Kraftwerkssparte, Siemens Gamesa
Die offenen Baustellen bei Siemens
Der Bereich Digitale Fabrik trägt nach Aussagen der Analysten von Barclays mittlerweile nahezu ein Viertel zum Gewinn im Industriegeschäft bei. Nach dem Medizintechnik-Geschäft ist die Digitale Fabrik nach von SiemensSiemens zusammengestellten Analystenschätzungen der zweitgrößte Gewinnbringer im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr. Top-500-Firmenprofil für Siemens
Im Mittel ihrer Schätzungen erwarten 21 Analysten einen Ergebnisanstieg im Industriegeschäft von 8,7 Milliarden auf 9,7 Milliarden Euro. Den Gewinn je Aktie sehen sie bei 7,38 Euro und damit innerhalb der von Siemens zuvor ausgegebenen Bandbreite von 7,20 bis 7,70 Euro. Der Umsatz sollte von 79,6 auf 83,7 Milliarden Euro gestiegen sein.
Besonderes Augenmerk legen Analysten auf die Entwicklung des Konzerns im kommenden Jahr. Sie rechnen im Schnitt mit einem Gewinn von 7,66 Euro je Aktie. Auch hier haben die Experten von Barclays insbesondere das Geschäft mit der Digitalen Fabrik im Blick und sehen den Bereich als einen der Haupttreiber für das neue Geschäftsjahr 2017/18. Allerdings erwarten sie eine Abschwächung des bislang hohen organischen Wachstums - auch weil die Vorjahresvergleiche härter werden.
Digitale Fabrik liefert höchstes organische Wachstum seit 2011
So hat Siemens im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr nach Barclays-Schätzungen in der Digitalen Fabrik das höchste organische Wachstum seit 2011 erreicht. Die geplante Umstellung des Software-Geschäfts von einem lizenzbasierten hin zu einem Abonnenten-Modell dürfte jedoch die Umsätze wegen des Wegfalls von Einmalerlösen zunächst belasten. Siemens will dazu am Donnerstag mehr Details geben.
Doch neben dem Top-Performer gibt es noch eine Reihe von Problemen, die zu lösen sind. Allen voran geht es um die weitere Entwicklung der derzeit problematischen Kraftwerkssparte sowie des Geschäftsfelds Prozessindustrie und Antriebe. Befürchtet werden drastische Einschnitte, die Schließungen von Werken und der Abbau tausender Jobs. Siemens-Personalchefin Janina Kugel hatte angekündigt, dass die Details Mitte November mit den Arbeitnehmern im Wirtschaftsausschuss besprochen werden sollen. Auch Entlassungen schließt Siemens erstmals seit langer Zeit nicht aus - was für die Gewerkschaften einem Tabubruch gleichkommt.
Kraftwerkssparte unter Druck
Siemens bekommt wie die Wettbewerber in der Kraftwerkssparte den Boom für erneuerbare Energien und den Trend zur dezentralen Energieversorgung zu spüren, der für einen Nachfrageschwund bei großen Gasturbinen mit Preisdruck und Überkapazitäten gesorgt hat. Nachdem 2011 noch fast 250 Gasturbinen mit einer Leistung von mehr als 100 Megawatt verkauft wurden, werden es in diesem Jahr nur noch rund 120 sein.
Eine Erholung des Bereichs ist nicht in Sicht: Die Analysten von Barclays erwarten für das Kraftwerksgeschäft im neuen Jahr weiteren Gegenwind. In Deutschland hat die Kraftwerkssparte von Siemens Standorte in Mülheim, Offenbach, Erlangen, Berlin, Leipzig, Essen, Duisburg, Erfurt und Görlitz. Inklusive Service sind in Deutschland rund 16000 Menschen im Kraftwerksgeschäft beschäftigt.
Als ein Sorgenkind hat sich mittlerweile auch der seit April fusionierte Windturbinenhersteller Siemens Gamesa entwickelt, an dem der Münchener Konzern noch die Mehrheit hält. Probleme in Indien, USA und Südafrika sowie ein schwächelndes Geschäft mit Windturbinen an Land lassen die Gewinne bröckeln. Erst zu Beginn der Woche hatte Siemens Gamesa den Abbau von 6000 Stellen und eine Ausdünnung der Produktpalette für Land-Windturbinen angekündigt.
Ebenfalls im Blick stehen dürfte der Fortschritt beim angepeilten Börsengang der Medizintechniksparte, der für das erste Halbjahr kommenden Jahres anvisiert ist. Aus dem geplanten Listing könnten Siemens 8 bis 12 Milliarden Euro zufließen, schätzen die Barclays-Analysten. Dabei steht die Frage im Raum, was Siemens mit den potenziellen Milliardeneinnahmen anstellt. Mit Siemens Gamesa, dem geplanten Medizintechnik-Börsengang und der angestrebten Zug-Allianz mit der französischen Alstom wird Siemens zudem immer stärker zu einer Holding. (dpa/rs)