SAP C/4HANA
Kann SAP Salesforce vom Thron stoßen?
Jens Beier verantwortet die Business Area IoT & Analytics bei Axians, zu der auch der SAP-Geschäftsbereich gehört. Mit seiner fast 20-jährigen SAP-Expertise hat er in den letzten zehn Jahren mehr als 100 SAP-CRM- und SAP-Mobility-Projekte auf Management-Ebene begleitet.
Der CRMCRM-Markt boomt. Laut Einschätzung von Gartner wuchs er 2017 auf 39,5 Milliarden US-Dollar an und hat sich zum weltweit größten Softwaremarkt entwickelt. 2018 wird sich der rasante Aufwärtstrend fortsetzen: Die Analysten prognostizieren eine Wachstumsrate von 16 Prozent. Kein Wunder also, dass SAPSAP auch gerne ein größeres Stück vom Kuchen abhaben möchte. Alles zu CRM auf CIO.de Alles zu SAP auf CIO.de
Mit der neuen Cloud-Suite SAP C/4HANA will der Softwareriese aus Walldorf dem CRM-Platzhirsch Salesforce kräftig einheizen. So hat SAP-CEO Bill McDermott vor Kurzem auf der hauseigenen Konferenz Sapphire Now vollmundig angekündigt: "Wenn wir das Kundenerlebnis in den Mittelpunkt der gesamten Lieferkette stellen, dann haben wir die erste Generation des Kundenerlebnisses hinter uns gelassen und bieten nun das beste Kundenerlebnis im gesamten CRM-Markt." Was steckt hinter diesen großen Versprechungen?
C/4HANA - alte Bekannte unter neuem Label
C/4HANA ist kein wirklich neues Produkt, sondern zunächst nur eine Produktvision. SAP bündelt in der C/4HANA Suite seine bestehenden, Cloud-basierten CRM-Lösungen und jüngsten Akquisitionen unter neuem Namen. Das Programmpaket umfasst die fünf Cloud-Services SAP Marketing Cloud, SAP Commerce Cloud, SAP Sales Cloud, SAP Service Cloud und die SAP Revenue Cloud.
Sie vereinen die bisher unter der Marke Hybris bekannten Cloud-Services mit den neuen Zukäufen Gigya Callidus Cloud, Core-Systems sowie der selbstentwickelten Lösung Cloud for Customer. Außerdem verfügt C/4HANA über eine Backend-Integration mit SAP S/4HANA und spielt mit der neuen SAP HANA Data Management Suite zusammen, die eine einheitliche Sicht und Kontrolle auf verteilte Daten schaffen soll. Kunden müssen nicht das C4/HANA-Komplettpaket beziehen, sondern können modular die Services auswählen, die sie auch wirklich benötigen.
Das alles klingt erst einmal vielversprechend und kann auch einmal eine große Sache werden. Doch mit einem einheitlichen Label hat man noch kein einheitliches Produkt geschaffen. Zwar hat SAP eine nahtlose Integration der einzelnen Services und eine einheitliche Oberfläche angekündigt. In der Praxis aber dürfte es noch ein gutes Stück Arbeit und Zeit bedeuten, bis wirklich eine homogene Nutzererfahrung entsteht - sowohl in architektonischer Hinsicht als auch bezogen auf das UI/UX.
Schließlich handelt es sich bei den Modulen um Produkte unterschiedlicher Hersteller, die zuvor eigenständig waren. Ein so harmonisches Zusammenspiel zu erreichen, ist eine Herausforderung. Mit dieser steht SAP jedoch auch nicht alleine da - auch Salesforce und Microsoft machen in puncto Homogenität oft größere Versprechen, als sie einhalten können. Dies belegen die Produktevolutionen der letzten Jahre und teilweise auch noch der Gegenwart.
Backend-Integration als Killer-Argument
Einen entscheidenden Vorteil bietet in jedem Fall die Backend-Integration mit SAP S/4HANA. Denn eins ist klar: Ein CRM funktioniert nie ohne ERPERP. Kein Kunde möchte einen Vertriebs- oder Service-Auftrag in unterschiedlichen Systemen mit unterschiedlichen Datenmodellen anlegen. Da SAP Marktführer im ERP-Bereich ist, setzen viele Kunden ohnehin SAP S/4HANA als Backend ein, oder noch ERP 6.0. Für sie ist es attraktiv, auch C/4HANA zu nutzen. Denn damit sparen sie erhebliche Integrationskosten und Aufwand. Da C/4HANA von Haus aus in den Standards mit dem Backend zusammenarbeitet, müssen IT-Verantwortliche lediglich ihre individuellen Erweiterungen anpassen. Alles zu ERP auf CIO.de
Die neue CRM-Suite ist dadurch deutlich schneller einsatzfähig als Produkte anderer Hersteller. Ein Pluspunkt, denn die Erfahrung zeigt: Bei IT-Projekten ist die Prozessintegration häufig das Aufwendigste und Teuerste. Dies bedeutet nicht, dass es im Falle von C/4HANA nichts mehr zur Backend-Integration zu tun gibt, aber es ist freilich ein Unterschied, auf welcher Absprungbasis man im Projekt startet.
Außerdem sparen Unternehmen mit C/4HANA Lizenzkosten. Wer zum Beispiel Salesforce mit einem SAP-Backend einsetzt, muss gleich drei Lizenzen kaufen: Die Salesforce-Lizenz (bzw. das Cloud-Abo), eine 3rd Party Middleware-Lizenz und eine SAP-Lizenz für die indirekte Nutzung des Backends. Bei C/4HANA ist dagegen keine 3rd Party Middleware erforderlich und die Backend-Nutzung ist inklusive. Als Trend zeichnet sich ab, dass CRM und ERP zunehmend verschmelzen werden, nur so lassen sich End-to-end-Lösungen abbilden. Da SAP beides aus einer Hand bietet, sind die Walldorfer klar im Vorteil.
Größeres Ökosystem vs. modernere Architektur
An Funktionalität dürften sich die CRM-Angebote von Salesforce und SAP ungefähr die Waage halten. Salesforce verfügt jedoch über das größere Ökosystem. Schon seit Jahren bietet das Unternehmen Partnern die Möglichkeit, Drittanwendungen an seine CRM-Lösungen anzudocken. Dadurch gibt es eine Vielzahl von Add-ons auf dem Markt. Auch SAP bietet für C/4HANA jetzt einen Partnermarktplatz, hinkt aber weit hinterher, schon allein weil das Angebot eben erst gestartet ist.
Auf der anderen Seite bringt das auch einen Vorteil. Denn C/4HANA verfügt dadurch über eine neuere Architektur als die CRM-Lösungen von Salesforce. Dies macht sich unter anderem bemerkbar, wenn es darum geht, große Datenmengen offline zu nutzen. Hier hat Salesforce Probleme, SAP dagegen nicht. Wichtig ist das zum Beispiel für Außendienstmitarbeiter, die auf ihrem iPad bei Kundenterminen die Vertriebs- und Umsatzhistorie parat haben müssen.
SAP muss noch viele Herausforderungen meistern
Grundsätzlich bringt SAP mit C/4HANA gute Voraussetzungen mit, um Salesforce herauszufordern. Vorteile sind vor allem die Backend-Integration und die modernere Architektur. Was gegen SAP spricht, ist deren erste CRM-Lösung, die On-Premises lief und damals keinen guten Ruf genoss. Die Software bot im Vergleich zu Salesforce weniger Funktionalitäten und war teurer. Jetzt muss das Unternehmen seine Kunden überzeugen, dass sich das mit der neuen Cloud-Suite geändert hat.
Was zudem zählt, ist garantierte Kontinuität. Wenn sich IT-Verantwortliche für ein CRM entscheiden, möchten sie Investitionssicherheit für die nächsten zehn bis 15 Jahre. In der Vergangenheit haben die Walldorfer schon zu oft alle zwei bis drei Jahre etwas komplett Neues angekündigt und damit Kunden verunsichert.
Entscheidend wird außerdem sein, ob C/4HANA ein Erweiterungskonzept bietet, das Anwendern genug Abbildung der eigenen Anforderungen bietet. Denn bei aller StandardisierungStandardisierung wollen Unternehmen ein System so anpassen können, dass es ihre individuellen Prozesse unterstützt. Und nicht zuletzt kommt es auf die Performance der Lösung an. Ob all dies gelingt, muss sich in der Praxis zeigen. Alles zu Standardisierung auf CIO.de