Healthcare IT


Interview mit Peter Reuschel

"Elektronische Gesundheitskarte ist nicht optimal vermarktet worden"

04.04.2007

Schon vor Jahren haben Sie auf der Cebit Ihre Gesundheitsakte angeboten, mit mäßigem Erfolg. Was hat sich geändert?

Der Markt ist jetzt reif für die Gesundheitsakte, weil immer mehr Bürger erkennen, dass sie mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen müssen, um eine bessere Qualität der medizinischen Versorgung und Prävention erreichen zu können. Auch Ärzte, Apotheker, Kliniken und Krankenkassen erkennen diese Chance für eine bessere Versorgung und größere Effizienz. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen (DatenschutzDatenschutz und Gesetz zur eGK) sind gegeben. Auf der technologischen Seite haben breitbandige Internetzugänge eine gute Abdeckung in Deutschland erreicht und sind preiswert zu haben. Die nötigen Sicherheitsstandards sind vorhanden und die Speicherung großer Datenmengen ist preiswert möglich.
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Hat ICW auch in Deutschland große eHealth-Projekte in Arbeit oder bereits realisiert?

Das gerade beschriebene Zusammenspiel von eGK und persönlicher Gesundheitsakte erprobt die ICW seit Juni 2005 in einem Feldtest im badischen Walldorf. Dort nutzen Ärzte und Apotheken das System im ganz normalen Alltag, stellen elektronische Rezepte aus, lösen sie ein und informieren sich in der elektronischen Gesundheitsakte gegenseitig über den Gesundheitszustand ihrer Patienten und ihre Behandlungsmaßnahmen.

Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen?

Das System läuft sehr stabil und passt sich gut an die Arbeitsabläufe in den Arztpraxen und Apotheken an. Der Feldtest hat uns sehr dabei geholfen, das Pilotprojekt für die eGK in Bulgarien zu gewinnen. Um international noch weitere, größere ProjekteProjekte gewinnen und so die deutsche Gesundheitskartentechnologie erfolgreich exportieren zu können, benötigen wir nun einen größeren Showcase für unsere Gesundheitskartenlösung. Daher wollen wir den Feldtest auf eine größere Region ausweiten. Für eine solche Maßnahme benötigen wir Unterstützung aus Politik und Wirtschaft. Es geht schließlich darum, ob Schlüsseltechnologien wie die eGK und persönliche Gesundheitsakten in Deutschland entwickelt und von hier aus international vermarktet werden, oder ob sie - wie der MP3-Player oder das Fax-Gerät - hier nur erfunden werden und der überwiegende kommerzielle Nutzen mitsamt den daran hängenden Arbeitsplätzen im Ausland entsteht.
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Gibt es derzeit schon weitere praktische Einsatzgebiete?

In Bayern ist die persönliche Gesundheitsakte LifeSensor (ohne Gesundheitskarte) im Patient-Partner-Verbund (PPV), einem Arztnetz mit rund 350 Ärzten und mehreren tausend Patienten, im Einsatz. Der PPV nutzt die Gesundheitsakte zum Austausch medizinischer Daten zwischen den teilnehmenden Ärzten unter Einbeziehung der Patienten. In der Praxisnetzstudie 2006 der Universität Erlangen-Nürnberg wurde der PPV als das am weitesten fortgeschrittene Arztnetz in Deutschland und der Schweiz ausgezeichnet. Darüber hinaus ist die „LifeSensor“-Gesundheitsakte auch in weiteren, kleineren Arztnetzen im Einsatz, etwa im Basisnetz Leverkusen.

Das Interview führte Jürgen Kotschenreuther

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