CIO-Tipps aus der Praxis
Infrastructure as a Service - eine Herausforderung für den CIO
René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.
IaaS: Architekturen und Betriebskonzepte
Abhängig von der jeweiligen Applikation oder dem zu unterstützenden Geschäftsmodell beziehungsweise dem Geschäftsprozess kommen unterschiedliche Architekturen und Betriebskonzepte zum Einsatz. Im Laufe der letzten Monate ist ein Trend hin zu Multi-Cloud-Architekturen zu erkennen, weiterhin ist ein Multi-Regionen-Betrieb mittlerweile unerlässlich. Dies lässt sich zum einen mit der Risikoverteilung über mehrere Regionen erklären. Zum anderen wird die Präsenz mit lokalen (virtuellen) Infrastrukturumgebungen in einzelnen Ländermärkten aus technischer und rechtlicher Perspektive zunehmend wichtiger.
Tipps zum Design von Hybrid- und Multi-Cloud-Konzepten
Hybride und Multi-Cloud Design-Konzepte bieten sich für unterschiedliche Szenarien an. Eine weit verbreitete Anwendung findet sich bei hoch frequentierten E-Commerce-Plattformen, deren Lastspitzen im Jahresmittel bekannt sind und die größtenteils auf eine längere Historie zurückblicken. Infrastrukturmanager solcher E-Commerce-Plattformen haben einen guten Überblick und Kenntnisse über den Bedarf an Performance und Stabilität der Plattform. Dabei setzen insbesondere über mehrere Jahre gewachsene Webshops primär auf eine statische Hosting-Infrastruktur mit physikalischen Servern als Basis. Ein Grund für den bevorzugten Einsatz von physikalischen Systemen besteht in der Sicherstellung einer dedizierten und stabilen Geschwindigkeit für die Payment-Systeme.
Um einen einwandfreien Betrieb in Spitzenzeiten zu gewährleisten, wurden große E-Commerce-Infrastrukturen in dedizierten Hosting-Umgebungen, basierend auf Erfahrungswerten, traditionell so dimensioniert, dass sie bei Anfragestürmen gut standhalten konnten. Dieses geht jedoch zu Lasten der Kosten und Effizienz. Denn eine Überdimensionierung der Infrastruktur ist auf Dauer sehr kapitalintensiv und senkt die Wettbewerbsfähigkeit eines Anbieters in diesem ohnehin schon margenschwachen Geschäftsumfeld nachhaltig.
Aus diesem Grund sind immer mehr Infrastrukturmanager gefordert, ihre Sourcing-Strategie und Architekturkonzepte zu verändern. Statt eines vollständig statischen und auf die Bedarfsspitzen ausgelegten Infrastrukturdesigns gehen sie zu hybriden Szenarien über, die eine Kombination aus klassischem Hosting und Cloud-Ressourcen abbildet. Hierbei wird eine statische Basisinfrastruktur aus physikalischen Servern betrieben, um die bekannte Grundlast zu bedienen - hierauf können etwa auch die Payment-Systeme laufen. Nehmen die Anfragen saisonal bedingt oder auch unerwartet zu, schaltet die E-Commerce-Plattform automatisch weitere Ressourcen aus einer IaaS-Umgebung (virtuelle Maschinen) hinzu, um die Lastspitze abzufangen.
Nimmt die Belastung ab, werden die virtuellen Maschinen wieder heruntergefahren bis das Normalniveau erreicht ist. Dieses On-Demand-Modell befähigt Betreiber von E-Commerce-Plattformen zu einer flexiblen und ressourcenschonenden Nutzung ihrer Infrastruktur und führt zugleich zu einem ausfallsicheren Betrieb. Solch ein hybrides Szenario kann zudem dabei unterstützen, die Transaktionssicherheit für etwaige Applikationen sowie eine hohe I/O-Leistung sicherzustellen. So werden etwa Datenbankserver bevorzugt auf physikalischen Maschinen betrieben und die korrespondierenden verteilten Systeme wie Applikations- und Web-Server auf virtuellen Maschinen.
Mit einem Multi-Regionen-Design auf Expansionskurs
Im Hinblick auf einen Expansionskurs lässt sich das oben beschriebene Szenario von einem Rechenzentrum auf beliebig viele Standorte ausweiten. Voraussetzung dafür: Der IaaS-Anbieter verfügt über entsprechende Rechenzentrumsstandorte, um eine Skalierbarkeit zum Beispiel auf europäischer oder globaler Ebene zu ermöglichen. Hierzu werden die Kundeninfrastrukturen an einem Standort über eine schnelle dedizierte Verbindung um weitere Standorten erweitert, um eine einheitliche Datenbasis sicherzustellen und den konsistenten Zugriff auf Kernsysteme (zum Beispiel Payment, Warenbestand) zu gewährleisten.
Damit lässt sich zum Beispiel ein E-Commerce-Angebot, das ursprünglich in Deutschland gestartet ist, schnell auch in Frankreich, Spanien, Großbritannien und den USA ausrollen. Aufgrund der Lokalität der Daten in den einzelnen Ländermärkten kann der E-Commerce-Anbieter seine Plattform mit einer niedrigen Latenz und somit mit einer höheren Geschwindigkeit bereitstellen. Zudem bringt er die Daten in die direkte Nähe der Kunden. Gleichzeitig kann er etwaige rechtliche Rahmenbedingungen erfüllen und Kundendaten, Payment-Systeme oder anderweitige Backend-Systeme zum Beispiel in Deutschland speichern und betreiben. Hingegen werden die Warendaten, etwa konkrete Informationen, Bilder, Rezensionen sowie sämtliche Frontend-Systeme, im entsprechenden Ländermarkt lokal vorgehalten.