Daten russischer Soldaten geleakt

"Ein verheerendes Datenleck - mit optimalem Timing"



Cynthia Brumfield hat langjährige Erfahrung als Kommunikations- und Technologie-Analystin und schreibt für unsere US-Schwesterpublikation CSO Online.
Ein ukrainisches Think Tank hat die persönlichen Daten von 120.000 russischen Soldaten geleakt. Das könnte ein Mittel sein, um Putins Invasionstruppen zu demoralisieren.
Im Kampf gegen die russischen Invasoren greift ein ukrainisches Think Tank auf Doxing zurück.
Im Kampf gegen die russischen Invasoren greift ein ukrainisches Think Tank auf Doxing zurück.
Foto: Mark Rademaker - shutterstock.com

Die ukrainische Zeitung "Ukrayinska Pravda" hat in einer nach Einschätzung von Sicherheitsexperten beispiellosen Aktion die persönlichen Daten von 120.000 russischen Soldaten im Netz veröffentlicht, die derzeit auf Befehl Wladimir Putins in die Ukraine einfallen. Auf den beinahe 6.000 Seiten sind die Namen, Registrierungsnummern und Dienstorte der russischen Soldaten festgehalten.

Beschafft wurden die Informationen vom ukrainischen Think Tank "Centre for Defense Strategies", das ursprünglich gegründet wurde, um Verteidigungsreformen zu überwachen und Schlüsselstrategien für den Sicherheits- und Verteidigungssektor der Ukraine zu entwickeln. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aufbau unabhängiger Analysefähigkeiten.

"Der erste Einsatz von Doxing als Kriegswaffe"

Thomas Rid, Professor für Strategische Studien an der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University, unterstreicht mit seiner Reaktion auf den Daten-Leak dessen Bedeutung und Größenordnung:

Auch Elad Ratson, ehemaliger israelischer Diplomat und Experte auf dem Gebiet Digitale Kommunikation, teilte seine Einschätzung zu den von "Ukrayinska Pravda" veröffentlichten Daten:

Welches Ziel das Think Tank mit der Veröffentlichung der Daten verfolgt, ist unklar. Experte Rid geht davon aus, dass es sich um psychologische Kriegsführung handelt:

"Hervorragende Möglichkeit, russische Soldaten zu 'deprogrammieren'"

Eines der bislang bedeutendsten Datenlecks im militärischen Bereich trat im Jahr 2007 auf. Damals war eine Datenbank beim US-Rüstungskonzern SAIC nicht ausreichend gesichert. Die persönlichen Daten von rund 500.000 Kunden aus den Reihen des US-Militärs (und ihren Familienangehörigen) wurden so offengelegt. Ein Betroffener dieses Vorfalls war Ex-Army-Offizier und CEO von Global Guardian, Dale Bruckner.

Der Unterschied zwischen dem damaligen Vorfall und dem jetzigen Datenleck sei jedoch gewaltig, so der Experte: "Meine Daten wurden zwar offengelegt, aber es wurden keine gezielten Maßnahmen von Angreifern gefahren. Wenn die Daten korrekt sind, können sie Russlands Propaganda gefährlich werden: Die Soldaten, die innerhalb ihres Landes beständig mit der Realität Putins gefüttert werden, haben in der Ukraine Zugang zu freien Informationen. Sie bekommen mit, wie die Welt auf den Angriff reagiert, welches Bild der Westen von Putin hat und dass ihr Land als Aggressor wahrgenommen wird. Das würden sie in Russland niemals zu sehen oder hören bekommen."

Zudem seien die russischen Soldaten durch den Leak nun auch bevorzugte Ziele für Cyberangriffe, so Buckner: "Russlandfeindliche Botschaften und Malware-Attacken könnten die russischen Truppen weiter demoralisieren. Zudem sind Profi-Hacker nun in der Lage, einzelne Personen ins Visier zu nehmen und sie gezielt mit Hilfe zuvor erstellter psychologischer Profile beeinflussen. Für die Ukraine bietet dieses Datenleck eine hervorragende Gelegenheit, russische Soldaten zu 'deprogrammieren'."

Darüber hinaus könnten Nachrichtendienste mit nur zwei Datenpunkten im Handumdrehen vollständige Profile der Soldaten erstellen, weiß der Ex-Army-Offizier: "Diese Informationen lassen sich in geheime, globale Datenbanken einfügen, um eine Assoziationsmatrix zu erstellen. Diese erfasst alles und jeden, mit dem eine Person in ihrem Leben in Berührung kommt - und ist in Millisekunden generiert." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CSO Online.

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