Mitfahrdienste in China

Geldverbrennen als Geschäftsmodell

17.05.2016
Der US-Mitfahrdienst Uber und sein chinesischer Konkurrent Didi werden von Investoren gehypt. Der kostspielige Kampf um Marktanteile in China wird für beide Unternehmen aber zum Problem. Fahrer drohen damit abzuspringen, sollten ihre Zuschüsse sinken.

Als sich nach zehn Kilometern durch Pekings Rush-Hour die Wege von Wang Peishan und Herrn Wu trennen, können sie zufrieden sein. Der Stau auf den Ringstraßen der Stadt nervt zwar wie immer. Trotzdem habe beide dank des US-Mitfahrerdienstes Uber an diesem Morgen ein gutes Geschäft gemacht.

Die 27-Jährige, die Fahrer Wu über die Uber-App gebucht hatte, zahlt für die Strecke von ihrer Wohnung bis ins Büro gerade mal 18 Yuan, umgerechnet 2,30 Euro. Die Hälfte von dem, was in Peking ein normales Taxi kosten würde. Trotz des Sparpreises verzieht Fahrer Wu keine Miene: "Uber hat sich bisher für mich immer gelohnt", sagt der 42-Jährige, der vor einem Jahr seinen Job als Elektriker aufgab und seitdem in seinem roten Toyota Fahrgäste durch die Stadt chauffiert.

Marktführer unter den Mitfahrdiensten in China ist der heimische Anbieter Didi.
Marktführer unter den Mitfahrdiensten in China ist der heimische Anbieter Didi.
Foto: Gang Liu - shutterstock.com

Zufriedene Fahrer wie Wu gibt es zumindest derzeit noch viele in China. Sie profitieren von der kostspieligen Schlacht um Marktanteile, die sich Uber und sein in China noch viel beliebterer Rivale Didi Chuxing liefern. Uber ist zwar global aufgestellt und mit einer Marktbewertung von mehr als 50 Milliarden US-Dollar (44 Mrd Euro) das wertvollste Start-up der Welt.

In China allerdings dominiert mit 300 Millionen Kunden, 14 Millionen Fahrern und einem Marktanteil von rund 80 Prozent klar der heimische Anbieter Didi. Neben den chinesische Internetkonzernen Tencent und Alibaba gehört seit vergangener Woche sogar Apple zu den Investoren, die an eine goldene Zukunft des Fahrdienstes glauben.

Doch obwohl Geldgeber bei Uber und nun vor allem bei Didi Schlange stehen, ist es zweifelhaft, dass auch nur einer der Rivalen auf absehbare Zeit schwarze Zahlen schreiben wird. "Wir wären nicht dort, wo wir jetzt sind, wenn wir nicht Geld verbrennen würden", gestand dann auch Didi-Chefin Jean Liu im September in einem internen Schreiben ein, das an die Öffentlichkeit gelangte. Berichten zufolge haben sowohl Didi als auch Uber vergangenes Jahr rund eine Milliarde Dollar auf ihrem Kernmarkt China verloren, weil sie mit aller Macht versuchten, Fahrer mit großzügigen Prämien an sich zu binden.

"Natürlich verdiene ich nur gut, weil es die Zuschüsse gibt", bestätigt Fahrer Wu. Er rechnet vor, dass er mit dem eigentlichen Fahrpreis gerade mal die Betriebskosten für sein Auto und das Benzin decken könne. Nur weil ihm Uber abhängig von Uhrzeit und Verkehr einen saftigen Bonus zahle, teilweise das Doppelte des eigentlichen Fahrpreises, würde sich die Fahrerei überhaupt lohnen. Nach Abzug aller Kosten verdiene er jetzt 10000 Yuan im Monat, viel mehr als in seinem alten Job. Doch für Wu ist klar: "Werden die Prämien zurückgeschraubt, ist für mich Schluss mit Uber."

So sieht es auch Herr Zhu, ein anderer Fahrer, der in Peking für den Rivalen Didi unterwegs ist. Er hat schon häufiger beobachtet, dass die Zuschüsse bei Didi zeitweise zurückgingen. "Wenn du 22 Fahrten am Tag schaffst, gibt es einen Bonus von 80 Yuan. Letzte Woche waren es noch 100 Yuan." Zhu glaubt, dass Didi versucht, durch die geringeren Zahlungen profitabel zu werden. "Dass die Zuschüsse aber dann immer wieder steigen, zeigt, dass es nicht genug Fahrer gibt, die sich auf die geringeren Preise einlassen wollen."

Auch Zhu sagt, dass er ohne die für Didi kostspieligen Bonuszahlungen nicht weiter machen will: "Ich verdiene die Hälfte meines Geldes mit Prämien. Werden sie gekürzt, höre ich definitiv auf."

Was Zhu stattdessen machen würde, weiß er allerdings nicht. Der 50-Jährige hat erst vor sechs Monaten auf den Rat von Freunden sein kleines Restaurant aufgegeben und sich ein eigenes Auto gekauft, um für Didi fahren zu können. "Das ist jetzt meine einzige Einnahmequelle". Zhu kann also nur hoffen, dass Didi und Uber noch eine Weile weiter hohe Prämien zahlen - koste es, was es wolle. (dpa/rs)

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