Patrick Burghardt
Ein Plädoyer für CIOs in allen Behörden
Die DigitalisierungDigitalisierung spielt auch im öffentlichen Dienst eine immer größere Rolle. Der Weg zu einer modernen und flächendeckend digitalen VerwaltungVerwaltung in Deutschland ist allerdings noch weit, auch wenn sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt hat. Der dennoch unbefriedigende Umsetzungsstand wird innerhalb der Regierungen und Behörden, aber auch in der Politik, der Wissenschaft und den Medien intensiv diskutiert. Häufig werden als Ursachen der Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung, die starren Verwaltungsstrukturen und -abläufe sowie rechtliche Hürden genannt. Oft fehlt es allerdings besonders an verantwortlichem Personal und der nötigen Aufmerksamkeit auf Führungsebene. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Public IT auf CIO.de
Grundsätzlich braucht es zunächst die Erkenntnis auf der politischen Führungsebene bei Regierungsverantwortlichen und Behördenleitungen. Wenn hier das Thema Digitalisierung keine Rolle spielt oder sogar skeptisch gesehen wird, laufen die Bemühungen auf Arbeitsebene schnell ins Leere. Es braucht aber auch auf der oberen Managementebene in den Behörden Steuerungsverantwortliche für die Digitalisierung. In der Privatwirtschaft wurde diese Notwendigkeit lange erkannt, und seit vielen Jahren gibt es in den meisten größeren Unternehmen einen Chief Information Officer (CIO) oder Chief Digital Officer (CDO). Diesem Vorbild folgen inzwischen auch immer mehr öffentliche Einrichtungen.
CIO in Hessen gesetzlich verankert
Das Land Hessen hat bereits 2003 das Amt eines CIOs für die Landesverwaltung besetzt und war damit bundesweit Vorreiter. Seitdem war die Funktion in verschiedenen Ministerien auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen angesiedelt und wurde bis heute immer wieder strategisch weiterentwickelt. Die aktuelle Verankerung in der hessischen Staatskanzlei und damit die Nähe zum Ministerpräsidenten betont die übergreifende Bedeutung der Aufgaben des hessischen CIO. Zuletzt wurden im Jahr 2023 die Rolle und Aufgabe des CIO sogar gesetzlich im hessischen E-Government-Gesetz verankert. Er verantwortet die Entwicklung und Umsetzung der IT-Gesamtstrategie des Landes im Bereich der Verwaltungsdienstleistungen in der Landesverwaltung.
- Denis Alt, CIO von Rheinland-Pfalz
Denis Alt ist neuer Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung. Der bisherige IT-Chef des Landes, Feodor Ruhose, wird Chef der Staatskanzlei. - Markus Richter, Bundes-CIO
BAMF-Vizepräsident Markus Richter ist Bundes-CIO. Er löste Klaus Vitt ab, der Ende April 2020 in den Ruhestand ging. - Christian Pfromm, CDO von Hamburg
Christian Pfromm ist seit Januar 2018 neuer CDO der Stadt Hamburg Sein genauer Titel lautet: "Chief Digital Officer / Leiter des Amtes für IT und Digitalisierung". Der CDO berichtet an den 1. Bürgermeister der Stadt Hamburg und an den Chef der Senatskanzlei. Zuvor war Pfromm von Juni 2011 bis Dezember 2017 Group CIO der BHF-Bank AG. CIO Jörn Riedel berichtet an ihn. - Bernd Schlömer, Landes-CIO von Sachsen-Anhalt
Bernd Schlömer ist seit Oktober 2021 CIO des Landes Sachsen-Anhalt. Er folgte auf Rüdiger Malter, der das Amt seit April 2020 innehatte. - Hartmut Schubert, CIO in Thüringen
Hartmut Schubert ist seit Dezember 2014 Staatssekretär im Thüringer Finanzministerium. Der Titel CIO kommt in der „Richtlinie für die Organisation des E-Government und des IT-Einsatzes in der Landesverwaltung des Freistaats Thüringen“ nicht vor. Dennoch erfüllt Schubert, der Beauftragte des Freistaats Thüringen für E-Government und IT, genau die Aufgaben und die Funktion des CIO. Mit dem Kabinettbeschluss der Richtlinie vom 7. Juli 2015 erhält Thüringen deshalb als letztes Bundesland einen Landes-CIO. - Thomas Popp, Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Sächsischen Staatsregierung (CIO)
Im Januar 2020 ernannte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) CIO Thomas Popp zum Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung als Mitglied der Staatsregierung (CIO). Popp war bisher Landes-CIO in Sachsen. - Ina-Maria Ulbrich, Staatsekretärin, Mecklenburg-Vorpommern
Ina-Maria Ulbrich ist seit November 2016 Staatsekretärin im neu geschaffenen Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Aus "Landesentwicklung" wurde nun "Digitalisierung". Die Juristin wurde 2002 Regierungsrätin und Referentin im Umweltministerium, beim Landkreis Ostvorpommern und im Wirtschaftsministerium. Von 2006 bis 2008 leitete sie das Büros des Ministers für Verkehr, Bau und Landesentwicklung, von 2008 bis 2011 war Ulbrich Leiterin des Büros des Ministerpräsidenten. Ulbrich vertritt das Land auch im IT-Planungsrat. - Ralf Stettner, CIO in Hessen
Ralf Stettner ist Chief Information Officer und Bevollmächtigter der Hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie (CIO) und folgt damit Patrick Burghardt, der im Januar 2024 das Amt des Oberbürgermeisters von Rüsselsheim übernahm. Stettner hatte von Ende 2018 bis Anfang 2024 die Position des Chief Information Security Officers (CISO) in der hessischen Landesverwaltung inne und war Leiter der Abteilung Cyber- und IT-Sicherheit und Verwaltungsdigitalisierung im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. - Stefan Krebs, CIO in Baden-Württemberg
Seit dem 1. Juli 2015 leitet Stefan Krebs die IT-Geschicke des Landes Baden-Württemberg als Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO/CDO). Der Diplom-Verwaltungswirt kennt sich mit Banken und IT-Sicherheit aus. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Feinplanung für die schrittweise Bündelung der bisher dezentralen IT-Einheiten der Landesverwaltung. - Daniel Sieveke, CIO in Nordrhein-Westfalen
Nachdem Andreas Meyer-Falcke Ende 2023 in den Ruhestand ging, hat Nordrhein-Westfalen nun wieder einen IT-Verantwortlichen. Am 14. Mai 2024 entschied das Landeskabinett, die Funktion des Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnik (CIO) an Daniel Sieveke zu übertragen. - Sven Thomsen, CIO von Schleswig-Holstein
Seit Mitte Juli 2013 lenkt Sven Thomsen als CIO des Landes Schleswig-Holstein die Geschicke des Zentralen IT-Management Schleswig-Holstein (ZIT-SH). Im ZIT-SH sind die Aufgaben der ressortübergreifenden IT- und Finanzensteuerung für alle Fragen der Informations- und Kommunikationstechnologie zentralisiert. Wie auch in Hamburg ist Sven Thomsen nicht Staatssekretär und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Im IT-Planungsrat wird Schleswig-Holstein durch Knud Büchmann, Beauftragter der Landesregierung Schleswig-Holstein für Zentrale IT-, Organisations- und Personalentwicklung vertreten. Seit Mitte 2017 ist Thomsen an das neue Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) angedockt. - Elena Yorgova-Ramanauskas, CIO im Saarland
Elena Yorgova-Ramanauskas, ist seit Juni 2022 Chief Digital Officer (CIO) im Saarland. Seit 2022 ist sie Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie. - Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern
Die Landtagsabgeordnete und Rechtsanwältin Judith Gerlach (CSU) ist seit November 2018 Staatsministerin für Digitales in Bayern. Das Ministerium wurde neu geschaffen. Das neue Staatsministerium übernimmt die Grundsatzangelegenheiten und die Koordinierung der Digitalisierung Bayerns, die bisher bei der Staatskanzlei angesiedelt waren. Das Ministerium soll sich außerdem um die strategischen Fragen der digitalen Verwaltung kümmern. - Jörn Riedel, CIO von Hamburg
Seit 2008 hat Hamburg einen CIO. Den Posten hat seitdem Jörn Riedel inne. Angesiedelt ist er bei der Finanzbehörde der Hansestadt. Beim dortigen Amt für Organisation und Zentrale Dienste ist Riedel Abteilungsleiter für E-Government und IT-Steuerung. Anders als in anderen Bundesländern ist CIO Riedel nicht Staatssekretär - und gehört nicht dem IT-Planungsrat an. Hamburg vertritt in dem Bund-Länder-Gremium der Staatsrat der Finanzbehörde, Jens Lattmann. CIO Jörn Riedel verantwortet derzeit gleich mehrere übergreifende IT-Projekte in Hamburg. - Cornelius Everding, CPIO von Brandenburg
In Brandenburg fließen die Fäden in IT-Angelegenheiten nicht bei einem CIO zusammen sondern beim CPIO - dem Chief Process Innovation Officer. Mit dieser Bezeichnung soll die Orientierung an Prozessen betont werden, sagte gegenüber CIO.de Cornelius Everding, der das Amt seit seiner Schaffung im August 2008 innehat. Everding sieht sich nicht als alleine für IT zuständig an, sondern setzt auf einen Dreiklang: Mit dem CPIO kümmern sich um IT-Themen der zentrale IT-Dienstleister von Brandenburg und der sogenannte RIO-Ausschuss, die Runde der Ressort Information Officers. Aktuelles Thema ist das Forschungsprojekt "Stein-Hardenberg 2.0". Der Bund, Hamburg und Berlin, der öffentlich-rechtliche IT-Dienstleister Dataport und das Potsdamer Institut für E-Government bearbeiten die Frage, wie sich das Gemeinwesen mit modernen Werkzeugen organisieren lässt. Den CPIO hat Brandenburg beim Innenministerium angesiedelt. Amtsinhaber Everding ist nicht Staatssekretär, weshalb er - wie Kollegen aus anderen Ländern - nicht im IT-Planungsrat sitzt. Dort spricht Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb für das Bundesland. - Hans-Henning Lühr, Staatsrat im Bremer Finanzressort
In Bremen ist die CIO-Funktion beim Staatsrat des Finanzressorts angesiedelt, Hans-Henning Lühr. Ihm direkt zugeordnet ist die Stabsstelle "Zentrales IT-Management und E-Government", die von Martin Hagen geleitet wird. Ein aktuelles Projekt der Bremer IT ist der einheitliche "Verwaltungs-PC": Ziel ist eine Standardisierung und die Professionalisierung des IT-Supports über alle Dienststellen hinweg. Im IT-Planungsrat vertritt Lühr Bremen. - Horst Baier, CIO von Niedersachsen
Das Land Niedersachsen hat am 20. März 2020 Horst Baier zum IT-Bevollmächtigten ernannt. Formal agiert der 57-Jährige als IT-Bevollmächtigter und leitet die Stabsstelle "Informationstechnik der Landesverwaltung".
Aber nicht nur auf der übergeordneten strategischen Ebene ist die Funktion von CIOs sinnvoll, sondern in allen Regierungs- und Verwaltungseinheiten, die für ihre eigene IT verantwortlich sind. Dies umfasst sowohl die Ministerien auf Bundes- und Landesebene, nachgeordnete Bundes- und Landesbehörden, Kommunen sowie auch sonstige öffentliche Einrichtungen. Da es zukünftig keine öffentlichen Stellen mehr geben wird, die nicht zumindest teilweise digital oder IT-unterstützt arbeiten, und die Nutzungsintensität und Komplexität der IT-Systeme stetig zunimmt, ist voraussichtlich auch in all den genannten Bereichen der Einsatz eines speziellen IT-Verantwortlichen sinnvoll.
Die Bezeichnung, der Aufgabenumfang, die organisatorische Verortung und die personelle Ausstattung sollten dabei bedarfsgerecht und zur jeweiligen Organisation passend ausgestaltet werden. Wichtig ist zugleich jedoch, dass es sich hierbei um eine übergeordnete Managementfunktion handelt, die nicht in der Linienorganisation untergeht. Bisher ist die Verantwortung für den IT-Betrieb häufig in der Zentralabteilung angesiedelt und wird von einem IT-Dienstleister wahrgenommen.
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Zukünftig braucht es aber vielmehr eine strategische Ausrichtung und eine proaktive Umsetzungsverantwortung eines CIO, der auch die Legitimation der Führungsspitze hat, Treiber der digitalen Transformation in allen Bereichen der jeweiligen Behörde oder des Ressorts zu sein. Ein "IT-Leiter", "Digitalisierungsbeauftragter" oder "Digitalisierungskoordinator", der nicht auf der oberen Leitungsebene angesiedelt ist, wird auch zukünftig kaum die nötige Sichtbarkeit und Durchsetzungsstärke haben, um die Digitalisierung in der Breite und nötigen Geschwindigkeit umzusetzen.
Der CIO oder CDO muss nicht nur mit den entsprechenden Zuständigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden, sondern auch mit den erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen. Idealerweise wird diese Funktion von einer kompetenten und gewinnenden Persönlichkeit wahrgenommen, die eine möglichst hohe Akzeptanz in der Belegschaft und bei den Führungskräften hat.
Zugriff auf operativen IT-Betrieb nötig
Je nach Größe der Organisation und Komplexität der Digitalisierungsvorhaben braucht der CIO ein ausreichend großes Team mit den geeigneten Kompetenzen und den Zugriff auf den operativen IT-Betrieb. Eine Trennung von strategischer oder operativer Steuerung des CIO und der Verantwortlichkeit für den IT-Betrieb führt sonst zu vermeidbaren Reibungsverlusten. Der CIO sollte sich zudem auch mit den relevanten Stakeholdern innerhalb der eigenen Verwaltung, aber auch bei anderen Behörden und Organisationen vernetzen.
Die Notwendigkeit einer konsequenten Steuerung der Verwaltungsdigitalisierung und damit die Bedeutung und Vorteile eines CIO in öffentlichen Stellen liegen auf der Hand. Ich wette daher, dass dies bis zum Jahr 2029 alle Behörden erkannt und die Funktion eines CIO eingerichtet haben werden.