Management-Berater Boyden
"Sei bereit, Dich überflüssig zu machen"
CIO.de: Immerhin propagieren unter anderem Berater mittlerweile, CFOs sollten sich auch mit IT auskennen. Wenn Finanzentscheider sich tatsächlich mit dem Thema befassen, könnte das Verhältnis nicht besser werden?
Kasten: Daran glaube ich nicht. Das sind bisher nur Lippenbekenntnisse. Ich habe gerade erst eine Suche abgeschlossen für einen CFO. Er hat die CIO-Funktion letztlich auf zwei Köpfe verteilt - einen Zuständigen für Infrastruktur, einen für Applikationen. Der suchte Spezialisten für beide Bereiche. Damit meine ich nicht technische Spezialisten - er wollte schon Manager, die auch große Teams führen können. Im Ranking allerdings sind beide klar unter ihm aufgehängt.
"Der CIO wird zum König ohne Reich"
CIO.de: Muss man die Position von CIOs wirklich so sehr in Gefahr sehen? Nehmen wir als Beispiel das Milliarden-Outsourcing von E.On an HP und T-Systems Ende vorigen Jahres. Mit Netzwerken und Rechenzentrums-Betrieb hat der Energieversorger umfangreiche Aufgaben herausgegeben. Gleichzeitig wurde betont, die Gesamtsteuerung bleibe im Haus. Ist das nicht ein Beispiel dafür, dass der CIO weiterhin als strategischer Partner gefragt ist?
Kasten: Der CIO wird dabei doch zu einem König ohne Reich. Er darf noch Service Level Agreements verhandeln mit dem Outsourcer. Im Zweifel wird er später für Dinge verantwortlich gemacht, die er gar nicht zu verantworten hatte. Diese Entwicklung ist zum Teil schon so weit, dass man eine Wellenbewegung sieht. Viele Unternehmen holen ausgelagerte IT-Bereiche wieder zurück, weil sie sehen, dass sie ihre Kernkompetenz herausgegeben haben.
CIO.de: Was bedeutet die Entwicklung für CIO-Karrieren?
Kasten: Sie nimmt ein großes Stück Sicherheit. Man hat häufig den Fall, dass Leute lange bei einem Unternehmen sind, sich hocharbeiten, dann CIO werden - nach 15 Jahren ist jetzt plötzlich Schluss. Der Mythos vom Lifetime Employment geht kaputt.