Wacklige Zahlenbasis

Offshore Outsourcing als Wahlkampfthema

31.03.2004
Von Patrick Goltzsch
In der laufenden Debatte zum Outsourcing wird das Thema überbewertet. Unzuverlässige Zahlen erlauben opportunistischen amerikanischen Politikern ihren Wahlkampf mit den Existenzängsten ihrer Klientel zu führen, so Stephen Roach, Chefökonom von Morgan Stanley in einem Kommentar.

Als Grundlage der Debatte für Verlagern von Arbeitsplätzen ins Ausland dienen vielfach Zahlen der Marktforscher von Forrester Research. Forrester geht davon aus, dass bislang 400.000 IT-Arbeitsplätze aus den USA ins Ausland verlagert worden sind. Bis 2015 sollen so 3,3 Millionen Jobs in den USA verloren gehen, schätzen die Marktforscher.

Doch weder die Zahlenbasis, die selbst auf einer Schätzung beruht, noch die Extrapolation bis 2015 sei ohne ihren empirischen Hintergrund nachvollziehbar wendet Roach ein. Zudem betrachte Forrester nur einen kleinen Teil der möglicherweise Betroffenen - die US-Wirtschaft beschäftigt 130 Millionen Mendschen. Wie alle IT-getriebenen Veränderungen, könne die Entwicklung aber noch deutlich schneller ablaufen, als erwartet.

Eine ähnliche Verwirrung hinsichtlich der Zahlen herrscht in der deutschen Diskussion. Der Schätzung von IBM-Chef Walter Raizner, im letzten Jahr seien 70000 in der IT-Branche verloren gegangen, widersprach der Branchenverband Bitkom: Die Zahl bezöge sich auf die letzten drei Jahre und spiegele den konjunkturbedingten Abbau von Arbeitsplätzen wider.

Trotz der wackligen Zahlenbasis machen Politiker OutsourcingOutsourcing zum Thema im Wahlkampfjahr. Da zum ersten Mal gut ausgebildete und vergleichsweise hoch bezahlte Arbeitskräfte ihren Job bedroht sehen, gelingt es den Politikern, mit Unterstützung der MedienMedien, die Existenzängste ihrer Wähler anzusprechen. Und trotz des bislang vergleichsweise geringen Umfangs von Outsourcing, machen die Befürworter des Protektionismus das Phänomen für das amerikanische Rekorddefizit in der Handelsbilanz verantwortlich. Alles zu Outsourcing auf CIO.de Top-Firmen der Branche Medien

Die Verlagerung von Arbeitsplätzen, schätzt Roach, werde möglicherweise weniger durch einen Abbau zustande kommen. Statt dessen könnten amerikanische Unternehmen gut ausgebildete Fachkräfte eher im Ausland einstellen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.

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