IT-Jahr 2021
Digitalisierung wird immer bunter
Trotz der vielen Cybervorfälle arbeiteten auch 2021 viele Unternehmen mit Volldampf an ihrer Digitalisierung. Produkte und Services werden immer digitaler. Das funktioniert allerdings nicht immer ganz reibungslos. 2021 bekamen das vor allem die Autobauer zu spüren. Der weltweite Mangel an Chips zwang AudiAudi, BMWBMW, DaimlerDaimler, VolkswagenVolkswagen und Co. dazu, ganze Produktionsstraßen stillzulegen und etliche Arbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Top-500-Firmenprofil für Audi Top-500-Firmenprofil für BMW Top-500-Firmenprofil für Daimler Top-500-Firmenprofil für Volkswagen
Auch die Hersteller von PCs, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten klagten über Lieferengpässe bei Halbleiterprodukten. Kaum zu bekommen waren beispielsweise die neuen Spielekonsolen von Sony und MicrosoftMicrosoft. Experten gehen davon aus, dass sich die Nachschubprobleme in Sachen Chips und Halbleiter bis weit ins Jahr 2022 hinziehen könnten. Intel-Chef Pat Gelsinger befürchtet sogar, dass sich die Situation nicht vor 2023 entspannen wird. Alles zu Microsoft auf CIO.de
Wie anfällig die digitale Infrastruktur sein kann, zeigte sich Anfang März. Ein Feuer zerstörte zwei von vier Server-Anlagen eines Rechenzentrums des Cloud-Hosters OVH in Straßburg. 3,6 Millionen Websites waren mit einem Mal offline. Rund 16.000 Kunden in Europa zitterten um ihre Daten. Ursache des Brandes war offenbar eine defekte USV-Anlage.
Behörden vermasseln Digitalisierung
Während viele Branchen an ihrer Digitalisierung arbeiten, tun sich Behörden schwer mit dem digitalen Wandel. Etliche Projekte der öffentlichen Hand verzögerten sich – zum Teil um viele Jahre. Das gilt beispielsweise für das Projekt "IT-Konsolidierung" des Bundes. Ursprünglich sollte der IT-Betrieb der Bundesbehörden bis Ende 2022 in wenigen Rechenzentren konzentriert werden, man wollte IT-Lösungen ressortübergreifend vereinheitlichen. Diese Vorhaben dürften sich wegen Fehlplanungen und organisatorischer Mängel bis zum Ende des Jahrzehnts hinziehen und deutlich teurer werden als die veranschlagten 3,4 Milliarden Euro.
Auch an anderer Stelle hinkt der Staat hinterher. Ursprünglich sollten laut Onlinezugangsgesetz (OZG) bis Ende 2022 bundesweit 575 Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert sein. Davon ist die öffentliche Hand weit entfernt. Kritiker monieren, dass die Verantwortlichen die Komplexität des Vorhabens unterschätzt haben. Auch die Coronakrise deckte Digitalisierungsdefizite schonungslos auf, zum Beispiel in der Bildungspolitik. Obwohl der Bund Milliarden versprochen hat, kommen die Schulen in Sachen digitaler Ausstattung und virtuellem Unterricht kaum voran. Auch beim Breitbandausbau und dem Schließen von Funklöchern gab es nur kleine Fortschritte.
Die Quittung bekam die Politik im Oktober. Laut dem "eGovernment Monitor 2021" der Initiative D21 und der Technischen Universität München (TUM) stürzte die Zufriedenheit der Deutschen mit den E-Government-Angeboten der hiesigen Behörden auf ein neues Allzeittief ab. Nicht einmal mehr die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger ist zufrieden mit den digitalen Verwaltungsservices. Im Vergleich zur Umfrage aus dem Vorjahr bedeutet das ein Minus von 15 Prozentpunkten.
Es muss also dringend etwas geschehen. Das haben im Wahljahr 2021 auch die Parteien erkannt. In fast allen Wahlprogrammen spielte das Thema Modernisierung und Digitalisierung eine zentrale Rolle. Auch im Koalitionsvertrag der neuen Ampelregierung aus SPD, den Grünen und der FDP stehen digitale Themen ganz oben auf der Agenda. Das reicht von einer besseren digitalen Infrastruktur über eine moderne Verwaltung mit weniger Bürokratie bis hin zu mehr Unterstützung des Tech- und Startup-Sektors. Das hatten sich allerdings auch schon die Vorgängerregierungen auf die Fahnen geschrieben – ohne Erfolg.
Kein Digitalministerium
Nach dem Start der Ampelregierung Anfang Dezember wird sich die neue Digitalpolitik erst einspielen müssen. Die FDP konnte sich mit ihrer Forderung nach einem Digitalministerium, das auch viele Verbände gefordert hatten, nicht durchsetzen. Zuständig für Digitales soll künftig das Verkehrsministerium unter dem ehemaligen FDP-Generalsekretär Volker Wissing sein. Ob und wie weit die anderen Ressorts bereit sein werden, Kompetenzen abzugeben, muss sich aber erst noch zeigen.
Mit dem Digitalisierungstrend wächst die Macht weniger weltweit dominierender Tech- und Internet-Konzerne immer weiter. Viel wurde 2021 deshalb über digitale Souveränität diskutiert. Parteiübergreifend war man sich darin einig, AmazonAmazon, AppleApple, FacebookFacebook, GoogleGoogle, Microsoft und Co. genauer auf die Finger zu schauen und ihren Einfluss auf Staat, Gesellschaft und Wirtschaft zu regulieren. Sogar die wirtschaftsnahe FDP plädierte dafür, sogenannte Gatekeeper-Unternehmen, die Wettbewerbsbedingungen entscheidend beeinflussen könnten, an die Kandarre zu nehmen. Alles zu Amazon auf CIO.de Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu Facebook auf CIO.de Alles zu Google auf CIO.de
Kartellbehörden zeigen Zähne
Anfang 2021 verabschiedete der Bundestag das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), um den Kartellbehörden zu ermöglichen, besser gegen zu viel Marktmacht und deren Missbrauch vorzugehen. Damit kann das Bundeskartellamt für Unternehmen eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" feststellen und in der Folge schneller eingreifen, wenn diese Firmen den Wettbewerb zu ihren Gunsten manipulieren. Schon im Mai zeigte das GWB Wirkung: Das Bundeskartellamt kündigte Verfahren gegen Google und dessen Mutter Alphabet an.
Auch in anderen Ländern nahmen Behörden die Techgiganten schärfer ins Visier. Google kassierte in Italien und Frankreich dreistellige Millionenstrafen. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kündigte an, zu prüfen, ob Googles milliardenschweres Anzeigengeschäft gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Die Luxemburger Nationale Kommission für den DatenschutzDatenschutz (CNPD) verhängte im Juli wegen Datenschutzverstößen eine Strafe von fast 750 Millionen Euro gegen Amazon. In Irland verdonnerte die Data Protection Commission (DPC) WhatsApp zu einer Strafzahlung von 225 Millionen Euro. Alles zu Datenschutz auf CIO.de
Facebook am Pranger
In den USA musste Facebook-Gründer Mark Zuckerberg Senat und Kongress Rede und Antwort stehen. Das weltgrößte Social Network stand 2021 wiederholt in den Schlagzeilen. Im Oktober kündigte Zuckerberg an, das Unternehmen in "Meta" umzubenennen. Der Grund: Das Unternehmen arbeitet an der virtuellen Welt "Metaverse", in der künftig digitale Kommunikation stattfinden soll. Physische und digitale Welten sollen hier zusammenwachsen.
Zu schaffen machten Facebook die Aussagen der Whistleblowerin Frances Haugen. Die ehemalige Produktmanagerin des Unternehmens legte offen, dass Facebook zu wenig gegen negative Auswirkungen seiner Plattform unternehme – zum Beispiel gegen Manipulationsversuche bei Wahlen oder die Manipulation von Kindern.
Corona – Home-Office und Impfpflicht
Auch 2021 beschäftigte Corona die weltweite IT-Branche auf unterschiedliche Art und Weise. Während die Krise einerseits die Digitalisierung der Betriebe beschleunigte und damit die Kassen vieler IT-Anbieter klingeln ließ, mussten diese Unternehmen selbst auch Mittel und Wege finden, mit dem Virus umzugehen.
Im Mittelpunkt der Diskussionen standen das Home-Office und Impfungen. Viele Unternehmen dehnen angesichts der vierten Welle ihre Home-Office-Angebote bis weit ins Jahr 2022 aus. Auch Firmen wie Apple, die ihre Angestellten eigentlich ab Herbst 2021 wieder ins Büro beordern wollten, stoppten ihre Pläne und lassen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter von zu Hause arbeiten. Angesichts der drohenden 5. Welle im Zuge der Omikron-Variante des Coronavirus könnten viele Büros auch noch weit ins Jahr 2022 hinein leer bleiben.
Druck zur Spritze wächst
Andere Unternehmen wie Amazon, Google, Microsoft und SAPSAP nahmen die aktuelle Situation zum Anlass, ihren Leuten künftig mehr Freiheiten zu lassen, was Arbeitsort und -zeit anbelangt. Diese Freiheiten könnten allerdings ihren Preis haben. Im August sickerten Informationen durch, wonach Google eine geringere Produktivität im Home-Office fürchte und daher seinen Angestellten, die Vollzeit von zu Hause aus arbeiten wollten, das Gehalt kürzen wolle. Auch bei LinkedInLinkedIn, das zu Microsoft gehört, wird offenbar darüber diskutiert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit der Option auf Home-Office aus teuren Wohngegenden wegziehen, das Gehalt zu kürzen. Alles zu LinkedIn auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de
Viel diskutiert wurde in der IT-Branche auch das Thema Impfpflicht. Mit der besseren Verfügbarkeit von Impfstoffen führten Unternehmen wie Amazon, Facebook, Google und Microsoft in den USA durch die Hintertür eine Impfpflicht ein. Angestellte, die im Office arbeiten möchten, müssen demnach geimpft sein. Das sorgte teilweise für Widerstand. Im November haben einige Hundert Beschäftigte bei Google ein Manifest unterzeichnet, das gegen die Impfpflicht Stimmung machte. Auch in Deutschland könnten diese Diskussionen 2022 Fahrt aufnehmen, sollte eine generelle Pflicht zur Corona-Impfung politisch durchgesetzt werden.
Top-Themen 2021: Nachhaltigkeit und Diversity & Inclusion
Nachhaltigkeit wird auch für die IT-Branche immer wichtiger – in zweierlei Hinsicht. Einmal geht es für die Unternehmen selbst darum, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Viele IT- und Cloud-Anbieter haben bereits angekündigt, ihr Geschäft in den kommenden Jahren so umzubauen, dass sie klimaneutral wirtschaften können. Darüber hinaus verspricht die Digitalisierung, Unternehmen und Staaten grundsätzlich dabei zu unterstützen, die ehrgeizigen, aber notwendigen Klimaziele zu erreichen. Digitale Technologien könnten dafür sorgen, Ressourcen zu sparen beziehungsweise effizienter einzusetzen, etwa in der Landwirtschaft oder bei den Energieversorgern.
Neben der Wahrnehmung von Umweltthemen wandelt sich in vielen Betrieben auch die Sicht auf die eigene Organisation. Dabei dreht es sich um die Vielfalt in der Belegschaft. Divers zusammengesetzte Teams, was Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft und sexuelle Orientierung anbelangt, sind kreativer, innovativer und oft auch effizienter. Diese Einsicht setzt sich mehr und mehr durch. Daher schreiben sich auch immer mehr Unternehmen die Themen Diversity & Inclusion (D&I) groß auf die Fahnen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als einen grundlegenden Kulturwandel.