Videoüberwachung - aber DSGVO-konform
Vorsicht: eine Fake-Kamera kann rechtswidrig sein
Die Anforderungen an die Videoüberwachung im öffentlichen Raum sind hoch. Das Landgericht Essen in einem Urteil vom 30.01.2019 (Az.: 12 O 62/18) erst kürzlich entschieden, dass auch eine unechte Videokamera den strengen Anforderungen der DSGVODSGVO unterliegt und letztlich rechtswidrig sein kann. Alles zu DSGVO auf CIO.de
Kamera im gemeinsamen Hausflur
Die beteiligten Parteien sind Nachbarn eines Mehrfamilienhauses. Dabei war die Beklagte nicht nur Nachbarin, sondern zugleich auch Eigentümerin und Vermieterin der Wohnungen. Sie stellte im gemeinsamen Hausflur eine Videokamera-Attrappe auf, welche mit einem rot leuchtenden Licht bestückt war, das den Beginn einer Videoaufnahme simulierte.
Die Kamera erweckte so den Anschein von Echtheit. Der Kläger fühlte sich dadurch gestört und sah sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Als Konsequenz folgte eine Klage auf Unterlassung.
Die Beklagte berief sich dagegen darauf, als Wohnungseigentümerin dazu berechtigt zu sein, ihr Eigentum zu schützen. Vor allem sei es in der Vergangenheit zu wiederholten Einbrüchen gekommen.
Gericht verbietet Fake-Kamera
Das LG Essen sprach den benachbarten Mietern Recht zu und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung. Zwar fand gar keine tatsächliche Überwachung durch eine echte Kamera statt. Jedoch erzeuge die Kamera-Attrappe einen entsprechenden Überwachungsdruck für die Mieter, da die Kamera-Attrappe den Verdacht aufkommen lasse, tatsächlich aufzuzeichnen und eine Überwachung dadurch für einen Außenstehenden ernsthaft zu befürchten sei.
Es war bei der verwendeten Kamera-Attrappe von außen nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, ob sie ein bloßer Fake oder eine echte, filmende Überwachungskamera war.
Vor allem gab es für den Kläger keine zumutbare Möglichkeit, regelmäßig zu überprüfen, ob es sich immer noch nur um eine Attrappe handele oder ob die Vermieterin zwischenzeitlich eine echte Videokamera installiert habe. Das Aufstellen der Kamera-Attrappe stellt somit nach Ansicht des LG Essen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht dar.
Zulässigkeit der Videoüberwachung muss geprüft werden
Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf Achtung und freie Entfaltung der Persönlichkeit im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenwürde. Umfasst sind dabei der Schutz der Intims-, Privats- und Sozialsphäre.
Dahinter steckt auch eine hohe datenschutzrechtliche Relevanz im Sinne der DSGVO. Es ist daher bei einer Videoüberwachung generell zu prüfen, ob berechtigte Interessen gewahrt sind und ob die Videoüberwachung überhaupt erforderlich ist. Anschließend ist eine Interessenabwägung durchzuführen.
Ein berechtigtes Interesse liegt beispielsweise vor, wenn es in der Vergangenheit zu Einbrüchen kam. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist zudem zu fragen, ob die Videoüberwachung dazu geeignet ist, die berechtigten Interessen zu wahren, also zum Beispiel Einbrüche zu verhindern oder leichter verfolgbar zu machen, oder ob es eine datenschutzfreundlichere Maßnahme dafür gibt.
Bei der Interessenabwägung ist der Maßstab die subjektiven Erwartung der betroffenen Person im Einzelfall und daneben, was ein objektiver Dritter vernünftigerweise erwarten kann und darf. Entscheidend ist also auch, ob die Videoüberwachung in bestimmten Lebensbereichen typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Ein bloßes Abstellen auf vergleichbare Fälle ohne Einzelfallbetrachtung reicht nicht aus.
Vorliegend stand der Schutz der Privatsphäre der Klägerin dem Recht auf Schutz des Eigentums der Beklagten gegenüber und überwog dieses.