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Vorbild junge Kunden

Radikale Vision über die Bank von morgen

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Sie gehen nicht zu Madonna, sondern zum Avatar Miku Hatsune. Junge Menschen gehen auch nicht mehr zur Bank, sie wollen ein Konto zum Downloaden. Das sagt Brett King, Mitbegründer der Moven Bank.
Brett King, Mitgründer der US Mobile Bank Moven, glaubt nicht, dass junge Kunden noch in eine Filiale gehen werden.
Brett King, Mitgründer der US Mobile Bank Moven, glaubt nicht, dass junge Kunden noch in eine Filiale gehen werden.
Foto: Brett King, Moven

Sie trällert irgendetwas über ihre Rollergirl-Träume, schüttelt das lange grüne Haar und hüpft graziös über die Bühne. 25.000 Fans jubeln und klatschen, kreischen und tanzen. Der Auftritt von Miku Hatsune scheint sich wenig von dem anderer Popstars zu unterscheiden. Allein die Sängerin ist ein Avatar. Sie ist nur auf einer Videowand zu sehen. Doch die Halle tobt.

Das japanische Medienunternehmen Crypton Future Media hatte die virtuelle Figur von dem Mangaka Kei für ihre künstliche Gesangsstimme entwickeln lassen. Eigentlich sollte das Avatar-Mädchen nur als Werbemittel fungieren, doch dann verselbstständigte sich die Begeisterung der Fans. Mittlerweile hat Miku Hatsune mehrere Alben herausgebracht.

Die virtuelle Popsängerin dient Brett King als Symbol des Lebens junger Menschen heute. Im Rahmen des dreizehnten FI-TS Management-Forums, das die Finanz Informatik Technologie Service (FI-TS) in München ausrichtete, sprach der Mitbegründer der Moven Bank aus den USA über die Anforderungen an das Banking der Zukunft. Der Titel der Veranstaltung lautete "Digitalisierung und ComplianceCompliance - wie können BankenBanken und VersicherungenVersicherungen als Gewinner hervorgehen?" Kings Thema war eindeutig Digitalisierung. Alles zu Compliance auf CIO.de Top-Firmen der Branche Banken Top-Firmen der Branche Versicherungen

Die Moven Bank, heute nur noch Moven, ging 2011 an den Start und hat keine einzige Filiale aufgebaut. Sie fungiert als Mobile Banking-Unternehmen. King wollte in München aufzeigen, wie massiv sich das Bankwesen in den vergangenen wenigen Jahren gewandelt hat - mehr als in all den Jahrhunderten seit Gründung der Banco Medici 1397. Die Ursache dafür ist das Internet.

Von PewDiePie lernen

In Deutschland mag Online-Banking noch diskutiert werden, für King ist das fast Nebensache. Er fokussiert sich auf Mobile. Seine These: Junge Verbraucher interessieren sich vor allem für Video-Inhalte. King stützt das auf die Abrufzahlen von PewDiePie. Das ist der Künstler- oder Markenname des 24-jährigen Schweden Felix Arvid Ulf Kjellberg (pewdiepie.net). Sein Geschäftsmodell: Er filmt sich selbst beim Spielen und Kommentieren von Games, das Ganze nennt sich laut Wikipedia Let‘s Play. Slogan des Vloggers "Sharing gaming moments with my Bros!"

Laut Wikipedia hat PewDiePie 25 Millionen Abonennten und erzielt mehr als 3.900.000.000 Aufrufe. Damit gilt er als derzeit meist abonnierter Youtube-Kanal.

PewDiePies Erfolg basiert nach Ansicht von King darauf, dass die Nutzer ihm vertrauen und einen Freund in ihm sehen. King glaubt, dass Computerspiel-Anbieter mit keiner konventionellen Fernseh-Werbung einen solchen Erfolg erreichen können wie mit einer positiven Bewertung durch PewDiePie. Nach diesem Modell, so King weiter, funktionieren Konsum und Markenbindung heute.

Ein weiteres Beispiel griff King aus seinem Alltagsleben: er habe mehrfach versucht, seine dreizehnjährige Tochter auf dem Smartphone zu erreichen. Sie habe aber nie zurückgerufen. Auf Vaters Frage nach den Grund dafür erklärte der Teenager, sie telefoniere grundsätzlich nicht ("Daaaad, we don’t do that!") Facebooks Wachstumsraten bei Frauen der Generation 55plus erklärt King denn auch eben damit - diese Frauen sehen keine andere Möglichkeit mehr, ihre Kinder oder Enkel zu kontaktieren.

Für Banken heißt das: Mobile muss der Kanal erster Wahl sein. Junge Verbraucher werden sich für die Bank entscheiden, die bei ihren Facebook-Freunden als cool gilt. In München fragte King: "Glauben Sie wirklich, diese jungen Leute werden in eine Bankfiliale gehen und fünf verschiedene Formulare ausfüllen, um ein Girokonto zu eröffnen?"

Junge Menschen haben noch nicht einmal mehr eine Unterschrift

Das Konto der Zukunft funktioniert als Download auf dem Smartphone, davon ist King überzeugt. Glaubt man ihm, verfügt ein Viertel der heutigen Studienanfänger noch nicht einmal über eine Unterschrift. Zwar können sie noch schreiben, haben aber nie eine individuelle Signatur entwickelt - sie erwarten Dokumentenschutz per Voice, Fingerabdruck oder Iris-Scan.

Walter Kirchmann, Geschäftsführer von FI-TS, hörte es mit Staunen. King musste denn auch einräumen, dass Deutschland hier kaum als Vorzeige-Beispiel taugt - er gibt die Smartphone-Marktdurchdringung mit 55 Prozent an, in einigen Regionen Asiens liegt sie bei 90 Prozent. Kirchmann wiederum bezog sich auf den anderen Aspekt der Veranstaltung - Compliance. Dass junge Verbraucher mit ihren Handys verwachsen sind, bestreitet der FI-TS-Chef nicht. Dass aber die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Kontoeröffnung ohne Unterschrift zulässt, sieht er in naher Zukunft kaum.

Beispiel Fidor Bank

Doch Anzeichen für den von King skizzierten Wandel gibt es auch in Deutschland. So erhielt 2009 die Fidor Bank AG aus München ihre Vollbank-Lizenz. "Die ursprüngliche Gründungsidee war, die sich im Netz vermehrt abzeichnenden Web-2.0-Verhaltensweisen in den Bereich der Finanzdienstleistung zu übertragen", erklärt die Bank über sich selbst. Die Direktbank schreibt auf ihrer Site: "Wir sind die Bank, die den Begriff Vertrauen lebt und nicht nur für die Werbung nutzt. 'Banking mit Freunden' ist ein anspruchsvoller Slogan." Klingt ja wie bei PewDiePie.

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