Finance IT


IT-Architektur

IT-Vision 2025 für Versicherungen



Ingolf Zies leitet als verantwortlicher Partner die IT-Praxisgruppe von Bain & Company im deutschsprachigen Raum und ist Teil des Banken-Teams.
Uwe Schmid ist Expert Associate Partner für die Praxisgruppe Informationstechnologie bei Bain & Company in Frankfurt am Main. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der IT- und Softwarebranche. Seine Kernkompetenzen sind IT-Architektur, ERP, IT-Strategie, Organisation, Governance, Agile Development und Digital sowie damit verbundene große IT-Transformationen.
Customer Journeys bilden die Richtschnur für eine zukunftsfähige IT-Architektur auf Basis von Public-Cloud-Anwendungen und SaaS-Lösungen für alle Standardapplikationen. Microservices ermöglich es 2025, Software bis zu viermal schneller zu entwickeln als heute.
  • Legacy-Systeme, veraltete Technologien und ein Mangel an digitalen Experten schüren längst nicht nur in der Versicherungswirtschaft die Furcht vor einer steigenden technischen Schuld.
  • Um mit dem rasanten digitalen Wandel Schritt zu halten, müssen Unternehmen ihre IT-Architekturen weiterentwickeln.
  • Nur wer die wahren Kundenbedürfnisse genau kennt, dem gelingt es, die Customer Journey und sämtliche Prozesse "Ende-zu-Ende" zu digitalisieren.

Wie versichert man Pkw in Zeiten von Telematik? Wie können das Internet der Dinge und damit vernetzte Geräte helfen, Wasser- oder Brandschäden einzudämmen und zu regulieren? Und welche Rolle spielen in Zukunft digitale Innovationen wie die Telemedizin für die Krankenversicherung? Das sind nur einige Fragen, mit denen sich Retail-Versicherer rund um den Globus derzeit beschäftigen.

Stärker als viele andere Branchen sind sie schon heute der disruptiven Kraft der digitalen Revolution ausgesetzt - und laufen Gefahr, im Wettbewerb abgehängt zu werden (Abbildung 1).

Um mit dem rasanten digitalen Wandel Schritt halten zu können, müssen VersicherungenVersicherungen ihre bestehenden IT-Architekturen weiterentwickeln. Dies ist ein Prozess, der über die Zukunft aller Unternehmen in allen Branchen entscheidet. Top-Firmen der Branche Versicherungen

Digitale Disruption nach Branchen
Digitale Disruption nach Branchen
Foto: Bain & Company

Mit eigenem Know-how Defizite in Kernprozessen ausmerzen

Legacy-Systeme, veraltete Technologien und ein Mangel an digitalen Experten schüren längst nicht nur in der Versicherungswirtschaft die Furcht vor einer steigenden technischen Schuld. Dies hat die Bain-Studie "IT-Architektur im digitalen Zeitalter" aufgedeckt. Danach haben 40 Prozent der Befragten in der Versicherungsbranche erklärt, dass ihre bestehende IT nicht ausreicht, um ein nahtloses Omnikanal-Erlebnis zu gewährleisten. Auch mangelt es an zeitgemäßen Datenanalysen oder einem umfassenden Risikomanagement.

Diese Defizite in den Kernprozessen überwinden die Unternehmen nur durch den massiven Einsatz eigenen Know-hows. Die dafür erforderlichen Ressourcen können Versicherer unter anderem freisetzen, indem sie für nicht-differenzierende Bereiche wie Personal oder Einkauf Standardlösungen, insbesondere Software-as-a-Service-Dienste, verwenden.

Neustart im laufenden Betrieb

Doch die IT ist noch weit stärker gefordert. Denn Erwartungen und Verhalten der Kunden verändern sich angesichts der technologischen Möglichkeiten rasant. Nur mit den besten digitalen Anwendungen können Versicherer heute noch Kunden gewinnen und langfristig binden.

Die Entwicklung und Markteinführung solcher Anwendungen geht meist über die gängige Einjahresplanung hinaus. So nehmen beim Thema Telematiktarife die Kfz-Versicherer ganz unterschiedliche Positionen gegenüber den OEMs ein - von Kooperation und Integration in die Ökosysteme der Automobilhersteller bis hin zum Aufbau eigener Plattformen. Ähnliches gilt für die neuen Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte mit Blick auf Krankenhäuser, Ärzte und andere Leistungserbringer.

IT-Vision für die nächsten fünf bis sieben Jahre

Aus diesem Grund brauchen CIOs in der Versicherungsbranche neben allen kurzfristigen Aufgaben eine IT-Vision für die nächsten fünf bis sieben Jahre. Erst ein Weiterdenken in diesem Zeitraum macht es möglich, die erforderlichen Investitionen und die nötigen Vorlaufzeiten für bestimmte Entscheidungen abzubilden.

Ausgangspunkt sind dabei die drängendsten Bedürfnisse der Kunden. Sie sollten die Prioritäten eines jeden Unternehmens determinieren. Dies verlangt von den Versicherern, konsistente "Customer Journeys" über alle Kommunikations- und Vertriebskanäle hinweg zu schaffen. Nur wer die wahren Kundenbedürfnisse genau kennt, dem gelingt es, diese Kundenreise und sämtliche Prozesse "Ende-zu-Ende" zu digitalisieren.

IT-Architektur auf Basis von Public-Cloud und SaaS

Die Customer Journeys bilden den Rahmen für eine zukunftsfähige IT-Architektur auf Basis von Public-Cloud-Anwendungen sowie für alle Standardapplikationen auf SaaS-Lösungen (Abb. 2). Insbesondere Microservices erlauben die schnelle Einbindung von Innovationen, beispielsweise sprachbasierten Kundeninterfaces.

Enterprise-Architektur im Jahr 2025
Enterprise-Architektur im Jahr 2025
Foto: Bain & Company

Legacy-Systeme finden dank "Wrap & Trap" ihren Platz

Der Unterschied zu bisherigen Ansätzen ist augenfällig: Die Cloud ersetzt eigene Rechenzentren. As-a-Service-Dienste treten an die Stelle aufwendiger Implementierungen zugekaufter Software, und bei proprietären Lösungen verdrängen Microservices die alten Monolithen. Damit endet auch die Ära der Wasserfallmethode, denn die Zukunft ist agil. Selbst bewährte Legacy-Systeme finden in der neuen IT-Architektur mithilfe von "Wrap & Trap", der Abkapselung einzelner Funktionalitäten, ihren Platz - gerade in regulierten Bereichen oder Branchen (siehe Artikel "CIO Trends 2018").

Bis zu viermal schnellere Veränderungen in der IT

Klare Ziele dienen als Richtungsvorgabe. So soll es im Jahr 2025 mithilfe von Microservices möglich sein, die Software bis zu viermal schneller zu entwickeln als heute und sie kontinuierlich auszuliefern. Und da die Mehrzahl der Kundeninteraktionen dann nicht mehr über Tastaturen oder Bildschirme erfolgen wird, muss die IT-Architektur vollumfänglich Omnikanal-fähig sein und dabei auch neue Aspekte wie Spracheingabe oder Internet der Dinge beherrschen.

Mit solch konkreten Zielen im Blick kann die Umsetzung starten. Die Prioritäten sind je nach Ausgangslage eines Versicherers unterschiedlich. Die Richtung bleibt gleich. Schritt für Schritt entsteht eine modulare IT-Architektur, die den Anforderungen des digitalen Zeitalters entspricht.

Mehr Details zu Kundenschnittstellen, Public Cloud und Data Analytics

Wie funktionieren Kundenschnittstellen der nächsten Generation? Welche Rolle übernehmen Public-Cloud-Anbieter? Und wie werden Unternehmen der wachsenden Datenflut Herr? Antworten auf diese und viele andere Fragen geben wir in weiteren Artikeln zur IT-Vision 2025.

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