Ab 2020 droht das Aus für den klassischen Mobilfunk GSM und UMTS
Industrie 4.0: Milliardenfalle Mobilfunk
Egal, ob es das Internet der Dinge (IoT), Industrie 4.0Industrie 4.0, Connected Cars oder die Machine-to-Machine-Kommunikation betrifft - ohne den Mobilfunk wäre an eine Vernetzung dieser Milliarden von Devices gar nicht zu denken. Und so manche neue Business-Idee wäre ohne die mobile Datenkommunikation nur noch Makulatur. Doch genau dies könnte uns in spätestens fünf Jahren drohen, so das britische Marktforschungsinstitut Machina Research. Das auf M2M- und IoT-Themen spezialisierte Institut warnt davor, dass die Netzbetreiber ab 2020 damit beginnen werden, ihre klassischen Mobilfunknetze der zweiten (2G, GPRS, EDGE) und dritten (3G, UMTS, HSPA) Generation abzuschalten. Alles zu Industrie 4.0 auf CIO.de
Das Aus für UMTS und GSM
Millionen von vernetzten IoT-Devices stünden dann ohne Netzverbindung da und hätten nur noch Schrottwert. Ebenso brächen massenweise Prozessketten zusammen, da eine M2M-Kommunikation zwischen den beteiligten Maschinen nicht mehr möglich ist. Einfach Aufrüsten? Fehlanzeige, denn in den meisten IoT-Geräten ist die eingebaute Mobilfunktechnik wie SIM-Karte und Modem fest verlötet und damit nicht einfach austauschbar. Letztlich rollt hier auf die Unternehmen eine Umwälzung zu, die sich mit dem geplanten Aus für ISDN im deutschen Festnetz im Jahr 2018 vergleichen lässt. Nur dass im Mobilfunk die Auswirkungen und Kosten vermutlich um ein mehrfaches höher sind.
Umrüsten unmöglich?
Mit dem Abschalten der alten Mobilfunknetze haben dann Milliarden von Aufzugsalarmsystemen, Meldeeinrichtungen. intelligenten Anzeigetafeln, Verkehrsschilder und sonstigen M2M-Anwednungen erstmal nur noch Schrottwert, wenn sie zur Kommunikation 2G- oder 3G-Technik verwenden. Experten sind sich nämlich einig, dass sich alte Geräte, selbst wenn sie mit Steckkontakten arbeiten, nur schwer einfach auf eine neue Technologie umgerüstet werden können. Zumal oft Anpassungen an der Software notwendig sind, da sich Schnittstellen und Kommandos mit der Zeit durchaus geändert haben. Wurde mit sogenannten Kommunikations-Boards in den Geräten gearbeitet, dann stehen die Chancen für einen Austausch besser.
Es drohen Milliardenkosten
Sie empfinden dies als ein Horrorszenario? Ja, das ist es auch. Sie halten es für Phantasterei? Damit liegen sie leider falsch. Glaubt man Matt Hatton, dem Autor des Strategiereports "2G and 3G switch off: a navigation guide for IoT", dann ist die Abschaltung der heutigen 2G- und 3G-Netze unausweislich. Und zwar aus einem Grund: Das Frequenzspektrum dieser Netze wird für 4G-Services (LTE) benötigt, um mehr Daten schneller per Funk transportieren zu können. Und die Abschaltung der 2G-Netze ist in Japan und Korea bereits erfolgt.
Andere Länder haben bereits klare Roadmaps veröffentlicht, an denen alle Netzbetreiber beteiligt waren, oder einzelne Netzbetreiber wie etwa AT&T sind vorgeprescht. So sind denn in den USA die 2G-Netze bereits Geschichte, da die Netzbetreiber die Technik aufgegeben haben. Selbst das hierzulande noch viel gelobte UMTS - also 3G - ist in den USA bereits auf dem absterbenden Ast. So werde bereits heute die Zertifizierung neuer 3G-Lösungen nur ungern vorgenommen oder abgelehnt, wie Joachim Dressler, Vice President EMEA beim M2M-Spezialisten Sierra Wireless, aus der Praxis berichtet.
Lediglich in Europa, so Hatton, herrsche derzeit seitens der Netzbetreiber komplette Funkstille in Sachen 2G- und 3G-Zukunft. Eine Aussage, der so Dressler, nicht komplett zustimmen kann: "So hat etwa Swisscom eine klare Aussage zur Abschaltung von 2G für 2020 getroffen." Allerdings gebe es auch andere Netzbetreiber die vermutlich eher 3G abschalten wollen und 2G weiterbetreiben.
Unter dem Strich ergebe sich kein einheitliches Bild und das wird sich laut Sierra-Wireless-Manager Dressler vermutlich auch nicht ändern. Gerade in Ländern die 2G-Anwendungen im Bereich Energie im Feld haben, werden wohl 2G aufrechterhalten, so Dressler weiter. "Wie auch immer, das Netz zu behalten, heißt nicht, dass die Verfügbarkeit und Flächendeckung gleich bleibt", schränkt der Manager allerdings ein. Ferner ist damit zu rechnen, dass beschädigte 2G-Stationen nicht unbedingt wieder aufgebaut werden, sondern durch 3G/4G ersetzt werden. "Letztlich ergibt sich kein einheitliches Bild und das wird sich vermutlich auch nicht ändern", lautet das Resümee von Experte Dressler zur Netzzukunft.
IoT-Devices entwickeln
Im Zuge des Industrie-4.0- und IoT-Booms ergibt sich nun für Gerätehersteller jeglicher Art ein Dilemma: Sie stehen Hatton zufolge vor der Frage, welche Mobilfunktechnologie sie für ihre IoT-Lösung verwenden sollen. Eine, wenn auch unbequeme Antwort hat Hatton gleich parat: "Es gibt eine sehr einfache Lösung. Man baut alle verfügbaren Mobilfunktechniken in ein Device.
Allerdings würde dies bei vielen Produkten die Materialkosten deutlich hoch treiben. Um dies zu vermeiden gibt es nur eine Lösung: Jeder Hersteller, der in den nächsten IoT-Lösungen auf den Markt bringen will, muss genau evaluieren, welche Technologie in welchem Land wie lange verfügbar ist." Notfalls könne dies auch dazu führen, dass ein Hersteller verschiedene Lösungen offerieren muss, um der länderweise unterschiedlichen Technikverfügbarkeit gerecht zu werden.
Auf die von Hatton geschilderte Situation hat man beispielsweise bei Sierra Wireless mit der Einführung des CF3-Standards reagiert. Dieser umfasst einen einheitlichen Footprint für 2G/3G/4G, ein einheitliches Software-Framework sowie das Open Hardware mangOH Board zum Prototyping von Lösungen. "Per Snap-in Socket kann der Anwender dann sogar Module auf dem Board einfach auswechseln", erklärt Sierra-Manager Dressler, "dazu muss er aber beim Software-Design die verschiedenen Technologien berücksichtigen."
Hatton rechnet damit, dass auch in Europa in den nächsten Jahren eine Entscheidung darüber gefällt wird, wie es in Sachen 2G und 3G weitergeht. Allerdings ist Matton überzeugt davon, dass es ab 2020 in den entwickelten Märkten zunehmend schwieriger wird die Verfügbarkeit von 2G- und 3G-Netzen zu garantieren. Ab 2025 sei es dann geradezu unmöglich.