Laufzeit-Messung für Deutsche Post
Post-Kritiker nehmen Briefversand unter die Lupe
Mit einer aufwendigen Briefstudie will ein Zusammenschluss von Post-Kritikern die Qualität der Deutschen PostDeutschen Post unter die Lupe nehmen. Eine sogenannte Laufzeit-Messung soll klären, wie schnell und wie zuverlässig Geschäftspost beim Adressaten ankommt - die Untersuchung startet nach einer einmonatigen Anlaufphase am 1. April und geht bis Ende März 2020. 72.000 Test-Sendungen sollen verschickt und die Zeit bis zur Zustellung gemessen werden. So eine repräsentative Untersuchung gab es noch nie - bisher gibt es keine umfassenden Erkenntnisse vor, wie schnell FirmenpostFirmenpost ankommt. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Post AG Top-Firmen der Branche Transport
Der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT) führt die Analyse zusammen mit einem technischen Dienstleister durch. Der Verband wirft der Post schlechte Arbeit vor. "Wir haben eine zunehmende Unzufriedenheit bei unseren Mitgliedsunternehmen", sagte DVPT-Vorstand Klaus Gettwart. Verbandsmitglieder sind unter anderem Versicherungen, Banken und kommunale Unternehmen, die viele Originaldokumente, Urkunden, Eintrittskarten oder Bescheinigungen verschicken. In bisherigen Tests einzelner Firmen habe man teilweise mehrwöchige Wartezeiten auf Sendungen festgestellt, kritisiert der DVPT.
Unternehmen zweifeln die Zustellgeschwindigkeit der Post an
Laut Gesetz müssen 80 Prozent der Briefe am nächsten und 95 Prozent am übernächsten Werktag ausgeliefert sein. Diese Vorgabe gilt zwar nur für Universalpost, also vor allem Privatpost. Firmen-Großkunden gehen aber auf Basis von Gesprächen mit der Post davon aus, dass auch ihre Sendungen schnell ankommen. Ob solche guten Laufzeit-Werte aber Wirklichkeit sind, daran haben die Firmen teilweise starke Zweifel.
Aus Sicht von DVPT-Chef Gettwart hat die Untersuchung möglicherweise auch positive Folgen für den Verbraucher. "Sie dient im Endeffekt auch den Verbrauchern, denn wir wollen das Netz transparenter und die Qualität erhöhen." Das Kalkül: Das Ergebnis der Studie könnte 2020 eine Debatte anfachen, wodurch der Druck auf die Post steigt und der Konzern daraufhin seine Zustellung beschleunigt und verbessert.
Post-Kunden fordern mehr Transparenz in der Zustellung
Frank Eckart, Vorsitzender des DVPT-Arbeitskreises Großversender, monierte gravierende Mängel in der Sendungszustellung. Zu dem Kreis gehören 54 Firmen, darunter die Versicherungen Axa, Ergo und Barmenia sowie die Commerzbank - sie kommen insgesamt auf eine Menge von einer Milliarde Briefe im Jahr. Zum Vergleich: 2017 entfielen auf die Deutsche Post nach eigenen Angaben 18,4 Milliarden Briefsendungen. Es sei ein Unding, dass die Post keine Rechenschaft ablegen müsse über eine Leistung, die von den Firmen bezahlt wird, sagte Eckart. "Wir möchten wissen, ob die Leistung adäquat erbracht wird."
Bezahlt wird die aufwendige Untersuchung von dem Verband, von teilnehmenden Firmen und von der Bundesnetzagentur. Klaus Knab von der Bonner Regulierungsbehörde sagte, die in der Laufzeitmessung erhobenen Daten eröffneten seinem Haus "die Möglichkeit, die Qualität noch präziser zu beurteilen als wir es bisher getan haben".
Beschwerden steigen von Jahr zu Jahr
Knab verwies auf den Unmut über die Post, den Bürger seiner Behörde gegenüber kundtun. 2018 waren es 12.615 Beschwerden über verspätete oder ungenaue Zustellungen von Briefen und Paketen sowie über ungünstige Filial-Öffnungszeiten. Mehr als die Hälfte dieser Wortmeldungen bezog sich auf Briefe. In einem Jahr hatte sich die Gesamt-Beschwerdezahl etwa verdoppelt. Dieses Jahr könnte die Zahl der Beschwerden weiter ansteigen, schaut man auf Zahlen der Monate Januar und Februar: Bis zum 25. Februar waren es allein 2.600 Beschwerden über die Post.
Allerdings ist nicht ganz klar, ob die höheren Beschwerdezahlen mit einer schlechteren Leistung der Post korrespondieren - oder ob es auch daran liegt, dass die Möglichkeit zur Beschwerde bekannter wird und dadurch mehr Bürger ihren Frust ablassen bei der Netzagentur.
Wenig begeistert reagierte die Deutsche Post auf die Laufzeit-Messung. Der Bonner Konzern stellte in Frage, ob die Untersuchung wesentliche neue Erkenntnisse bringen wird. "Wir bezweifeln, dass die Laufzeitmessung des DVPT aussagekräftiger ist als das seit vielen Jahren bewährte Verfahren, das vom TÜV zertifiziert ist", sagte ein Konzernsprecher. Hierbei bezog er sich auf die Untersuchungen zur Privatpost durch eine neutrale Firma. Dabei sei ermittelt worden, dass 93 Prozent der Privatpost bereits am nächsten Werktag beim Empfänger seien, so der Post-Sprecher.
Die Post-Kritiker bezweifeln aber, dass auch die Geschäftspost einen so hohen Prozentwert hat. Im Frühjahr 2020 dürfte die Situation etwas klarer sein, wenn Ergebnisse der Untersuchung bekanntgegeben werden. (dpa/rs)