Queen Mary 2
IT um Buglängen voraus
Hunderttausende Schaulustige sind extra früh aufgestanden, um dem Luxusliner Queen Mary 2 zu seinem ersten Deutschland-Besuch einen würdigen Empfang zu bereiten. Der Anblick des größten, höchsten, breitesten und teuersten Kreuzfahrtschiffes der Welt lässt selbst Nichtschwimmer, Landratten und erklärte Kreuzfahrtgegner ehrfurchtsvoll erstarren. Was sich im Frühnebel auf den Hamburger Hafen zubewegt, sprengt schon äußerlich alle Dimensionen. Was der Bewunderer nicht sieht: Um das gesamte Geschehen rund um die 2600 Passagiere und 1200 Besatzungsmitglieder auf dem Ozeangiganten möglichst elegant zu steuern und zu kontrollieren, hat die britisch-amerikanische Reederei Cunard ihre Königin von Achtern bis zum Bug verkabelt und mit IT vollgepackt.
Smart-Card ersetzt Schlüssel und Bargeld
Einen Vorgeschmack bekommt der Gast bereits beim Einchecken an Bord: Statt Kabinentürschlüssel erhält er eine mit seinem Foto versehene ID-Card, mit der ihm fortan alle Annehmlichkeiten an Bord bargeldlos zur Verfügung stehen. Neben der Kredikartenfunktion dient sie ihm auch als Passersatz, sodass er weder Geldbörse noch einen Ausweis mit sich tragen muss.
Die Smart-Card und die dahinter wirkende IT markieren eine neue technische Dimension auf See: Beim Einlesen der Passagier-Daten werden mehrere Systeme aktiviert und darüber informiert, dass der entsprechende Gast an Bord gegangen ist. Daraufhin wird sofort sein Abrechnungskonto aktiviert, sodass dieser seine ID-Card an sämtlichen Kassenstandorten - Bars, Internet-Cafe und SpaClub sowie in allen an Bord befindlichen Läden - als Kreditkarte nutzen kann. Auch Reservierungen für Veranstaltungen an Bord oder von Ausflügen auf dem Festland sind über das System möglich. In seiner Kabine oder Suite verfügt jeder Reisende über einen eigenen E-Mail-Zugang, er kann online einkaufen, Wein ordern oder bei Bedarf einer Mitreisenden Blumen zukommen lassen. Von Zeit zu Zeit kann er sich einen Überblick darüber verschaffen, wie viel er an Bord bereits ausgegeben hat.
"Für unsere Zwecke brauchen wir ein absolut zuverlässiges System", sagt Frank Finch, Technischer Direktor von Cunard in Miami. Man arbeite daher mit drei Redundanzen. Komme es zu einem Ausfall in Computerraum eins, springe sofort das Ersatzsystem in Computerraum zwei ein. Drei Computerräume gebe es an Bord. Finch: "Der Passagier merkt davon nichts." Die Anforderungen an die IT an Bord unterscheiden sich von denen einer normalen Hotelsoftware insbesondere hinsichtlich ihrer Sicherheitsanforderungen. "Seit den Anschlägen des 11. September hat sich viel geändert, es gelten strenge Regeln und Richtlinien", erläutert Richard Beliveau, Applications- und Development-Manager bei Cunard. Auch das müsse die IT leisten.
Das System der Queen Mary 2 integriert als Herzstück eine Property-Management-Applikation der US-Firma Discovery Travel Systems (DTS) mit Lösungen, die sich über sämtliche Bereiche erstrecken: angefangen bei der Verriegelung der Kabinentüren über die Unterhaltungselektronik innerhalb der Kabine bis hin zu einem Kommunikationssystem, zu dem die Passagiere mittels interaktivem Fernsehen Zugang erhalten. Die Lösung basiert auf der Open-Edge-Platform der Progress Software Corporation, die Entwicklungswerkzeuge und Infrastruktur für die Anwendungen liefert.