Strategien


Das Auto ist IT

Die Rolle der IT in der Volkswagen-Strategie

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
In dem Maße, wie sich Autos zu digitalen Erlebniswelten wandeln, kommen auf die IT-Abteilungen der Autobauer neue Aufgaben zu. Mit Ralf Brunken, Leiter der Anwendungsentwicklung bei Volkswagen, sprach CIO-Chefredakteur Horst Ellermann.

Der Volkswagen-KonzernVolkswagen-Konzern beschäftigt weltweit rund 10.000 IT-Spezialisten, deren Aufgabenspektrum ständig größer wird. Im vergangenen Jahr setzte sich CIO Martin HofmannMartin Hofmann öffentlich dafür ein, die interne IT-Kompetenz zu steigern und weniger Aufgaben nach außen zu vergeben. Es müssten konzerninterne Innovationsinseln entstehen, von "IT-Labors" war die Rede. IT werde Teil des Produkts, die "Apps auf Rädern" seien eine technische Herausforderung, für die das Unternehmen Know-how vorhalten müsse. In das gleiche Horn stößt nun im CIO-Gespräch Ralf Brunken. Top-500-Firmenprofil für VOLKSWAGEN AG Profil von Martin Hofmann im CIO-Netzwerk

CIO: Herr Brunken, Sie sind bei Volkswagen für IT-Projekte und Anwendungen in der internen IT zuständig. Sie interessieren sich aber auch für die Produktion. Warum?

Ralf Brunken: Die Elektronik wird auch in der Produktion immer leistungsfähiger, die Bedeutung von Digitalisierung und Vernetzung wächst rasant. Damit nimmt auch das Daten­volumen zu. Für die interne IT ist das also ein wichtiges Thema, schließlich müssen alle Daten verarbeitet werden.

"Auch die komplexesten Aufgaben müssen leicht beherrschbar bleiben"

Wollen Sie künftig also mehr tun, als Desktops und mobile Geräte zur Verfügung zu stellen?

Ralf Brunken: Darauf haben wir uns noch nie beschränkt. Uns geht es immer um die "User Experience". Das heißt: Auch die komplexesten Aufgaben müssen leicht beherrschbar bleiben. Dafür sorgen wir. Endgeräte und Oberflächen sind nur der sichtbare Teil, dahinter steckt immer ein ausgefeiltes Software-Engineering, außerdem eine zuverlässige Infrastruktur, die der Anwender überhaupt nicht wahrnimmt. So halten wir es auch auf unserem neuen Aufgabenfeld, dem Connected CarConnected Car. Dabei geht es um die Verbindung des Autos mit seiner Umwelt. Alles zu Connected Car auf CIO.de

Bei Volkswagen sind die Anwendungsentwickler darauf vorbereitet, künftig eine noch wichtigere Rolle im Konzern zu spielen. CIO-Chefredakteur Horst Ellermann (Foto) sprach darüber mit Ralf Brunken, Leiter der Anwendungsentwicklung.
Bei Volkswagen sind die Anwendungsentwickler darauf vorbereitet, künftig eine noch wichtigere Rolle im Konzern zu spielen. CIO-Chefredakteur Horst Ellermann (Foto) sprach darüber mit Ralf Brunken, Leiter der Anwendungsentwicklung.

Wie sehen das Ihre Kollegen aus der Fahrzeugentwicklung? Bisher hatten die ja das Monopol, schöne, neue Dinge auszuprobieren.

Ralf Brunken: Wir bei Volkswagen bauen gemeinsam Autos, die unsere Kunden begeistern. Was das Thema Connected Car betrifft, sind Software und Technik im Auto Sache der Fahrzeugentwickler, außerhalb des Fahrzeugs ist die IT verantwortlich. Das funktioniert sehr gut und in engem Austausch - immer mit dem gemeinsamen Ziel, die besten Autos zu bauen.

Wie kann jemand aus der internen IT gegenüber der Fachbereichsseite deutlich machen, dass diese vom Engagement der IT-Kollegen profitiert?

Ralf Brunken: Das ist nicht nötig. Unsere Kollegen wissen schon lange: Die IT ist Teil der Lösung, wenn es darum geht, Autos zu entwickeln, zu bauen und sie samt Dienstleistungen erfolgreich zu verkaufen.

"Wir sorgen für ein kluges Daten-Management"

Wollen Sie künftig der Datenfuchs im Unternehmen sein? Kann das kein anderer übernehmen?

Ralf Brunken: Wir nutzen Daten, um Produkte zu verbessern und Geschäftsprozesse von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb effizienter zu machen. Das nützt unseren Kunden und geht nur mit klugem, effizientem Daten-Management. Dafür sorgen wir.

Ist das nicht Aufgabe einer speziellen Serviceeinheit mit engem Kontakt zum Kunden?

Ralf Brunken: Um komplexe Aufgaben zu lösen, reicht nicht der Einsatz einer Art Spezialeinheit. Das erfordert vielmehr die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche und Experten unterschiedlicher Disziplinen, teils auch in Kooperationen mit IT-Lieferanten. Und das Thema Datensicherheit bleibt dabei immer unsere Angelegenheit.

Fakt ist, dass IT-Lieferanten dreistellige Millionenbeträge in Labore und Innovationen rund um das Zukunftsthema Big Data investieren. Können Sie da mithalten?

Ralf Brunken: Das Kerngeschäft von Volkswagen ist der Bau erstklassiger Automobile. Dazu gehören auch kundenfreundliche Softwarelösungen. Für uns heißt das: Wir haben das Schlüssel-Know-how und tragen die Verantwortung für das Daten-Management. Für die Ausführung holen wir uns, wo es sinnvoll ist, Partner ins Boot.

Ralf Brunken, Leiter der Applikationsentwicklung in der Konzern-IT von Volkswagen: "Wir schaffen für unsere kreativen Köpfe Platz zum Erfinden und Ausprobieren."
Ralf Brunken, Leiter der Applikationsentwicklung in der Konzern-IT von Volkswagen: "Wir schaffen für unsere kreativen Köpfe Platz zum Erfinden und Ausprobieren."
Foto: Volkswagen

Bisher haben sich Autohersteller aber nicht gerade damit hervorgetan, bahnbrechende Apps zu entwickeln.

Ralf Brunken: Das Besondere an Apps ist die Vielfalt der Ideen und Lösungen. Wichtig ist, dass sie auf einer Plattform mit technischen Vorgaben stehen. Nur so bleibt die Vielfalt beherrschbar, einsetzbar und kompatibel. Kämen Apps immer aus einer Hand, ginge das auf Kosten der Vielfalt. Das wollen wir nicht. Deshalb sehen wir unsere Aufgabe in der Entwicklung der Plattform, auf der unterschiedlichste Apps sicher betrieben werden können.

Neue Geschäftsmodelle zu erfinden, gehört zu den schwierigsten Aufgaben, denen sich ein Unternehmen stellen muss. Wer soll das Ihrer Meinung nach vorantreiben?

Ralf Brunken: Es geht ja um unsere Zukunft, also machen wir das selbst. Wir arbeiten intensiv an Erneuerung und Effizienzsteigerung. Indem wir existierende Aufgaben schneller und effizienter lösen, verschaffen wir uns Freiraum zur Steigerung unserer Kompetenz und zur Lösung neuer Aufgaben.

Volkswagen hat 2013 rund 197 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Wie wollen Sie da den Geist eines Startups implementieren?

Volkswagen hat weltweit rund 10.000 IT-Kräfte. Das sind viele fähige Köpfe, die kreativ arbeiten wollen und können. Für sie schaffen wir neue Freiräume, beispielsweise durch interne "Hackathons" und die Einrichtung von "Data Labs". Wir schaffen also für unsere kreativen Köpfe Platz zum Erfinden und Ausprobieren.

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