Alexander Trautmann
Vom Fernsehen in die Klinik
Trautmann lässt sich von den Klinikdirektoren ("das sind alles gestandene Persönlichkeiten") nicht einschüchtern. Da kommt dem gebürtigen Düsseldorfer die Disziplin zu Hilfe, die er in seiner Jugend im Internat in Münster anerzogen bekam. Der CIO strahlt Zuversicht aus. Wache Augen schauen hinter der silbernen Brille des Rheinländers hervor, der selten ein Blatt vor den Mund nimmt. "Diplomaten sind Verwalter, CIOs müssen Macher sein", betont Trautmann, der weiß, dass er ohne konsequentes Handeln von Beginn an keine Chance zur Veränderung hat.
Bisher schätzen viele Mediziner die IT nicht besonders. Im Ärzteblatt schreiben sie von der Gefahr, die DRGs für den Berufsalltag bedeuteten: Heerscharen von MedizinControllern bräuchten sich nicht mehr um die Patienten zu kümmern, sondern vor allem um einnahmesichernde Aufgaben. Trautmann nennt es eine "kleine Industrialisierung", die den Krankenhäusern bevorstehe und die die Ärzte dazu bringen werde, nicht nur Arbeiten im "medizinisch-ästhetischen" Bereich zu übernehmen, sondern auch die Dokumentation.
Die Schere zwischen der kaufmännischen und der medizinischen Perspektive, so hat Trautmann beobachtet, würde sich immer mehr schließen. "Aufgabenbezogene Arbeit mit klaren Rechten, Pflichten und Kompetenzen" lautet seine Forderung. Einige IT-Projektleiter habe er bereits gefunden, doch Prozessdenker fehlten ihm noch. Der Arzt müsse wie jeder andere Mitarbeiter im Krankenhaus lernen, prozessorientiert zu denken. Nur dann könne ein Krankenhaus wirtschaftlich arbeiten.
IT-Kosten sind völlig intransparent
Trautmanns zentrale Botschaften an sein Team: Erledigt erst einmal die einfachsten Dinge! Und: Macht klar, womit ihr euer Geld verdient! "Eine Uniklinik kennt selten die echten Kosten", hat er festgestellt. Angaben über das derzeitige IT-Budget seien unmöglich. "Deshalb brauchen wir Transparenz statt Systeme. Wir müssen definieren: Was ist ein Projekt? Wie organisiere ich das? Wer ist mein Sponsor?"
Eine moderne IT-Landschaft für die im Zentrum Südost gelegenen Kliniken - mit Patientenakten, durchgängiger Vernetzung und möglichst einheitlichen Systemen, das ist Trautmanns Ziel. Wie die Zukunft aussehen kann, zeigt ein neues operatives Klinikcenter, das am 1. Juli eingeweiht werden soll. "Papierarm" soll es sein, mit zentraler Bilddatenbank und der Möglichkeit für Ärzte anderer Kliniken, online auf Daten zuzugreifen. Dass eine Zentralisierung der IT-Entscheidungen nötig ist, zeigt die derzeitige Situation: "Über unser Campusgelände zu gehen ist so, als ob Sie durch die gesamte deutsche Hardware-Landschaft galoppieren", so Trautmann. "NT-, Unix-, Linux- oder Windows-2000-Systeme: Da finden Sie alles." 150 Server-Systeme hat er gezählt; selbst auf einzelnen Stationen der gleichen Klinik sind verschiedenste Systeme im Einsatz. Gern vergleicht er ein Krankenhaus mit einem riesigen Logistikunternehmen, in dessen Mittelpunkt das "Produkt Patient" stehe. "Die Prozesse sind ähnlich wie in Medienunternehmen, der Luftfahrt oder der Autobranche." Deshalb sei ihm der Schritt in die Gesundheitsbranche nicht schwer gefallen.
In zwei Jahren will Trautmann sein Schild an ein neues Gebäude der Universitätsklinik schrauben und mitsamt seinem IT-Stab dort einziehen. Die anstrengenden Umstrukturierungen der Anfangsmonate sollen dann vergessen sein - genau wie der bröckelnde Putz.
Alexander Trautmann (43), CIO Universitätsklinikum Leipzig
Zur Person: Seit September 2002 CIO im Bereich Informationsmanagement der Universitätsklinik Leipzig
Frühere berufliche Stationen: CIO beim Nachrichtensender n-tv: zuständig für die EDV, Produktionsentwicklung und Übertragungstechnik, Leiter Information und Organisation beim Autokonzern Nissan Automotive, Leiter Datenverarbeitung und Information bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, Stellv. Geschäftsführer beim IT-Dienstleister Alldata, Leiter der Anwendungsentwicklung beim Flugreiseveranstalter LTU