Strategien


"SPEAKER BUREAUS" UND IHRE BÜHNENSTARS

Die Tipps & Tricks-Industrie

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
US-Professoren wie Michael E. Porter, Gary Hamel oder Lester Thurow reisen als Referat-Stars von Kongress zu Kongress. In Deutschland gibt es nur wenige Vorzeige-Experten, die mit den US-Promis mithalten können.

„DIE WOLLEN SICH IHRE ERFAHRUNG vergolden lassen.“ Michael Rose, Conference Manager des Kongressveranstalters IDC Central Europe mit Sitz in Frankfurt, hat seine Erfahrungen mit den Megastars der IT-Szene gemacht. Er gehört zu einem Stab von 15 Leuten, die ein Jahr lang das größte europäische Event des weltweit tätigen Unternehmens vorbereiten, das European IT Forum. Mitte September findet es zum zwölften Mal in Monaco statt.

Jedes Jahr aufs Neue überlegt das Team, wer als so genannter Key Speaker eingeladen wird. „Wir fragen uns: Wer zieht am meisten Leute an? Dann entscheidet der Preis und die Verfügbarkeit. Am Schluss stimmen wir ab“, sagt Rose. Die Key Speaker dieses Jahr: Peter Drucker, Don Tapscott und Lester Thurow. Drucker gilt als „Vater des modernen Managements“, Tapscott ist Chairman der Alliance for Converging Technologies und Präsident der New Paradigm Learning Corporation.

Thurow, bereits im vergangenen Jahr zu Gast, verletzt eigentlich die Regel, dass niemand zweimal hintereinander eingeladen wird. Der international führende Wirtschafts- und Managementprofessor von der Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist das Paradebeispiel eines erfolgreichen Referenten. Thurow ist Autor zahlreicher Bücher, („Reichtums-Pyramide“, „Die Zukunft des Kapitalismus“) und schreibt als Wirtschaftskolumnist für New York Times, Newsweek und Time Magazine.

Im Slang der Veranstalter heißen die Vermittler Speaker Bureaus. Und wer von denen einen Thurow unter Vertrag hat, darf sich freuen. Das internationale Geschäft wird von drei bis fünf großen Büros beherrscht. Denn die „Speakers Industry“ ist knallhart. Wie durchorganisiert das Geschäft ist, zeigt der Konkurrenzkampf um die großen Kongressveranstalter. „Wir kriegen täglich Angebote von den Agenturen auf den Tisch“, sagt Rose. Auf Waschzetteln werden die Redner angepriesen.

Die beiden größten Bureaus sitzen in den USA: Die Harry Walker Agency (www.harrywalker.com) und das Leigh Bureau (www.leighbureau.com). Walker in New York hat sogar Ex-US-Präsident Bill Clinton im Angebot. „Das ist der teuerste Redner, der mir im vergangenen Jahr angeboten wurde“, sagt Francesco Corra. Der Director EMEA Conference Group bei IDC schließt von Mailand aus die Verträge für das IT-Forum in Monaco und kennt die Szene besser als jeder andere. Clinton verlangt – und erhält – 200000 Dollar für eine halbe Stunde, plus Hotel und Spesen. Und seine Familie, so ist es vertraglich geregelt, kommt mit – natürlich auf Kosten des Veranstalters.

Scott McNealy, Steve Ballmer, Bill Gates, Michael Capellas, Michael DellDell? Sie alle sind zu haben in der weltweiten Tipps-und-Tricks-Industrie für CIOs. Es ist nur eine Frage des Preises. „Die Kosten pro Sprecher pendeln zwischen 20000 und 150000 Dollar“, plaudert Rose. Unterkunft und Verpflegung gehen extra. Michael E. Porter etwa, Professor an der Harvard Business School und angepriesen als „The world’s most sought after business guru and strategist“, kostet 100000 Dollar, berichtet Brandon O’Connor, Direktor des London Speaker Bureau, das den Markt in Europa beherrscht. „We provide speakers for corporations all over the world“, wirbt die Website ( www.londonspeakerbureau.co.uk ).

„Die Beträge stehen in der Regel fest. Und niemand macht es billiger, nur weil ihn das Thema interessiert“, sagt Corra. Dafür muss der Veranstalter den Redner aber auch nicht groß präparieren. Corra: „Die wissen, was sie sagen wollen.“ Der IDC-Mann („Ich kaufe Redner“) verteidigt die Key Speaker: „Die Leute haben ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet, um sich einen Namen zu machen. Jetzt können sie in Ruhe die Angebote abwarten.“

In Europa ist das Geschäft noch unterentwickelt. „In den USA dagegen ist es selbstverständlich, dass ein Unternehmen auch zu einem Business-Dinner mit zehn Leuten einen Redner einlädt – und bezahlt“, sagt Corra. Doch der europäische Markt expandiert, da ist sich O’Connor vom London Speaker Bureau sicher: „Wir wachsen jedes Jahr um 30 Prozent, beschäftigen schon 15 Leute. Im Mai eröffnen wir ein Büro in Brüssel.“

Noch kommen fast alle Redner aus den USA oder Großbritannien. Deutsche Promi-Redner gibt es nur wenige. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Ex- Bundeskanzler Helmut Schmidt und Ex-VW-Chef Carl Hahn Bundeskanzler Helmut Schmidt und fallen O’Connor ein. „Doch wir wollen neue Talente entdecken.“

Für viele Kongressteilnehmer sind prominente Gastreferenten ein absolutes Muss. „Für mich sind sie eine große Attraktion und ein wichtiger Grund, um zu kommen“, sagt Unda Karlshaus, Manager Products bei der Unternehmensberatung Accenture.

Manche Besucher sind aber auch von den vermeintlichen Stars genervt. „Da wurde ein Riesenwirbel gemacht, um Allerweltsweisheiten zu verkünden“, berichtet ein Teilnehmer der RSA Conference in San José. „Key Speaker Thornton May nannte sich ,Chief Psychographer‘. Seine Botschaft: Sagen sie es in einfachen Worten, in verständlicher Form.“ Doch auch Rednereinkäufer leiden manchmal. „Da gab es diesen 70-jährigen Guru, der darauf bestand, am Tag seiner Rede aus den USA anzureisen. Er litt unter Jetlag, die Rede war fürchterlich und die Teilnehmer peinlich berührt“, schildert Corra sein schlimmstes Erlebnis. Alles zu Dell auf CIO.de

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