Freispruch für Mike Lynch
Kein Betrug bei Milliarden-Übernahme durch HP
Im Streit über Betrugsvorwürfe bei der Übernahme der Software-Firma Autonomy durch HPHP hat der Autonomy-Mitgründer und ehemalige CEO Mike Lynch US-Geschworene überraschend von seiner Unschuld überzeugen können. Bei der Übernahme hatte HP 2011 knapp über elf Milliarden Dollar für die Software-Firma Autonomy bezahlt. Später schrieb der Computer-Konzern jedoch fast neun Milliarden ab. Alles zu HP auf CIO.de
US-Staatsanwälte warfen Lynch und dem Finanz-Manager Stephen Keith Chamberlain vor, im Vorfeld der Übernahme die Bücher geschönt zu haben. Am Mittwoch sprachen Geschworene in San Francisco beide frei, wie US-Medien aus dem Gerichtssaal berichteten.
Die Entscheidung kam überraschend, da Lynch 2022 in einem Zivilprozess in Großbritannien schuldig gesprochen worden war. Dort fordert HPE als eine der Nachfolgefirmen des früheren Hewlett-Packard-Konzerns, von Lynch vier Milliarden Dollar. Der Autonomy-Kauf gilt als eines der schlimmsten Übernahme-Debakel im Silicon Valley.
Lynch sah sich immer als Sündenbock
Lynch hatte stets alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er argumentiert, dass HP ihn zum Sündenbock für die verpatzte Übernahme machen wolle. US-Ankläger hatten ihm in San Francisco 2018 unter anderem vorgehalten, persönlich mit rund 800 Millionen Dollar von dem Deal profitiert zu haben. Ein früherer Finanzchef von Autonomy war zuvor des Betrugs schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Eingefädelt hatte den Autonomy-Deal der damalige HP-Chef Léo Apotheker. Er dürfte duch das Desaster rund um die Autonomy-Übernahme im Jahr darauf auch seinen Posten verloren haben. Schon zum Zeitpunkt der Übernahme wurde der Kaufpreis von vielen Marktbeobachtern kritisch gesehen. Oracle-Chef Larry Ellision etwa bezeichnete ihn als "absurd hoch".
Auch die Börse strafte die Transaktion ab: Die HP-Aktie verlor im Jahr des Kaufs 47 Prozent an Wert und war damit in dem Jahr eines der Papiere mit der schlechtesten Performance im Dow Jones Index. Eine dagegen gerichtete Sammelklage von US-Aktionären konnte HP 2015 gegen eine vergleichsweise geringe Zahlung von 100 Millionen Dollar abweisen.
8,8 Milliarden Dollar Abschreibungen auf den Autonomy-Deal
Lynch verließ HP im Mai 2012. Im November des gleichen Jahres musste der Konzern insgesamt rund 8,8 Milliarden Dollar auf Autonomy abschreiben. Die HP-Verantwortlichen sprachen von Unstimmigkeiten in den Bilanzen der Briten. Sie warfen Lynch vor, die Zahlen absichtlich schön gerechnet zu haben, um den Preis in die Höhe zu treiben. Lynch wies die Anschuldigungen allerdings zurück und warf HP Missmanagement vor.
Das Verfahren gegen den Briten Lynch in den USA war erst möglich, nachdem er aufgrund des Auslieferungsabkommens zwischen den USA und Großbritannien von US-Marshals in Großbritannien festgenommen und nach Kalifornien ausgeflogen worden war. Dabei hatte sich die damalige Innenministerin Priti Patel geweigert, das Verfahren zu stoppen. In den USA wurde ihm keine Freilassung gegen Kaution gewährt, Lynch wurde vielmehr unter bewaffneten Hausarrest gestellt. Auch diese Behandlung sahen Beobachter als Zeichen dafür, dass er vor Gericht nur wenig Aussichten auf Erfolg habe. (dpa/rs/pma)