3 Erwartungen an Digitalisierung
Die Strategien der SCM-Manager
Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.
1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.
Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.
Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".
Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
- Die Revolution ist verschoben. SCM-Manager werden sich in den kommenden drei Jahren vor allem mit Integration und Standardisierung beschäftigen.
- Fast alle hoffen auf niedrigere Kosten durch schlankere Prozesse und weniger Personal.
- Bei Hype-Themen wie der Auslieferung mit Drohnen ist ein quantifizierbarer Nutzen noch kaum erkennbar.
Aktuell geben Unternehmen aller Branchen viel Geld dafür aus, ihr Geschäftsmodelle, und dabei besonders ihre Lieferketten, zu digitalisieren.
Wie sie dabei vorgehen, welche zentralen Hoffnungen sich an digitalisierte Lieferketten knüpfen und wie ihre Zukunft aussehen könnte, dazu haben jetzt die Analysten von A. T. Kearney zum siebten Mal ihre Studie "European Excellence in Supply Chain Management" vorgelegt. Gemeinsam mit dem Kühne-Institut für Logistik der WHU - Otto Beisheim School of Management befragten sie um die Jahreswende 2014/15 Vertreter von 60 Großunternehmen unterschiedlicher Branchen zu ihren SCM-Plänen. Etwa ein Drittel der Antwortenden kam aus Deutschland.
Mit Spannung erwartet worden war dieses Stimmungsbild insofern, als Logistiker und Händler aktuell massiv in Digitalisierung investieren. DB Schenker gründet ein "Digital Mobility Lab", Amazon will Roboter zum Sortieren und Drohnen zum Ausliefern einsetzen, DHL setzt auf Big Data zur Risiko- und Fehlerminimierung. Dabei ergaben Versuche, mit Hilfe von Datenbrillen den Sortiervorgang zu beschleunigen, eine Produktivitätssteigerung um 25 Prozent.
Integration ist immer noch Thema Nr. 1
Ganz im Sinne des letzten Beispiels - so ein zentrales Ergebnis der A. T. Kearney-Studie - ist für die befragten Manager die SCM-IT-Integration DAS zentrale Digitalisierungsanliegen. Hier erwarten 80 Prozent der Befragten die größten Effizienzgewinne. 77 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) nennen zudem die Integration ihrer Systeme mit denen von Logistikdienstleistern oder auch Kunden als wichtiges Anliegen.
Voraussetzung dafür ist natürlich eine integrierte, durchgängig gestaltete eigene IT-Landschaft. Unternehmen sind sich dessen bewusst, 70 Prozent der Befragten gaben an, in dieses Thema investieren zu wollen.
Im Zusammenhang mit der Anbindung eigener Systeme an die von Lieferanten und anderen Partnern äußerten erwartungsgemäß eine ganze Reihe von Befragten Ängste und Vorbehalte, zum Beispiel weil einige dieser Fremdfirmen auf bestimmten Feldern auch Konkurrenten sind.
Auch ein Thema bei geplanten Investitionen: die Nutzung aktueller Trends von Digitalisierung - vor allem von Big Data. Mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmen wollen hier in den kommenden drei Jahren investieren.
Daten sind genug vorhanden
Genutzt werden sollen die Möglichkeiten einer systematischen Datenauswertung im großen Stil zum Beispiel für eine detaillierte Bedarfsplanung bei den Vorprodukten - 57 Prozent der Antwortenden will an dieser Stelle Geld ausgeben.
Und dabei geht es ausdrücklich nicht um Sammeln von Daten, denn davon in mehr als genug vorhanden, sondern darum, "das wirklich wichtige herauszufiltern, es zu analysieren und für das Tagesgeschäft nutzbar zu machen", wie es einer der Teilnehmer der Studie formulierte.
- Apple
Wenn Elektronik-Bauteile zur Religion werden: Apple belegt in diesem Ranking den esten Platz, weil es dem Unternehmen wie keinem Zweiten gelingt, unentbehrlicher Begleiter des Alltags vieler Menschen zu werden. - McDonald's
Der Burger-Multi landet auf Platz zwei, obwohl sich gerade in Deutschland die Liebe vieler Esser zu seinen Produkten deutlich abgekühlt hat. Global betrachtet funktioniert das Geschäftsmodell allerdings immer noch prächtig. - Unilever
Pfanni, OMO, Du darfst. Der Nahrungsmittel- und Kosmetikkonzern - im Bild die Deutschlandzentrale in Hamburgs Hafencity - ist ein Sammelsurium vieler Marken. Zusammengenommen formen sie einen der größten Konsumgüter-Hersteller der Welt. - Samsung
Auf Platz 6 des SCM-Rankings folgt der Elektronik-Multi aus Südkorea. Sein Image ist vielleicht nicht ganz so stark wie das von Apple, aber dafür sind die Zahlen besser: Samsung verkauft jährlich mehr als dreimal so viele Smartphones wie Apple. - Cisco
Das Unternehmen auf Platz sieben der Liste kennen in Deutschland die wenigsten Konsumenten. Das ändert aber nichts daran, dass seine Produkte unentbehrlich sind für einen reibungslosen Internetverkehr. - Intel
Schon bekannter ist die Nummer acht auf der Liste. Intel hält bei PC-Microprozessoren einen Marktanteil von ca. 80 Prozent. - Coca Cola
Der Zehntplatzierte hat ohne jeden Zweifel die Lieferkette im Griff: Die berühmten Kühlschränke in rot-weiß finden sich auch auf winzigen Inseln am Ende der Welt. - Qualcomm
Der Weltweit drittgrößte Chiphersteller - Platz 19 des Rankings - besitzt keine eigenen Fabriken, sondern lässt aussschließlich Externe für sich fertigen. - Seagate
Das Unternehmen hat seit seiner Gründung schon mehr als eine Milliarde Festplatten hergestellt. (Platz 20 im Ranking).
Platz 25 belegt der weltweit größte Nahrungsmittelkonzern. Zu seinen Marken zählen Nesquik, Perrier, Häagen-Dazs, Mövenpick, Maggi, After Eight und unzählige mehr.
Geringe Erwartungen an GSM und RFID
Deutlich geringere Hoffnungen als an Big Data knüpfen die Befragten an die automatisierte Übertragung von Statusinformationen einer Lieferung via GSM oder RFID. Dass an dieser Stelle lediglich 40 Prozent der Unternehmen investieren wollen liegt an der mangelnden Integration solcher Systeme in die IT-Landschaft von SCM-Partnern und an unklaren Geschäftsmodellen. Anders gesagt: Der quantitative Nutzen solcher Systeme ist für mehr als die Hälfte der Unternehmen (noch) nicht klar genug erkennbar.
Drohnen und 3D-Druck spielen keine Rolle
Noch deutlich weniger Studienteilnehmer planen, in den kommenden drei Jahren Geld für die Vollautomatisierung der Auslieferung - zum Beispiel durch Drohnen - auszugeben. Ebenfalls wenige, genauer gesagt 15 Prozent der Befragten, glauben, dass das Selbstherstellen von Produkten durch 3D-Printing in den kommenden Jahren die SCM-Erfordernisse nachdrücklich verändern wird.
3 zentrale Hoffnungen an die Digitalisierung der Lieferkette
Am Ende der Untersuchung stellten die Verantwortlichen von A. T. Kearney die Frage, welche zentralen Hoffnungen SCM-Manager mit der Digitalisierung der Lieferkette verbinden.
Drei Erwartungen stehen im Vordergrund. Die erste formulierte Stefan Nöken, Vorstandsmitglied des Werkzeugherstellers Hilti stellvertretend für andere so: "SCM-Systeme, die perfekt in die eigene IT eingebunden sind, machen den an jeder Stelle der Wertschöpfungskette notwendigen Warenbestand exakt sichtbar. Das hilft uns, die Lagerbestände insgesamt zu senken."
Zweite zentrale Erwartung an Digitalisierung: Senkung der Lieferzeiten. Ursächlich dafür wird nach Ansicht von einem Drittel der Befragten vor allem eine stärkere Dezentralisierung der Lagerhaltung sein.
Drittens: Die Lieferkette und alle Prozesse in ihr werden transparenter, was zu deutlich besseren SCM-Entscheidungen führen wird.
Ein übergeordneter Vorteil dieser drei Verbesserungen in den kommenden drei Jahren wird sein - so die von A. T. Kearney befragten - dass die Anzahl der mit der Lieferkette beschäftigten Mitarbeiter und (damit) die SCM-Kosten insgesamt sinken werden.
Die - keineswegs profane - Kernbotschaft der Studie ist, dass die Revolution auf diesem Gebiet verschoben ist. Drei Hype-Themen haben in den zurückliegenden Jahren die mediale SCM-Diskussion bestimmt und fast alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen: 3D-Druck, Drohnen zum Paketabwurf, elektronische Steuerung und Kontrolle der Lieferkette via GSM oder RFID.
Keine Zeit für Science Fiction
Alle diese drei Themen spielen in den kommenden drei Jahren für SCM-Verantwortliche in Unternehmen, als für jene, die die Entscheidungen treffen, nur eine untergeordnete Rolle.
Was uns das sagt? Erstens, dass eine technisch gute Idee noch längst kein Geschäftsmodell ist und zweitens, dass die meisten noch viel zu viel mit traditionellen SCM-Themen wie Integration und StandardisierungStandardisierung zu tun haben, um sich Gedanken über Science Fictions machen zu können. Alles zu Standardisierung auf CIO.de