Kritik von Gartner
IT-Anbieter schlecht auf Bimodal-IT vorbereitet
- In den kommenden zwei Jahren überprüfen CIOs ihre Verträge mit Externen
- Geht es um non-lineare IT (Modus 2), wenden sich Service-Provider an den Chief Digital Officer, Chief Marketing Officer oder den CEO
- CIOs trauen in puncto Digitalisierung vor allem Salesforce, Amazon Web Services, ServiceNow und Google sowie VMware
Schon im Jahr 2017 werden rund drei Viertel der Unternehmen weltweit eine profunde Reife in Sachen bimodale IT erreicht haben. Das erwartet jedenfalls Claudio Da Rold, Vice President beim US-Marktforscher Gartner. IT-Entscheider hätten die Dringlichkeit erkannt und arbeiteten daran. Anders externe Service Provider: Sie hinken der Entwicklung hinterher. Das schreibt Da Rold in dem Papier "Technology service providers must implement a bimodal roadmap or risk irrelevance and decline".
Da Rold bescheinigt erst einigen wenigen Dienstleistern, bimodale Fähigkeiten aufgebaut zu haben, und das auch nur innerhalb abgegrenzter Business Units. Auch diesen Vorreitern falle es schwer, den nötigen Kulturwandel in der gesamten Firma durchzusetzen.
Anwender werden ihre Verträge überprüfen
Laut Gartner werden IT-Entscheider in den Kundenunternehmen aber schon in den kommenden zwei Jahren ihre bestehenden Outsourcing-Partner überprüfen. Viele Unternehmen werden ihre jetzigen Geschäftsbeziehungen auflösen, prognostiziert Da Rold.
Sinnvollere Alternativen sehen CIOs zum Ersten in neuen Modellen der Zusammenarbeit wie Branchenkonsortien, Crowdsourcing oder auch Mergern und Akquisitionen.
Zum Zweiten in neuen Channel-Partnern mit branchenspezifischem Hintergrund und zum Dritten in neuen Providern aus der Start-Up-Szene.
Wollen Anbieter nicht ins Hintertreffen geraten, brauchen sie eine digitale Roadmap. Diese müssen sie dann auch vermarkten, um sich zu positionieren.
Zur Neu-Positionierung gehört, sich an den richtigen Ansprechpartner zu wenden. Der ist laut Gartner längst nicht mehr nur der CIO. Die Analysten halten sich an die übliche Unterscheidung zwischen Modus 1 als dem Teil der IT, der die Systeme am Laufen hält, und Modus 2 als der "nonlinearen IT", die Innovationen treibt. Modus 1 bleibt Domäne des CIO oder auch Chief Operating Officer (COO). Je stärker es Richtung Modus 2 geht, umso häufiger entscheidet ein Chief Digital Officer, ein Chief Marketing Officer (CMO) oder auch der CEO selbst.
CIOs geraten nicht nur in Budgetfragen unter Druck
Das wiederum fordert den CIO heraus, wie Gartner feststellt. Glaubt man den Analysten, geraten CIOs einerseits in Budgetfragen unter Druck. Die Modus 1-IT darf immer weniger Kosten - obwohl auch sie immer komplexer wird. Zum anderen haben CIOs inhaltliche Probleme mit der Modus 2-IT. Gartner will in seiner "2015 CIO Agenda"-Studie belegt haben, dass 42 Prozent der IT-Chefs die nötigen Skills fehlen.
In derselben Studie hatten die Analysten die CIOs nach einer Einschätzung ihrer bisherigen Partner in Sachen Digitalisierung gefragt. Am besten schnitten Salesforce, Amazon Web Services, ServiceNow und Google sowie VMware ab.
- Aufruf zum Change
Die Hochschule St. Gallen und der BVDW haben typische Fehler bei der Digitalisierung analysiert. Change-Management-Expertin Claudia Schmidt gibt Tipps, wie man es besser macht. - Projekte nicht isoliert betrachen
Viele Unternehmen organisieren die digitale Transformation in isolierten Einzel-Projekten, etwa im Marketing, im Vertrieb oder als reines IT-Projekt. Das ist zu kurz gedacht, mahnen die Studienautoren. Es sei wichtig, die Zusammenhänge zwischen den Projekten aufzuzeigen und die Auswirkungen der Projekte auf das Unternehmen darzustellen. Schmidt plädiert dafür, Projekte immer als Teilabschnitt auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen - also digitalisierten - Unternehmen zu sehen. - Teamstrukturen aufbrechen
Je unterschiedlicher die Teammitglieder sind, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten, umso höher die Innovationsfähigkeit des gesamten Teams. Dieser These stimmen die Uni St. Gallen und der BVDW zu. Unternehmen müssen die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen fördern. Auch Expertin Schmidt sagt, dass Projekte immer das gesamte Unternehmen beeinflussen: "Die Wirkung und die Bewegung, die sie erzeugen, gilt es zu verstehen, zu nutzen und für die Organisation und die Menschen nutzbar zu machen." - Das mittlere Management mitnehmen
Die Geschäftsleitung will Digitalisierung, die Mitarbeiter am Kunden und in der Praxis könnten Ideen liefern - wenn nicht das mittlere Management dazwischen stünde. Für Beraterin Schmidt geht es dabei um das Thema Flexibilität. Die Digitalisierung verlange von Unternehmen eine Überprüfung von Kultur und Führung: "Damit das mittlere Management sich bewegen kann, braucht es ein neues Verständnis von seiner Rolle und davon, wie sich seine Spielräume und Verantwortung verändern." - Claudia Schmidt, Mutaree
Schmidt erklärt: "Sind erst digitale Prinzipien erfolgreich verankert in Führung und Arbeitskultur, wird parallel die Anpassungsfähigkeit steigen. Soll der ROI erreicht werden, muss gewährleistet sein, dass die Menschen die Veränderung verstehen, sie dabei befähigt werden, diese umzusetzen und sich aktiv einbringen können."
3 Kriterien für Service Provider
Unabhängig davon identifiziert Gartner drei Kriterien, anhand derer Kunden ihren Service Provider beurteilen.
Das sind dessen Verantwortungsbewusstsein (konkretisiert in Qualität, Zuverlässigkeit und Sicherheit der Leistungen),
erzielte Kostensenkungen
und die Einfachheit, mit der der Kunde die Angebote des Providers in seinem Unternehmen nutzen kann.
Fazit aus Sicht von Gartner: Service-Providern steht nicht nur technologische Aufrüstung bevor, sondern auch ein Kulturwandel. Wer keine bimodale Roadmap vorweisen kann, wird sich am Markt nicht behaupten.