Die IT fährt mit
IT-Berater in der Autoindustrie
Ein Auto ist heute nicht nur ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, sondern auch ein elektronisches Meisterwerk", sagt Andreas Baier aus tiefster Überzeugung. Baier arbeitet als Geschäftsführer Automotive für Accenture und kennt die Branche bestens. "IT spielt in allen Geschäftsfeldern der Hersteller, Zulieferer und Händler eine entscheidende Rolle."
Neuere Forschungsergebnisse sorgten in den vergangenen Monaten für Furore, manche Branchenkenner sehen das vernetzte Auto in Zukunft als Alleskönner. Es bremst selbständig, bevor der Fahrer die Gefahr erkennt, es liest die Zeitung oder eingehende E-Mails vor und ermahnt den Menschen hinter dem Steuer, eine Pause einzulegen, wenn seine Aufmerksamkeit nachlässt. Baier kennt diese Innovationen und räumt einigen gute Chancen ein: "Wenn sich beispielsweise beim Fahrer Flüchtigkeitsfehler einschleichen, macht ihn ein Warnsystem darauf aufmerksam. Auch ein automatischer Notruf, wenn ein Unfall auf einer abgelegenen Strecke passiert und keine Hilfe zur Stelle ist, kann Leben retten."
Kostensenken bleibt Thema
Allerdings ist Baier skeptisch, wenn das klassische Fortbewegungsmittel mit Funktionen überfrachtet wird: "Sicher kann ich mir E-Mails vorlesen lassen und diese auch beantworten. Doch das limitiert meine Aufmerksamkeit, die ich für den Straßenverkehr benötige."
Zwar forscht die Automobilbranche intensiv an solchen Zukunftsszenarien, doch eine kürzlich veröffentlichte Studie von PAC (Pierre Audoin Consultants) zeigt, dass Hersteller, Zulieferer und Händler in ihrem Arbeitsalltag ganz andere Themen umtreiben. 77 Prozent der Befragten wollen ihre Kosten weiter reduzieren und die Effizienz steigern.
- Auto trifft Internet
Vernetzte Systeme (im Bild Audi connect) haben mittlerweile alle deutschen Premium-Hersteller im Programm. - Audi connect im Detail
Die modernen Telematik-Systeme bieten Streaming-Media-Dienste, Internetzugang und verschiedene Apps an. - Comand online
Mit Internet, Apps und neuem Design wollen Autobauer die Generation des digital Lifestyle ansprechen. - Mobil Surfen
Per eingebautem Browser lässt sich im Auto auch im Internet surfen. - Datenverbindung
Der Zugang zum Internet erfolgt dabei über die Mobilfunknetze. - Comand online
Neben einem Browser warten die Fahrzeugportale mit den verschiedensten Apps auf. - Panoramio auf Rädern
So haben etwa die meisten Systeme Googles Panoramio-Dienst an Bord. - Streetview auf Rädern
Mit Hilfe von Streetview kann sich der Fahrer im Auto die Umgebung seines Reiseziels vorab ansehen. - Suchmaske
Bei der Suche nach lokalen Besonderheiten hilft unterwegs jetzt auch Google Search im Auto. - Head-up-Display
Neben den klassischen LCD-Bildschirmen halten im Auto auch Head-up-Displays Einzug, um die Informationen direkt auf die Scheibe zu projizieren. - Jog Wheel
Die Bedienung der Systeme erfolgt in der Regel mithilfe eines Drehknopfs auf der Mittelkonsole. - Minimalism Analyser
Neue Apps, wie hier im Mini analysieren und bewerten das Fahrverhalten des Lenkers. - Zugriff aus der Ferne
Vernetzt kann das Auto auch aus der Ferne per Smartphone ver- und entriegelt werden.
Dabei setzen sie auf IT-Lösungen und holen sich auch Berater ins Haus. "Wir bieten die ganze Bandbreite an Consulting-Leistung an, von der Marktforschung bis zu Bezahlformen per App", umreißt Baier das Aufgabenspektrum seiner Mitarbeiter. "Doch auch Standardthemen wie IT-Sicherheit oder CRM-Lösungen sind in der Branche sehr gefragt."
Die Automobilindustrie bietet IT-Beratern mit SAP- und Big-Data-Wissen genauso interessante ProjekteProjekte wie Logistikspezialisten, CRM-Experten und sogar Medizininformatikern. "Momentan müssen IT-Experten nicht zwingend Automotive-Erfahrung mitbringen", beruhigt Baier künftige Bewerber. Accenture suche vor allem solche, die sich für Autos und die Branche begeistern können. Alles zu Projekte auf CIO.de
Autohandel verschwindet nicht
Auch die klassischen Vertriebswege in der Automobilbranche verändern sich. Viele Hersteller inszenieren mittlerweile die Übergabe eines Neuwagens an den Kunden. Zuvor experimentieren Interessenten in virtuellen Verkaufsräumen mit den verfügbaren Extras für ihr zukünftiges Auto. "Das Einkaufserlebnis im Netz braucht eine perfekte 3D-Darstellung und eine schnelle Internet-Verbindung", sagt Baier. Hier sind Online-Designer gefragt, die die virtuellen Plattformen ansprechend gestalten. Um den klassischen Autohandel ist dem Accenture-Mann nicht bange: "Es wird graduelle Verschiebungen geben, doch der HandelHandel verliert nicht seine wichtige Rolle." Gerade Käufer, die sich wie selbstverständlich im Netz bewegen, wünschten sich eine stärkere Verknüpfung beider Welten. "Für Händler wird das Internet als zusätzlicher Verkaufsraum immer wichtiger", weiß Baier aus vielen Gesprächen. Spannend findet es der Berater, wenn klassische Online-Händler in den Vertrieb einsteigen: "Das schafft ganz neue Markttransparenz." Top-Firmen der Branche Handel
Innovation ja, aber IT muss laufen
Soziale Netzwerke wie TwitterTwitter und FacebookFacebook eignen sich zwar für die Kundenkommunikation, und viele Akteure in der Automobilbranche nutzen diese Kanäle für das Marketing, doch bisher integrieren nur wenige Hersteller und Händler diese ToolsTools in ihre Firmenstrategie, wie die PAC-Studie zeigt. Auch hier wartet auf die IT-Berater noch viel Arbeit, und Baier sieht Nachholbedarf, gerade weil sich das Auto als emotionales Produkt hervorragend für solche Vertriebskanäle eigne. Auch die mobilen Endgeräte wie Tablet-PCs oder SmartphonesSmartphones seien noch nicht überall in die IT-Landschaft des Autos integriert. Alles zu Facebook auf CIO.de Alles zu Smartphones auf CIO.de Alles zu Tools auf CIO.de Alles zu Twitter auf CIO.de
Noch klingt es wie Zukunftsmusik, dass ein Auto eigenständig bremst oder die Lenkung übernimmt. Doch der Automobil-Experte Baier weiß, dass Anwendungen wie die Versicherungs-Blackbox auf großes Interesse stoßen. Sensoren registrieren genau, ob sich der Fahrer an die Verkehrsregeln hält, vorbildliches Verhalten wird mit einer niedrigeren Versicherungsprämie belohnt. Praktisch ist auch, wenn der Wagen auf dem Weg in die Vertragswerkstatt eine SMS an den Monteur schickt und sich ankündigt. Das spart allen viel Zeit. Doch all diese Erleichterungen funktionieren nur, wenn die IT im Hintergrund reibungslos läuft.