Healthcare IT


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Mit sicheren IT-Netzen gelingt Gesundheit 4.0

Martin Klapdor ist als Senior Solutions Architect beim Business-Assurance-Anbieter Netscout in der CTO Organisation für mobile Daten- und Sprachdienste sowie für Virtualisierung verantwortlich.
Die Digitalisierung der Medizin verspricht Patienten eine höhere Lebenserwartung und Ärzten sinkende Betriebskosten. Doch neue Technologien haben Fehler, die wie sonst in keiner anderen Branche direkte Auswirkungen auf den Menschen haben: Kommt es zu Systemausfällen der IT, können sogar Leben auf dem Spiel stehen.
Digitaler OP: Das Unternehmen Brainlab bietet Krankhäusern und Ärzten vollvernetzte Technologie.
Digitaler OP: Das Unternehmen Brainlab bietet Krankhäusern und Ärzten vollvernetzte Technologie.
Foto: Rene Schmöl

Diagnosen mittels Künstlicher Intelligenz, Rippen aus dem 3D-Drucker, elektronische Gesundheitsakte, intelligente Herzschrittmacher und Insulinpumpen: Die DigitalisierungDigitalisierung hat auch die Medizin erreicht. So nutzen deutsche Ärzte immer häufiger elektronische Warnmeldungen oder Hinweise bei Patientengesprächen, etwa zu Kontraindikationen, und greifen zunehmend auf digitale Patientendaten zurück - das zeigt eine Umfrage des Beratungsunternehmens Accenture. Laut Roland Berger soll das Marktvolumen des digitalen Gesundheitsmarktes von knapp 80 im Jahr 2015 auf über 200 Milliarden US-Dollar bis 2020 steigen und damit ein jährliches Wachstum von 21 Prozent verzeichnen. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Digitalisierung ermöglicht bessere Diagnosen und verschlankt Prozesse

Besonders das Internet der Dinge (IoT) mit seiner zunehmenden Vernetzung verspricht ein großes Potenzial für den GesundheitsbereichGesundheitsbereich. Geräte im OP sollen künftig miteinander kommunizieren, um Eingriffe zu erleichtern. Die intelligente Verknüpfung von verschiedenen Gesundheitsdaten durch immer leistungsfähigere IT-Systeme bietet zudem die Möglichkeit, ein dynamisches und ganzheitliches Krankheitsbild jedes einzelnen Menschen zu zeichnen. Patienten profitieren von exakteren Diagnosen und individuelleren Behandlungen - zumindest in der Theorie. Top-Firmen der Branche Gesundheit

In der Praxis jedoch schreitet die Digitalisierung in der Medizin noch zögerlich voran. Vor allem in Deutschland steckt digitalHealthcareHealthcare oder auch Telemedizin noch in den Kinderschuhen. Einer Umfrage des ITK-Branchenverbands Bitkom zufolge greifen hierzulande bisher nur sehr wenige Kliniken auf die telemedizinische Überwachung von Patienten oder die Online-Terminvereinbarung (zehn Prozent) zurück. Ein umfassender elektronischer Datenaustausch scheitert - abgesehen von rechtlichen Regelungen - oftmals schon an der vernetzten Infrastruktur: Nur wenige Kliniken mit Notaufnahmen sind mit anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens vernetzt. Alles zu Healthcare IT auf CIO.de

Doch digital Healthcare bedingt einen digitalen Datenaustausch, also dem Transfer von Patientendaten zwischen Ärzten und anderen Teilnehmern der Gesundheitswirtschaft wie Krankenkassen und ambulanten Einrichtungen. Doch dazu werden in erste Linie effizientere, schnellere und eine sichere IT-Infrastruktur benötigt. Außerdem müssen Netzwerke in der Lage sein, sehr hohe Datenmengen zu verarbeiten.

Zunehmende Vernetzung erfordert eine komplexere IT-Infrastruktur

Um Daten richtig und schnell austauschen zu können, müssen Hard- und Software den Herausforderungen gewachsen sein. Viele Anwendungen erfordern eine verlässliche Datenübertragung und einen Zugriff auf Informationen in Echtzeit. Bring-your-own-Device (BYOD)-Initiativen, Wi-Fi-Erweiterung, sichere E-Mail-Systeme, Unified Communications und VoIP sind in der Telemedizin untrennbar miteinander verbunden.

Auch deshalb bauen Organisationen zunehmend neue Rechenzentren auf, um den gestiegenen technischen Anforderungen durch digital Healthcare an ihre IT bewältigen zu können. Dazu gehört beispielsweise die Anbindung von Cloud-Anwendungen und virtuelle Umgebungen an das Netzwerk. Doch wo das eine Problem gelöst ist, entsteht ein neues, da die Komplexität der IT-Systeme und damit auch deren Fehleranfälligkeit mit Umsetzung der Telemedizin steigt.

Denn Fehler im System haben unmittelbare Auswirkungen auf den Patienten. Falsche Behandlungen könnten die Folge sein, wenn zum Bespiel beim Datenaustausch bestimmte Informationen zu spät eintreffen. So müssen digitale Patientenakten, die sich aus Gesundheitsdaten zusammensetzen, die von mehreren Ärzten erhoben wurden, stets aktuell - und Updates zum Gesundheitsstatus sofort verfügbar sein.

Und gerade Video-OPs oder Roboter-gesteuerte Prozeduren erfordern leistungsfähige Prozesse und Echtzeit-Analysen der Patientendaten. Doch je mehr Traffic durch die Übertragung hoher Datenmengen entsteht und je mehr Anwendungen an ein Netzwerk angebunden sind, desto schwieriger wird es auch, potenzielle Störquellen im Netzwerk zu lokalisieren und zu beheben.

Angriffe auf das Netzwerk sind möglich

Durch die zunehmende Vernetzung wird es außerdem einfacher für Cyberkriminelle, sich im Grundrausches des Netzwerkes zu verstecken und Systeme lahmzulegen. Gerade das Internet der Dinge, über das zunehmend Geräte aus der Medizintechnik vernetzt werden, birgt viele Sicherheitslücken. Besonders im Gesundheitswesen können Cyberattacken und Systemausfälle nachhaltige Auswirkungen haben. Ein Angriff kann dazu führen, dass eine geplante Operation nicht stattfindet. Im schlimmsten Fall stehen sogar Leben auf dem Spiel. Dies zeigt der Fall der gehackten Insulinpumpen und Herzschrittmacher aus dem vergangenen Jahr.

Soll die Healthcare-Branche wegen der Bedrohungen nun auf die Vorteile durch die Digitalisierung verzichten? Keineswegs. Laut BITKOM wird die Patientenversorgung künftig nur noch mit digitaler Unterstützung funktionieren. Außerdem könnten Arztpraxen und Krankenhäuser laut Roland Berger mit der elektronischen Patientenakte in den kommenden fünf Jahren die Kosten für die Gesundheitssysteme weltweit um 80 Milliarden US-Dollar senken, weil sie eine schnellere und effizientere Krankenbehandlung ermöglicht.

Und jeder dritte Mediziner geht davon aus, dass die Digitalisierung die Lebenserwartung der Menschen verlängert. Organisationen im Gesundheitswesen müssen daher einen Weg finden, Fehler und Störungen schnell zu finden und zu beheben, bevor diese zu Systemausfällen führen.

Störungen genau lokalisieren und Netzwerkfluss überwachen

Organisationen benötigen also ein umfassendes Monitoring, das die gesamte Netzwerk- und IT-Infrastruktur analysiert und überwacht. Um Warnsignale für bevorstehende Performance-Probleme frühzeitig zu erkennen - oder proaktiv zu verhindern, ist es notwendig,den Traffic und alle relevanten Schnittstellen der Kommunikation in Echtzeit zu beobachten, und zwar über den gesamten Servicebereitstellungsprozess hinweg. Ein Gesundheitsunternehmen oder Krankenhaus sollte stets wissen, welche Daten gerade durch das Netzwerk fließen.

Ebenso ist es wichtig, die Abhängigkeiten aller Anwendungen vom Netzwerk und untereinander zu kennen. Denn Fehler können eine Kettenreaktion auslösen und sich auf nächste Systemkomponenten auswirken. Wenn gewisse Services aufgrund von Fehlern nicht mehr oder nur noch eingeschränkt verfügbar ist, kann der ganze Ablauf zum Erliegen kommen. Das ist besonders riskant bei Operationen, bei denen Daten in Echtzeit übermittelt und verfügbar sein müssen.

Mit der genauen Überwachung des Netzwerks kann sichergestellt werden, dass alle Prozesse optimal laufen. Die Monitoring-Software zeigt, welche Komponenten miteinander kommunizieren und macht somit Abhängigkeiten transparent. Sie macht auch plötzliche Veränderungen sichtbar - sei es, dass sich das Antwortzeitverhalten eines Systems ändert, das Datenvolumen unerwartet steigt oder fällt oder Server nicht mehr innerhalb des Quality-of-Service-Levels antworten.

Um die Servicequalität der Anwendungen hoch zu halten, sollten auch externe Schnittstellen, etwa bei cloudbasierten Applikationen, überprüft werden. Diese liegen zwar außerhalb der eigenen Zuständigkeit, können aber dennoch die gesamte Performance beeinträchtigen. Deshalb sollten neben einem passiven Monitoring, das Datenflüsse in externen Anwendungen nur überwacht, auch noch aktive Verfügbarkeitstests durchgeführt werden.

Anomalien feststellen und Verantwortlichkeiten klären

Es versteht sich von selbst, dass das medizinische Gerät erst am Patienten angewendet werden sollte, wenn die Servicequalität hoch und störungsfrei ist. Nur eine Ende-zu-Ende-Sicht im Netzwerk sowie in allen internen und externen Systemkomponenten ermöglicht es, Störungen schneller und vor allem genau zu lokalisieren. Denn wird die Ursache für das Problem im Netzwerk zunächst an einer anderen Stelle vermutet, können etwaige Maßnahmen zur Behebung nicht greifen oder den Fehler sogar verschlimmern.

Aus diesem Grund muss darauf geachtet werden, das Monitoring so einzustellen, dass alle für die Servicequalität relevanten Schnittstellen erfasst werden. Über das Monitoring können ebenso Verantwortlichkeiten geklärt werden. Liegt der Fehler etwa im System eines externen Dienstleisters, kann das Krankenhaus möglicherweise Ansprüche geltend machen und eventuellen Haftungsfragen begegnen.

Service Assurance ist A und O für Telemedizin

Das Gesundheitswesen sollte Service Assurance als kritisches und zentrales Zukunftsthema betrachten - denn in keiner Branche hat die Digitalisierung so unmittelbare Auswirkungen auf den Menschen wie hier. Das übergeordnete Ziel muss letztlich eine schnellere und bessere Patientenversorgung sein. Und auch das Potenzial für die am Gesundheitsmarkt Beteiligten ist nicht zu verkennen: So soll der deutsche E-Health-Markt Schätzungen zufolge in diesem Jahr einen Umsatz von fast 400 Millionen Euro generieren.

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