Women in Tech

Karriere und Elternzeit müssen sich nicht ausschließen

Luisa Katte ist Geschäftsführerin der Agentur ALIVE Communication.

Zwölf Monate Elternzeit und trotzdem Karriere machen? Das klappt, wie Sabrina Lampe vom Fraunhofer IESE zeigt. Sie verrät ihre Do's and Don'ts.
Sabrina Lampe leitet gemeinsam mit einem Kollegen die Abteilung "Smart City Engineering" beim Fraunhofer IESE.
Sabrina Lampe leitet gemeinsam mit einem Kollegen die Abteilung "Smart City Engineering" beim Fraunhofer IESE.
Foto: Fraunhofer IESE

Wann steht der nächste Besuch beim Kinderarzt an? Wann wird das Bad geputzt? Und welches Geschenk soll beim Kindergeburtstag mitgebracht werden? Das ist nur eine kleine Auswahl an Fragen, die sich mit zunehmendem Alter und Anzahl der Kinder immer weiter potenzieren.

Vielen Müttern dürften diese Gedanken nur allzu bekannt vorkommen - zumindest, wenn es nach den Ergebnissen der aktuellen Vermächtnisstudie geht, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gemeinsam mit der "Zeit" und dem infas Institut für angewandte Sozialforschung Ende Mai 2023 veröffentlicht hat. Demnach befürchtet knapp ein Drittel der befragten Frauen, dass sich eine zwölfmonatige Elternzeit negativ auf die KarriereKarriere auswirken könnte. Alles zu Karriere auf CIO.de

Zusatzbelastung durch Mental Load

Demnach lastet auf Frauen nicht nur ein enormer "Mental Load". Gerade mit Blick auf die Karriereplanung tendieren immer mehr jüngere Frauen dazu, auf eine Mutterschaft verzichten zu wollen - weil sie angesichts der Doppelbelastung die Gefahr sehen, beruflich nicht mehr weiterzukommen. Die Sorge vor einem möglichen Karriereeinbruch nach der Elternzeit verstärkt den Effekt zusätzlich.

Ob dieser Knick im beruflichen Werdegang tatsächlich eintritt, hängt natürlich von vielen Faktoren ab: von der Einstellung des Arbeitgebers, dem privaten Umfeld, der eigenen Vorstellung von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Manche dieser Punkte lassen sich direkt beeinflussen, andere wiederum nur bedingt. Doch gerade weil bei vielen Frauen allein schon die Befürchtung vor negativen Konsequenzen durch die Mutterschaft ausreicht, den Kinderwunsch ad acta zu legen, ist es umso wichtiger, auch über den umgekehrten Fall zu sprechen.

Führung teilen

Ein solches Gegenbeispiel ist Sabrina Lampe. Die 36-Jährige leitet die Abteilung Smart City Engineering am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern - gemeinsam mit ihrem Kollegen Balthasar Weitzel. Beide arbeiten Vollzeit. Das Konzept der geteilten Führungsposition ist an sich natürlich nichts Neues. Dass sich Lampe auf diese Position noch aus der zwölfmonatigen Elternzeit mit ihrer kleinen Tochter heraus beworben hat, kommt jedoch deutlich seltener vor.

Der Sprung in die neue Führungsrolle - und damit ins kalte Wasser - hat sich für die studierte Betriebswirtin mit Nebenfach Informatik mehr als gelohnt: "Für mich war der Übergang 'Raus aus der Elternzeit und rein in die geteilte Führungsposition' ideal. Mein Kollege war bereits mit den laufenden Projekten vertraut und steckte mitten in den operativen Aufgaben. Ich konnte mich wiederum um die organisatorischen Aufgaben kümmern und unvoreingenommen auf die Situation im Team blicken", erklärt Lampe.

Auch abseits der Arbeit haben sie und ihr Mann eine gute Lösung gefunden, um Job und Karriere unter einen Hut zu bringen: "Wir sind beide berufstätig, haben aber das Glück, dass unsere Arbeitszeiten ziemlich gut ineinander greifen." Bei der Betreuung der Tochter unterstütze außerdem eine Tagesmutter und auch die Großeltern wohnten in unmittelbarer Nähe. "Das ist natürlich eine komfortable Situation, wobei ich wirklich sagen muss, dass vor allem mein Arbeitgeber mir sehr viel Flexibilität gewährt, die für dieses Konstrukt auch absolut notwendig ist."

Natürlich lässt sich dieses Job-und-Karriere-Modell nicht beliebig auf andere Frauen übertragen. Was ihr aber geholfen hat, die Karriereleiter nach der Elternzeit hochzuklettern, fasst Lampe als Tipps so zusammen:

Do's

  • Halten Sie auch während der Elternzeit weiterhin die Augen nach interessanten Stellenanzeigen offen. Und: Schließen Sie keine Bewerbung vorschnell aus, weil Sie denken, eine Vereinbarkeit mit der Familie sei damit nicht möglich. Erst durch das Gespräch mit dem potenziellen Arbeitgeber lässt sich herausfinden, inwiefern sich Job und Privatleben kombinieren lassen.

  • Klären Sie frühzeitig in Ihrem privaten Umfeld ab, wie sich die Kindesbetreuung auch mit dem neuem Karriereschritt organisieren ließe. Heißt: Wie viele Stunden können und wollen Sie arbeiten? Welche Aufgaben gibt es darüber hinaus, die gut verteilt werden wollen? Welche Betreuungsmöglichkeiten stehen überhaupt zur Verfügung? Wer hier schon einen klaren Plan im Kopf hat, kann auch die Karriere gezielt pushen.

  • Haben Sie keine Angst vorm Scheitern, sondern begreifen Sie eine neue berufliche Herausforderung als Chance. Nur so können Sie überhaupt erst herausfinden, welchen Stellenwert die Karriere für Sie hat.

Don'ts

  • Vorsicht mit falschen Erwartungen: Natürlich läuft die Vereinbarkeit von Karriere und Familie nicht immer reibungslos. Umso wichtiger ist es, sich ein gewisses Maß an Flexibilität zu bewahren. Denn nur dann können mögliche Krisen auch adäquat bewältigt werden.

  • Gerade bei geteilten Führungspositionen ist die Kommunikation das A und O: mit Tandem-Partner und Team. Es gilt, einen eigenen Führungsstil zu entwickeln und das Team mit beiden Führungspartnern abzuholen. Wer hier nicht (offen) redet, läuft schnell Gefahr, (oft vermeidbare) Konflikte heraufzubeschwören.

  • Kein unnötiger Druck! Nicht für jede Frau müssen Karriere und Familie gleichermaßen Hand in Hand gehen. Wenn Sie mit Ihrer Führungsposition parallel zur Familie unglücklich sind, scheuen Sie nicht davor, das Konzept noch einmal generell auf den Prüfstand zu stellen und nach einer neuen Lösung zu suchen.

Sabrina Lampe

Die studierte Betriebswirtin mit Nebenfach Informatik arbeitet seit 2017 am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern. Nach der Geburt ihrer Tochter hat die heute 36-Jährige eine zwölfmonatige Elternzeit genommen. Während dieser Zeit wurde sie auf eine neue Führungsposition an ihrem Forschungsinstitut aufmerksam - und hat sich darauf beworben. Mit Erfolg: Heute leitet Lampe gemeinsam mit einem Kollegen die Abteilung "Smart City Engineering". (kf)

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