David gegen Goliath

Start-ups mischen Konsumgütermarkt auf

24.07.2018
Ob bei Matratzen, Rasierklingen oder Fertigsuppen - in immer mehr Bereichen machen kleine innovative Unternehmen den Platzhirschen Konkurrenz. Den Verbrauchern gefällt es.
Gründer setzen mit neuen Ideen etablierte Branchenschwergewichte unter Druck.
Gründer setzen mit neuen Ideen etablierte Branchenschwergewichte unter Druck.
Foto: Kzenon - shutterstock.com

Fertigsuppen von Little Lunch statt von Erasco, Rasierklingen von Mornin' Glory statt von Gillette, Matratzen von Casper statt von Schlaraffia: Immer mehr bekannte Konsumgüterhersteller sehen sich neuerdings den Angriffen von Start-ups ausgesetzt, die ihnen mit neuen Ideen und gekonnten Auftritten in sozialen Medien den Markt streitig machen.

"Sport, Hobby, Brillenmode, Gesundheit, Lebensmittel: Es gibt eigentlich keine Branche, wo der Trend zu mehr Vielfalt im Angebot nicht zu beobachten ist", berichtet der Handelsexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU.

Der Grund ist für den Marketing-Fachmann offensichtlich: "Die Unterschiedlichkeit der Kundenbedürfnisse hat einfach zugenommen." Viele Verbraucher wollen etwas, was nicht jeder andere hat und sind auch bereit, dafür etwas mehr zu bezahlen. Besonders in Produktkategorien, die von einem oder zwei großen Herstellern dominiert würden, gebe es Spielräume für Newcomer, meint Fassnacht.

Gewürzkönig Fuchs unter Druck durch Start-ups

Ein Beispiel ist in Deutschland der Gewürzmarkt. Traditionell werden die Regale dafür in den Supermärkten vom deutschen Gewürzkönig Fuchs aus Dissen am Teutoburger Wald beherrscht, der seine Gewürze nicht nur unter dem eigenen Namen sondern unter anderem auch unter den Marken Ostmann und Ubena verkauft. Sein Marktanteil wird vom Fachblatt "Lebensmittel Zeitung" auf 75 Prozent geschätzt.

Doch immer öfter finden sich in den Lebensmittelläden inzwischen neben den unvermeidlichen Fuchs-Regalen auch Ständer der jungen Konkurrenten Just Spices oder Ankerkraut. Just Spices wurde 2014 von drei Freunden gegründet. Mitgründer Béla Seebach erklärte die Motivation kürzlich so: "Das Angebot im Laden fanden wir total langweilig und innovationslos." Inzwischen umwirbt das Start-up die Kunden nicht nur mit jeder Menge exotischer Gewürze, sondern auch mit Mischungen vom Rührei-Gewürz bis zum Gemüse-Gewürz für Kinder.

Der Bio-Fertigsuppen-Hersteller Little Lunch, der einer breiten Öffentlichkeit erstmals durch die Fernsehsendung "Die Höhle der Löwen" bekannt wurde, hat es in diesem Jahr im Marken-Ranking der "Lebensmittel Zeitung" unter die 100 deutschen Top-Marken geschafft und ist aus vielen Supermärkten nicht mehr wegzudenken. Andere Neulinge verkaufen ihre Produkte vor allem über das Internet und schaffen es auch so, den etablierten Herstellern Marktanteile abzunehmen. Besonders spürbar ist das bei Matratzen, wo Start-ups wie Casper oder Bett1 den etablierten Herstellern immer mehr zusetzen.

Microbrands

Die Marktanteile der Microbrands.
Die Marktanteile der Microbrands.
Foto: Oliver Wyman

Die Unternehmensberatung Oliver Wyman (OW) schätzt den Marktanteil der "Microbrands" im Konsumgütermarkt inzwischen auf vier bis fünf Prozent und sieht enorme Wachstumschancen. Bis 2025 könnten sich derartige Neulinge bis zu 25 Prozent des Marktes sichern. "Der Trend zu kleinen, innovativen Marken steht in Deutschland gerade erst am Anfang und wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.

In den USA gibt es heute schon viereinhalb Mal so viele derartige Start-ups wie in der Bundesrepublik. Das zeigt, wohin die Reise geht", prognostiziert der OW-Handelsexperte Martin Schulte. Und ein Ende der Entwicklung sei nicht in Sicht. Denn die Digitalisierung vereinfache für Start-ups den Markenaufbau und den Vertrieb erheblich.

"Der Trend geht zur Wegwerfmarke. Wir werden überschwemmt werden von neuen Marken, die aus dem Nichts kommen, toll aussehen und uns dazu bringen, sie auszuprobieren", ist der Branchenkenner überzeugt.

Ganz ohne Risiko ist das für die Verbraucher aber nicht. "Viele der Unternehmen verschwinden schnell wieder vom Markt. Dann hat man keine Gewährleistung oder Reparaturversprechen", warnt Schulte und fügt noch hinzu: "Gerade bei den Beauty-Start-ups gab es Fälle, bei denen Konsumenten gesundheitliche Probleme und Hautirritationen bekommen haben - das würde bei einer etablierten Marke nie passieren." (dpa/rs)

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