Warenwirtschaftssystem
Umsatzdaten in Echtzeit bei LLOYD Shoes
"Die Organisation lebt das neue System", sagt Björn Wöstmann, Head of IT bei LLOYD. "Die Anwender werden anspruchsvoller, das ist auch eindeutig gewünscht." Das ist das Zwischenfazit einer Geschichte, die vor fünf, anders gerechnet vor neun Jahren begann. Im Jahr 2007 eröffnete LLOYD in Budapest das erste unternehmenseigene Einzelhandelsgeschäft als Ergänzung zum Vertrieb über den Fachhandel. Die "LLOYD Concept Stores", von denen es heute international mehr als 30 gibt, entwickelten sich so gut, dass 2011 entschieden wurde, sie mit einem neuen Warenwirtschaftssystem (WWS) auszustatten.
Aber dabei blieb es nicht. LLOYD Shoes produziert arbeitstäglich etwa 7400 Paar Schuhe, davon ungefähr 2000 in Sulingen (Niedersachsen), die anderen in Indien und Rumänien. Die Exporte gehen in mehr als 60 Länder. Diesen Dimensionen entsprach schließlich der Auftrag, den Wöstmanns Projekt "Retail: IT & Prozesse 2.0" nach vielen Diskussionen und Meetings bekam: Die gesamte Business-IT des Geschäftsbereichs Retail sollte optimiert werden. Über die Schnittstellen in Administration, Einkauf und Logistik wirkte das in die Geschäftsprozesse des gesamten Unternehmens, also auch des Großhandelsbereichs, hinein.
Zentrales Mittel dazu war die Integration des neuen WWS "Höltl Retail for Enterprises" (Höltl RFE) mit dem weiterhin verwendeten ERP-System "Shoefactory". In sechs eng verknüpften Teilprojekten wurde die Integration auf eine neue Grundlage gestellt:
Artikelstamm und -pflege: Die Einzelhandelsläden hatten im alten, proprietären WWS die LLOYD-Waren mit anderen Artikelnummern geführt als der Großhandel im ERP-System. Im Zuge von "Retail: IT & Prozesse 2.0" wurden die Artikelnummern im ERP-System vereinheitlicht. Sämtliche Artikel- und Bestandsdaten lassen sich nun wesentlich schneller bereitstellen.
Läger und Bestände: Im ERP-System zusammengelegt wurden auch die Logistik und Lagerhaltung von Retail und Großhandel. Auf drei von vorher zwölf Retail-Zentrallägern konnte verzichtet werden.
Intercompany-Faktura: Die LLOYD Shoes GmbH produziert Schuhe und verkauft diese an die LLOYD Shoes Retail GmbH und acht Landesgesellschaften, die die Einzelhandelsgeschäfte betreiben. Die Faktura-Prozesse wurden im ERP zusammengelegt, so dass für interne Warenbewegungen keine Rechnungen mehr ausgestellt werden müssen.
Rücksendungen: Reklamationen und Retouren werden nun einheitlich im ERP-System bearbeitet. Früher nötige manuelle Schritte sind entfallen.
EDI mit Lieferanten: Für die Belieferung der LLOYD Concept Stores erhielt die ERP-Software eine lieferantenseitige EDI-Komponente. Für den Datenaustausch mit den Lieferanten wurde "eBiss" von Pranke Consulting als EDI-Konverter in Betrieb genommen.
Infrastruktur: Das alte, proprietäre WWS war als Single-Server-System implementiert. Durch das Wachstum des Retail-Bereichs und die zunehmende Zahl von Filialen drohten Performance-Engpässe. Um die Verfügbarkeit des neuen WWS zu sichern und seine Skalierbarkeit zu gewährleisten, wurde die neue Lösung auf mehreren hochverfügbaren Servern verteilt.
Alle Umsatzdaten auf dem iPad
Beim CIO- und COMPUTERWOCHE-Wettbewerb "CIO des Jahres 2015" kam Wöstmann mit "Retail: IT & Prozesse 2.0" unter die Top Ten in der Kategorie Mittelstand. Das Anstrengendste an dem Projekt war die technische Komplexität, die wie immer auch eine menschliche war: Wöstmann erinnert sich an einen "immensen Kommunikations- und Abstimmungsbedarf mit nahezu allen Fachbereichen". Wichtig war eine laufende interne Kommunikation, in der das IT-Team immer wieder den Nutzen des Vorhabens betonte und mit realistischen Test- und Migrationsplänen warb.
Die vereinheitlichten Artikelnummern erleichtern es erheblich, ein umfassendes BI-System aus Konzernsicht zu betreiben. Auch der einzelne Filialleiter kann Verkaufs- und Umsatzdaten nun in Echtzeit abrufen. Für die Regionalleiter, die jeweils mehrere Filialen betreuen, sind alle Daten auch auf dem iPad verfügbar. Unter anderem damit verdeutlicht Wöstmann, dass die LLOYD-IT sich von der klassischen IT-Abteilung zum internen Dienstleister entwickelt hat. Werden soll sie zum Business-Partner mit Geschäftsprozess-Kompetenz.
Ein Beispiel: Warenumlagerungen - etwa aus Wettergründen vom Brenner zum Timmendorfer Strand - gehen nun einfacher vonstatten. Die neuen Etiketten werden, nachdem der Lieferschein eingescannt worden ist, automatisch ausgegeben. Wöstmann ist stolz darauf, dass dazu nur "ein kurzes Telefonat" zwischen einem Filial- und einem IT-Mitarbeiter nötig war: "Wir sind jetzt deutlich näher an den Fachabteilungen."
Projektsteckbrief
Name des Projekts: Retail: IT & Prozesse 2.0.
Projektart: Integration von ERP und neuem WWS, Weiterentwicklung der Business-IT für den Geschäftsbereich Retail.
Branche: Schuhe (Herstellung und Handel).
Zeitrahmen: 01/2013-06/2015.
Stand heute: Läuft produktiv.
Umfang: Etwa 1420 Mitarbeiter, 9 Zentralläger, 3700 Verkaufspunkte.
Aufwand: 16 interne, 5 externe Mitarbeiter im Projektteam, 78 direkt Beteiligte intern.
Produkte: Höltl Retail for Enterprises (RFE), Pranke eBiss.
Ergebnis: Kürzere Laufzeiten, schlankere Prozesse, leistungsfähigere Infrastruktur.
Herausforderung: Große Komplexität, hoher Kommunikations- und Abstimmungsbedarf.
Nächster Schritt: Weiterentwicklung vom internen Dienstleister zum Business-Partner.
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