Verlierer Mensch?
Intelligente Systeme als Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt
Harsche Kritik an Uber und Konsorten
In die Kritik geraten zunehmend die Geschäftsmodelle vieler Internet-Unternehmen wie Uber, AirBnB, WhatsApp etc. Der englisch-amerikanische Autor und Unternehmer Andrew Keen etwa rechnet in seinem Buch "Das digitale Debakel" hart mit ihnen ab. Sie würden so gut wie keine Arbeitsplätze schaffen, durch ihre Geschäftspraktiken aber viele Jobs vernichten. Die Zukunftsarchitekten aus dem Silicon Valley würden an einer vernetzten Wirtschaft und einer Gesellschaft arbeiten, "die niemandem nutzt als ihren mächtigen und reichen Eigentümern". Keen zitiert Robert Reich, den ExArbeitsminister in der Clinton-Regierung, der am Beispiel WhatsApp feststellt: Dieses Unternehmen stehe "für all das, was in der amerikanischen Wirtschaft schiefläuft".
Robotik-Revolution verändert Ökonomie
Nach den Analysten von der Bank of America Merrill Lynch wird eine "Robotik-Revolution" die globale Ökonomie in den nächsten 20 Jahren verändern. Die Kosten, zu denen heute Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, ließen sich deutlich reduzieren. Gleichzeitig aber würden soziale Ungleichheiten verstärkt. Demach werden Maschinen Tätigkeiten von der Altenpflege bis zum Umdrehen von Burgern in Fast-Food-Läden übernehmen.
Die Durchdringung mit Robotern und künstlicher Intelligenz erfasse jeden Industriesektor. Dieser Trend sei insbesondere in Märkten wie dem amerikanischen besorgniserregend. Hier seien in den vergangenen Jahren viele Jobs entstanden, die gering bezahlt sind, nur Muskelkraft verlangen oder im Dienstleistungssektor angesiedelt sind. Diese Positionen, so die Autoren der Untersuchung, unterlägen einem hohen Risiko, maschinell ersetzt zu werden.
Aber eben nicht nur die Blue-Collar-Jobs sind gefährdet. Schon im Mai 2013 hatte das McKinsey Global Institute eine Untersuchung veröffentlicht, wonach durch den Einsatz von disruptiven Techniken bis zu neun Billionen Dollar Arbeitskosten eingespart werden könnten - dann nämlich, wenn Computer wissensintensive Aufgaben von Menschen übernehmen könnten. Old-School-Unternehmen wie Banken mit ihren großen Personalstämmen bekommen da ein Problem: Allein in New York waren im Jahr 2000 rund 150.000 Menschen als Finanzanalysten beschäftigt, 14 Jahre später nur noch 100.000.
Dramatische Auswirkungen auf Jobs
Nicht umsonst warnt der studierte Informatiker und Softwarefirmengründer im Silicon Valley, Martin Ford, unter anderem in seinem Buch "Rise of the Robots: Technology and the Threat of a Jobless Future" vor den "dramatischen Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen durch die IT", die viel größere Effekte haben werde als alles, was die Menschheit jemals bis auf den heutigen Tag erlebt habe.
Menschenverstand kontra verstärktes Gehirn
Claus Kleber, Moderator des "ZDF Heute Journals", ließ in dem gemeinsam mit Angela Andersen gefertigten und am 19. Juni 2016 ausgestrahlten Beitrag "Schöne neue Welt - Wie Silicon Valley unsere Zukunft bestimmt" auch Neil Jacobstein zu Wort kommen. Jacobstein ist Professor für künstliche Intelligenz und Robotik an der amerikanischen Elite-Universität Stanford.
Er warnt bezüglich der möglichen Entwicklungen am Arbeitsmarkt: "Wir werden es erleben: Viele Menschen werden verdrängt." Es sei zwar richtig, wenn Optimisten argumentierten, dass KI, lernfähige Maschinen und Roboter auch neue Jobs schaffen würden. Die Frage sei aber, "wie sich Zerstörung und Aufbau die Waage halten". Wenn das aus den Fugen gerate, würden viele Menschen ihre Jobs verlieren - auch "Leute mit hohen Erwartungen, die Universitäten absolviert haben".
Jacobstein mahnt, dass die Betroffenen auf diese bedrohliche Situation wütend reagieren werden. Es könne zu Situationen kommen, in denen "die Reichen ihre Kinder von Bewaffneten in die Schulen eskortieren lassen müssen", während die Armen im Elend leben. Der Wissenschaftler fordert deshalb ein "Existenzminimum", um sicherzustellen, "dass jeder etwas hat". Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen aus dem Mund eines Silicon-Valley-Forschers ist durchaus nicht alltäglich.