Public IT


Patrick Burghardt

Ein Plädoyer für CIOs in allen Behörden

04.01.2024
Von Patrick Burghardt
Bis 2029 wird jede Behörde in Deutschland einen Chief Information Officer (CIO) haben, wettet Patrick Burghardt im CIO-Jahrbuch 2024.
Das Land Hessen hat bereits 2003 das Amt eines CIOs für die Landesverwaltung besetzt und war damit bundesweit Vorreiter, schreibt der ehemalige CIO Patrick Burghardt im CIO-Jahrbuch 2024.
Das Land Hessen hat bereits 2003 das Amt eines CIOs für die Landesverwaltung besetzt und war damit bundesweit Vorreiter, schreibt der ehemalige CIO Patrick Burghardt im CIO-Jahrbuch 2024.
Foto: Staatskanzlei / MinD

Die DigitalisierungDigitalisierung spielt auch im öffent­lichen Dienst eine immer größere Rolle. Der Weg zu einer modernen und flächendeckend digitalen VerwaltungVerwaltung in Deutschland ist allerdings noch weit, auch wenn sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt hat. Der dennoch unbefriedigende Umsetzungsstand wird innerhalb der Regierungen und Behörden, aber auch in der Politik, der Wissenschaft und den Medien intensiv diskutiert. Häufig werden als Ursachen der Föderalismus und die kommunale Selbstverwaltung, die starren Verwaltungsstrukturen und -abläufe sowie rechtliche Hürden genannt. Oft fehlt es allerdings besonders an verantwortlichem Personal und der nötigen Auf­merksamkeit auf Führungsebene. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Public IT auf CIO.de

Grundsätzlich braucht es zunächst die Erkenntnis auf der politischen Führungsebene bei Regierungsverantwortlichen und Behördenleitungen. Wenn hier das Thema Digitalisierung keine Rolle spielt oder sogar skeptisch gesehen wird, laufen die Bemühungen auf Arbeitsebene schnell ins Leere. Es braucht aber auch auf der oberen Managementebene in den Behörden Steuerungsverantwortliche für die Digitalisierung. In der Privatwirtschaft wurde diese Notwendigkeit lange erkannt, und seit vielen Jahren gibt es in den meisten größeren Unternehmen einen Chief Information Officer (CIO) oder Chief Digital Officer (CDO). Diesem Vorbild folgen inzwischen auch immer mehr öffentliche Einrichtungen.

CIO in Hessen gesetzlich verankert

Das Land Hessen hat bereits 2003 das Amt eines CIOs für die Landesverwaltung besetzt und war damit bundesweit Vorreiter. Seitdem war die Funktion in verschiedenen Ministerien auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen angesiedelt und wurde bis heute immer wieder strategisch weiterentwickelt. Die aktuelle Verankerung in der hessischen Staatskanzlei und damit die Nähe zum Ministerpräsidenten betont die übergreifende Bedeutung der Aufgaben des hessischen CIO. Zuletzt wurden im Jahr 2023 die Rolle und Aufgabe des CIO sogar gesetzlich im hessischen E-Government-Gesetz verankert. Er verantwortet die Entwicklung und Umsetzung der IT-Gesamt­strategie des Landes im Bereich der Verwaltungsdienstleistungen in der Landesverwaltung.

Aber nicht nur auf der übergeordneten stra­tegischen Ebene ist die Funktion von CIOs sinnvoll, sondern in allen Regierungs- und Ver­waltungseinheiten, die für ihre eigene IT ver­antwortlich sind. Dies umfasst sowohl die Ministerien auf Bundes- und Landesebene, nachgeordnete Bundes- und Landesbehörden, Kommunen sowie auch sonstige öffentliche Ein­richtungen. Da es zukünftig keine öffentlichen Stellen mehr geben wird, die nicht zumindest teilweise digital oder IT-unterstützt arbeiten, und die Nutzungsintensität und Komplexität der IT-Systeme stetig zunimmt, ist voraussichtlich auch in all den genannten Bereichen der Einsatz eines speziellen IT-Verantwortlichen sinnvoll.

Die Bezeichnung, der Aufgabenumfang, die organisatorische Verortung und die personelle Ausstattung sollten dabei bedarfsgerecht und zur jeweiligen Organisation passend ausgestaltet werden. Wichtig ist zugleich jedoch, dass es sich hierbei um eine übergeordnete Managementfunktion handelt, die nicht in der Linienorganisation untergeht. Bisher ist die Verantwortung für den IT-Betrieb häufig in der Zentralabteilung angesiedelt und wird von einem IT-Dienstleister wahrgenommen.

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Foto: cio.de

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Zukünftig braucht es aber vielmehr eine stra­tegische Ausrichtung und eine proaktive Um­setzungsverantwortung eines CIO, der auch die Legitimation der Führungsspitze hat, Treiber der digitalen Transformation in allen Bereichen der jeweiligen Behörde oder des Ressorts zu sein. Ein "IT-Leiter", "Digitalisierungsbeauftragter" oder "Digitalisierungskoordinator", der nicht auf der oberen Leitungsebene angesiedelt ist, wird auch zukünftig kaum die nötige Sichtbarkeit und Durchsetzungsstärke haben, um die Digitalisierung in der Breite und nötigen Geschwindigkeit umzusetzen.

Der CIO oder CDO muss nicht nur mit den entsprechenden Zuständigkeiten und Kompetenzen ausgestattet werden, sondern auch mit den erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen. Idealerweise wird diese Funktion von einer kompetenten und gewinnenden Persönlichkeit wahrgenommen, die eine möglichst hohe Akzeptanz in der Belegschaft und bei den Führungskräften hat.

Zugriff auf operativen IT-Betrieb nötig

Je nach Größe der Organisation und Komplexität der Digitalisierungsvorhaben braucht der CIO ein ausreichend großes Team mit den geeigneten Kompetenzen und den Zugriff auf den operativen IT-Betrieb. Eine Trennung von strategischer oder operativer Steuerung des CIO und der Verantwortlichkeit für den IT-Betrieb führt sonst zu vermeidbaren Reibungsverlusten. Der CIO sollte sich zudem auch mit den relevanten Stakeholdern innerhalb der eigenen Verwaltung, aber auch bei anderen Behörden und Organisationen vernetzen.

Die Notwendigkeit einer konsequenten Steuerung der Verwaltungsdigitalisierung und damit die Bedeutung und Vorteile eines CIO in öffentlichen Stellen liegen auf der Hand. Ich wette daher, dass dies bis zum Jahr 2029 alle Behörden erkannt und die Funktion eines CIO eingerichtet haben werden.

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