Glasfaser-Diaspora Deutschland
Schnelles Internet bleibt Mangelware
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die DigitalisierungDigitalisierung in aller Munde. Mobiles Arbeiten und Homeoffice haben digitale Lösungen und den Bedarf an schnellem, sicherem Datenaustausch gesamtgesellschaftlich in den Fokus gerückt, Möglichkeiten und Nachholbedarfe aufgezeigt. Die Folge: Der Druck zur Digitalisierung wächst - und mit ihm die Nachfrage nach Glasfaser. Doch inwieweit deckt sich diese mit dem aktuellen Glasfaserangebot? Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Laut der Marktanalyse20 des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) aus dem Herbst 2020, ist im vergangenen Jahr die Zahl der Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude und Wohnungen (FTTB bzw. FTTH) in Deutschland um 1,1 Millionen auf 6,1 Millionen gestiegen. Die Glasfaserquote - bezogen auf alle Haushalte und Unternehmen - liegt damit aktuell bei 13,5 Prozent. Bis 2023 prognostiziert der BREKO, dass die Zahl der Glasfaseranschlüsse um mehr als das Dreifache auf insgesamt 22 Millionen ansteigen wird.
Eine Diskrepanz besteht jedoch weiterhin zwischen den verfügbaren und den tatsächlich gebuchten Glasfaseranschlüssen: 3,6 Millionen Glasfaseranschlüsse haben die Mitglieder des BREKO 2019 bereitgestellt ("Homes Connected"), aber nur 1,5 Millionen wurden auch gebucht und aktiviert ("Homes Activated"). Immerhin liegt der Anteil der gebuchten Anschlüsse - die sogenannte Take-Up-Rate - mit 42 Prozent leicht über dem EU-Durchschnitt von 40,9 Prozent. Doch das volle Potenzial konnte weiterhin nicht ausgeschöpft werden. Woran liegt das?
Deutsche Unternehmen: DSL statt Glasfaser
Laut einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH im Auftrag von 1&1 Versatel vom August 2020 verwendet noch knapp die Hälfte der Unternehmen in Deutschland einen DSL- bzw. VDSL-Anschluss. Neun Prozent arbeiten sogar nur mit einem ISDN-Anschluss. Hohe Verlegungskosten sowie die laufenden Kosten sind für die Hälfte der Befragten ausschlaggebend dafür, noch keinen Glasfaseranschluss zu nutzen. Auch der Nutzen eines Glasfaseranschlusses war für einige Befragte (17 Prozent) bisher noch nicht erkennbar.
Doch die Corona-Krise und die damit einhergehenden Veränderungen in der Wirtschaft bzw. der Arbeitswelt haben nun zu einem Umdenken geführt: Knapp ein Viertel (23 Prozent) der Entscheider hat aufgrund der Krise in den letzten Monaten in den Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Erhöhung der Internet-Bandbreiten investiert. Weitere 23 Prozent planen aktuell eine Erweiterung.
Aus Sicht der Unternehmen ist leistungsstarkes Internet vor allem für flexibleres, transparenteres und schnelleres Arbeiten (52 Prozent) wichtig. Zudem profitieren Kundenzufriedenheit und -bindung (36 Prozent), Wettbewerbsfähigkeit sowie Prozessoptimierungen und Durchlaufzeitreduzierungen (jeweils 30 Prozent) davon. Besonders wichtig ist den Unternehmen laut der YouGov-Umfrage der Schutz ihrer digitalen Daten und Infrastrukturen (49 Prozent). Auch Vernetzungslösungen wie VPN-Zugänge und Cloud-Services werden von knapp der Hälfte (49 Prozent) der Unternehmen vorangetrieben. 45 Prozent investieren in neue oder erweiterte Telefonie-Lösungen, um den Mitarbeitern die Arbeit aus dem Homeoffice zu erleichtern.
Glasfaser in Deutschland: Nachfrage steigt weiter
Tatsache ist jedoch auch: Nur 23 Prozent der befragten Unternehmen verfügen heute schon über einen Glasfaseranschluss. 43 Prozent glauben aber, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Glasfaseranschluss benötigen werden. Diese Einschätzung ist begründet, denn um Prozesse und Unternehmensbereiche zu digitalisieren und die sich bietenden Potenziale auszuschöpfen, reichen die Übertragungsgeschwindigkeiten und die Stabilität von DSL- und Koaxial-Anschlüssen selten aus.
Dafür braucht es Internetanbindungen in Gigabit-Geschwindigkeit, die einzig ein Glasfaseranschluss direkt ins Gebäude mit sehr hoher Zuverlässigkeit bereitstellen kann. Die deutlich weniger störungsanfällige Glasfaser bietet im Gegensatz zu Kupferleitungen nicht nur hohe Übertragungsgeschwindigkeiten, sondern stellt diese auch stabil und hochverfügbar sicher. Darüber hinaus ermöglicht die Technik hohe symmetrische Bandbreiten die keinen Schwankungen unterliegen - ist also im Up- und Download gleich schnell.
Mit einer Glasfaserquote von rund 13 Prozent ist Deutschland von einem flächendeckenden Gigabit-Netz derzeit noch weit entfernt. Nach Zahlen des TÜV Rheinland hatte 2019 in ländlichen Gebieten nur jeder fünfte Haushalt die Möglichkeit, einen Internet-Anschluss von mehr als 100 MBit/s zu buchen. Die Verfügbarkeit von hohen Bandbreiten variiert auch je nach Bundesland - die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen liegen bei Geschwindigkeiten bis 1.000 MBit/s laut Breitbandatlas 2019 des BMVI klar vorne. In Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt die Versorgung der Haushalte mit Geschwindigkeiten von 1.000 MBit/s und schneller zwischen 8,2 Prozent und 22 Prozent.
Die Digitalisierung hat durch die Corona-Pandemie einen Aufschwung erhalten, die den Trend zu immer höheren Bandbreiten weiter beschleunigt. Der Marktanalyse20 des BREKO zufolge werden Privatkunden im Jahr 2025 einen erhöhten Bedarf an Bandbreiten haben: Mindestens 500 MBit/s im Down- und knapp 230 MBit/s im Upload. Die Anforderungen von Unternehmen werden laut dieser Analyse noch weit darüber liegen: In fünf Jahren erwartet der Verband für Geschäftskunden eine durchschnittliche Breitbandnachfrage von 850 MBit/s im Up- und knapp 1.200 MBit/s im Download.
Eine leistungsfähige Infrastruktur mit hohen Bandbreiten kann langfristig also die einzige Lösung sein, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Laut des BREKO Glasfaserkompasses 2018/2019 wurden in Deutschland schon 2018 pro Anschluss und Monat im Durchschnitt 22,5 Gigabyte an Daten übertragen. Branchenexperten sind sich einig, dass sich das im Festnetz abgewickelte Datenvolumen weiterhin ungefähr alle zwei Jahre verdoppeln wird. Tritt diese Steigerung wie erwartet ein, läge das verbrauchte Volumen in fünf Jahren bei durchschnittlich über 200 Gigabyte pro Anschluss und Monat.
Breitband-Ausblick: Akteure müssen gemeinsam handeln
Die Netzinfrastruktur hat den Corona-Stresstest zwar bestanden. Damit wir aber der zukünftigen Bandbreiten-Nachfrage gerecht werden können, müssen alle involvierten Akteure aus Telekommunikations- und Netzanbietern, Stadtwerken, Verbänden und Politik an einem Strang ziehen und den Ausbau gemeinsam vorantreiben. Netzbetreiber müssen bestehende Infrastrukturen kooperativ nutzen.
Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftssicher zu machen, sollten möglichst alle Gewerbekunden und öffentlichen Einrichtungen schnellstmöglich mit flexibel skalierbaren Bandbreiten ans Glasfasernetz angebunden werden - bestenfalls symmetrisch. Nur so kann der Bedarf langfristig abgedeckt werden.