der Arzt spricht, desto geringer ist die Fehlerquote, die nach derzeitigem Stand der Technik durchaus auf unter ein Prozent gedrückt werden kann.
Auch wenn kaum Ärzte die Zeit haben und bereit sind, ihre Text selbst zu korrigieren, so scheint das Ende des herkömmlichen Schreibbüros doch eingeläutet. Es wird nicht mehr geschrieben, sondern nur noch korrigiert und formatiert.
Reinhold Hölbling, MBmedien GmbH