Die wöchentliche CIO-Kolumne
Elektro-Schrott ins All
Endlich löst die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA wieder ein Problem, das allen Erdenbürgern unter den Nägeln brennt. Computer-Schrott der ersten Generation sollte kein Unternehmen länger belasten. Die Task-Force für Elektro-Müll im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie kann ihre Arbeit einstellen. Die NASA nimmt alles zurück, was im hektischen Büro-Alltag nicht mehr schnell genug rechnet. Grund: Die Space Shuttles müssen nachgerüstet werden.
Wie die New York Times in ihrer gestrigen Ausgabe berichtete, gehen der NASA die Ersatzteile für die Weltraum-Transporter aus. Was 1981 erstmals mit neuster Technik abhob, kreist immer noch um die Erde, während sich die IT-Welt darunter rasant weiter dreht. Nun mangelt es den Space Shuttles an 8086-Prozessoren. Wir erinnern uns: Das waren die Chips, die 1981 auch den ersten Personal Computer von IBMIBM zum Fliegen brachten. Die NASA sucht die grauen Kisten mit den Fünfeinviertel-Zoll-Laufwerken mittlerweile bei eBay, schreibt die New York Times. Gerade konnten die Raketen-Experten eine Ladung alter Medizin-Technik mit 8086-Prozessoren ergattern. "Es ist wie die Jagd eines Lumpensammlers", klagt der Sprecher der United Space Alliance aus Houston, die die Shuttle-Flotte betreibt. Alles zu IBM auf CIO.de
Die Vorläufer-Chips des Pentium spielen für die NASA deshalb eine entscheidende Rolle, weil damit die Hilfsraketen getestet werden, ohne die kein Shuttle den Orbit erreicht. Zwar will die Weltraum-Behörde bald ein neues Testsystem für die Zwillings-Treibstoff-Behälter anschaffen. Solange das Geld aber noch nicht da ist, müssen die Chips aus der Dose ran. Neben alten 8086-ern suchen die Schrotthändler vom Kennedy Space Center auch Platinen jenseits des Verfalldatums und Floppy-Laufwerke für Acht-Zoll-Disketten. Alter: egal, Hauptsache, die Menge stimmt. Die NASA bevorzugt Stapel an alten Computern, um sie für die Flotte auszuschlachten. Mike Renfroe, Direktor der Shuttle Logistik Planung, hat gerade eine grenzdebile Platine für 500 Dollar gekauft, was er für ein echtes Schnäppchen hält. "Ein Ingenieur für Chip-Design kostet in einer Woche schon mehr", triumphiert Renfroe.
Auch wenn amerikanische CIOs derzeit in einer Online-Debatte unserer Schwesterzeitschrift darüber rätseln, ob sich der Kauf von Gebraucht-Hardware lohnt: Das Europäische Parlament müsste angesichts dieser neuen Wiederverwertungs-Variante die Richtlinie zur Entsorgung von Elektroschrott eigentlich noch einmal überdenken. Hersteller sollten ab 2005 nicht nur verpflichtet werden, elektronische Geräte zurück zu nehmen, sondern sie auch gleichzeitig der NASA anzubieten. Wenn die Chips aus unseren Laptops und Playstations für die Raketen zu intelligent werden, könnte sonst ohne Elektroschrott die ganze abendländische Weltraumfahrt zum Erliegen kommen. Wer soll uns dann in Zukunft so schöne Dinge wie die Teflon-Pfanne bescheren?