Die wöchentliche CIO-Kolumne
Schnauze halten und sparen
"Wieso, was haben wir denn mit IT zu tun?", fragt der Marketingchef der Mittelstandsfirma den CIO-Redakteur. Der hat angerufen, weil er das OK zu einer Recherche über das größte IT-Projekt in der Unternehmensgeschichte einholen will. Eine gute Frage. Zur Information des Marketiers, der nebenbei die Pressearbeit erledigt: Das oberbayerische Unternehmen erledigt Finanzbuchhaltung, Controlling, Qualitätsmanagement, Materialwirtschaft, Vertriebssteuerung und Personalabrechnung neuerdings mit MySAP. Das Projekt hat dem DV-Chef der Firma zufolge einen Betrag "in zweistelliger Millionenhöhe" gekostet. Das sind Punkte, an denen eine 900-Mitarbeiter-Firma mit IT zu tun hat.
Man kann sich leicht vorstellen, dass die MySAP-Einführung nicht reibungsfrei verlaufen ist. Der IT-Chef behauptet das auch nicht. Er hatte zuerst den Produktivstart kurzfristig vom 31. März auf den 5.Mai verschieben müssen. Jetzt räumt er ein, dass immer noch "hier und da etwas nachjustiert" werden müsse. Insgesamt sei er jedoch zufrieden mit dem Verlauf des Projekts, mit dem er 80 Prozent der alten Software per Big Bang in Rente geschickt hat.
Also, was hat der Nahrungshersteller, um den es hier geht, mit IT zu tun? Wenig, wenn man dem Marketing-Experten folgen will. Sein Interesse ist darauf gerichtet, das Image der Firma zu fördern, egal ob mit Sponsorings, Anzeigen oder Zeitschriftenartikeln. Das Thema ist ihm jedoch nicht egal - oder er hat es nicht verstanden: Über IT möchte er im Zusammenhang mit seinem Unternehmen in der Öffentlichkeit weder etwas hören noch lesen. Er könne sowieso nicht verstehen, verrät er dem CIO-Redakteur, wie man soviel Geld für die Umstellung der betriebswirtschaftlichen Software ausgeben könne.
Sein Kollege aus der IT sieht das anders. Ihm ist klar, dass öffentliche Aufmerksamkeit ihm und den Zielen der IT auch intern nützen kann - zumal im Zusammenhang mit einem Projekt, das als innovativ gelten darf; so viele MySAP-Installationen gibt es ja noch nicht. Und er weiß, dass es auch für ein Unternehmen, das zum Beispiel Babynahrung herstellt, von Nutzen sein kann, in der Fachöffentlichkeit mit einer leistungsfähigen Informationsverarbeitung in Verbindung gebracht zu werden.
Sein Problem: Die Öffentlichkeitsarbeit macht nicht er, sondern sein Kollege vom Marketing. Dessen Problem wiederum kennen wir nicht.