Unternehmer

Der Herbst der Patriarchen

15.07.2018
Einige Unternehmer führen ihre Firma noch in einem Alter, in dem ihre Arbeitnehmer schon seit Jahrzehnten die Rente genießen. Können Sie nicht loslassen oder ist es einfach objektiv schwierig, einen geordneten Übergang auf die nächste Generation zu organisieren?
Sixt-Chef Erich Sixt ist mit 73 Jahren längst über das gesetzliche Rentenalter hinaus.
Sixt-Chef Erich Sixt ist mit 73 Jahren längst über das gesetzliche Rentenalter hinaus.
Foto: Sixt SE

Als Albert Darboven vor zwei Jahren seinen 80. Geburtstag feierte, schlug er einen Pflock ein. "Eine Legislaturperiode geht noch", verkündete der vitale Unternehmenslenker und wischte damit alle Spekulationen vom Tisch, dass er seinen Chefsessel beim Kaffeeröster Darboven räumen könnte. Wenn er seine Ankündigung wahr macht, wird er die Firma 60 Jahre lang geführt haben. Sein Problem: Ein Versuch, den einzigen Sohn Arthur Ernesto Darboven zum Nachfolger aufzubauen, ist vor zehn Jahren gescheitert. Nun lotet Albert Darboven einen anderen Weg aus - eine Erwachsenen-Adoption. Dagegen wehrt sich der Rest der Familie.

Darboven ist nicht der einzige Firmenpatriarch, der noch in hohem Alter an der Spitze seines Unternehmens steht. Erich SixtSixt ist mit 73 Jahren längst über das gesetzliche Rentenalter hinaus. Günther FielmannFielmann ist mit 77 Jahren der älteste Vorstandsvorsitzende einer börsennotierten Aktiengesellschaft in Deutschland. Das Phänomen gibt es auch in weniger prominenten Unternehmen. Top-500-Firmenprofil für Fielmann Top-500-Firmenprofil für Sixt

"Manche Senioren halten fest an ihrer Macht und haben kein Konzept für die Zeit, wenn sie nicht mehr tätig sind im Unternehmen", sagt Brun-Hagen Hennerkes, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Familienunternehmen und führende Experte auf diesem Gebiet. "Mit 65 bis 70 Jahren sollten sich die Unternehmer aus der aktiven Tätigkeit zurückziehen."

Wenn der Nachfolger aus der Familie komme, müssten die Zuständigkeiten und die Verantwortung klar geregelt sein. Fatal werde es, wenn der Senior aus Gremien wie dem Beirat oder Verwaltungsrat heraus die Zügel in der Hand behalte. "Die ganze Mannschaft sieht, ob die Übergabe ernst gemeint ist oder nicht", sagt Hennerkes.

Es gibt viele Beispiele für gelungene, ebenso wie für fehlgeschlagene Übergaben an die nächste Generation. Günther Fielmann hat seinen Sohn Marc gerade zum gleichberechtigten Vorstandschef gemacht; das Familienunternehmen wird nun von einer Doppelspitze aus Vater und Sohn geführt.

"Die Vorbereitung einer Nachfolge dauert mindestens fünf Jahre", sagt Hennerkes. "Und der Nachfolger aus der Familie muss mindestens so qualifiziert sein, wie ein angestellter Manager vom freien Markt es wäre."

Auch bei besten Startbedingungen sind nicht alle Unternehmer-Kinder dieser Aufgabe gewachsen, vor allem wenn der Vater deutlich besser war als der Durchschnitt. Das ist nicht anders als in anderen Berufen. Stephan Beckenbauer spielte nur wenige Spiele in der ersten Bundesliga, Sean Lennon hatte nie einen Hit.

Wenn es schief geht, erfährt die Öffentlichkeit meist wenig über die Hintergründe. Eugen Block, Inhaber der Steakhauskette "Block House", hat in einem Interview einmal offene Worte gefunden, warum sein ältester Sohn Dirk erst in den Vorstand eintrat, dann aber doch lieber sein eigenes Unternehmens gründete. "Ich habe festgestellt, dass er einen ganz anderen Kopf hat als ich", sagte Block dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (shz). "Er wollte nicht nur den Dingen hinterherlaufen, die sein Vater gemacht hat."

Ähnlich scheiterte die Übergabe des Dübel-Herstellers Fischer an Jörg Klaus Fischer, der 2012 nach einem Jahr wieder weg war. "Oft sind es dann die Junioren, die sagen, so geht das mit mir nicht, das habe ich mir anders vorgestellt", sagt Hennerkes.

Nach einer Studie der Stiftung Familienunternehmen sind rund zwei Drittel der nächsten Unternehmergeneration bereit, als Geschäftsführer die Verantwortung zu übernehmen. Sie sind im Durchschnitt besser ausgebildet und haben mehr Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse als ihre Eltern. Die brauchen sie auch, um ein Unternehmen erfolgreich in die nächste Generation zu führen. (dpa/rs)

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